Börse aktuell

Hier erfahren Sie, was an der Börse aktuell geschieht. Unser Börsenexperte Ronald Gehrt beobachtet täglich das aktuelle Börsengeschehen und fasst die neuesten Börsendaten und Börsenberichte wöchentlich für Sie zusammen. Mit Börse aktuell bringen wir die wichtigsten Börsennachrichten auf den Punkt und kommentieren, was momentan an der Börse los ist.

Börse: Aktuelle Nachrichten der Woche

Neues von der Börse: Unsere aktuellen Börsennachrichten informieren Sie jede Woche über die derzeitige Börsenentwicklung. Was beschäftigt die Börse? Was steht diese Woche an? Diktieren Bullen oder Bären die Märkte? Sollten Sie Ihre Investitionen erhöhen oder lieber Gewinne mitnehmen? Wir geben Ihnen die Antworten auf diese Fragen, wagen einen Ausblick auf die kommende Börsenwoche und bewerten anstehende Ereignisse, die Auswirkungen auf den Börsenverlauf haben könnten.


Börse aktuell vom 26.-01.09.2024

Solange es läuft, läuft’s. Das klingt banal, aber…

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EURO STOXX 50
ISIN: EU0009658145
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Zum EURO STOXX 50
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Dass viele Medien stur versuchen, Konjunkturdaten und Statements mit dem Kursverhalten von Indizes wie dem Euro Stoxx 50 zu koppeln, obwohl es den „homo oeconomicus“, der so handeln würde, nicht gibt, ist problematisch. Bewegt werden die Kurse fast immer von anderen Motiven.

Irgendwas kann da ja wohl nicht stimmen. Erst heißt es, die USA rutschen in die Rezession, weil gerade einmal zwei Daten, nämlich die vom Arbeitsmarkt und den Einkaufsmanagern vom Juli, richtig schlecht ausfielen. Aber all die anderen schwachen Daten zuvor, die schienen keinen gestört zu haben. Und dass der europäische Leitindex Euro Stoxx 50 mit in die Tiefe gerissen wird, wirkt zwar einigermaßen nachvollziehbar, aber zwingend war das nicht, immerhin ist die konjunkturelle Situation hier eine andere.

Aber dann ist die Krise auf einmal abgeblasen, die propagierten „Not-Zinssenkungen“ der US-Notenbank nicht mehr vonnöten, weil nur eine einzige Zahl, nämlich der Einzelhandelsumsatz im Juli, besser ausgefallen war? Im Ernst? Und was war mit den schlechter als avisiert ausgefallenen Konjunkturindizes der regionalen US-Notenbanken von New York und Philadelphia, die normalerweise als wichtig erachtet werden? Mit der Industrieproduktion, die nicht nur im Juli schwächer war als erwartet, sondern bei der auch der Juni deutlich nach unten korrigiert wurde? Oder das von der Uni-Michigan ermittelte US-Verbrauchervertrauen, bei dem die Beurteilung der aktuellen Lage unerwartet negativ ausfiel, so schlecht wie seit Anfang 2023 nicht mehr … alles für die Börse aktuell irrelevant?

Börse aktuell: Entwicklung Eizelhandelsumsätze in den USA von 2010 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Eizelhandelsumsätze in den USA von 2010 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Dass das wirklich viele glauben, kann einem keiner erzählen. Vor allem nicht, wenn zugleich an der Terminbörse eine grandiose Chance bestand, die überrumpelten Trader zur am 16. August vollzogenen Abrechnung gleich zweimal auf dem falschen Fuß zu erwischen, zuerst mit einem unerwarteten Kursrutsch und dann mit einer unerwarteten Rallye.

Der US-Notenbankchef hat nichts unerwartet Positives verkündet

Trotzdem hacken viele medial weiter auf diesen gut ausgefallenen Einzelhandelsdaten herum, als wären sie die einzig relevante Konjunkturzahl. Und ignorieren, das noch obendrein, dass ein zu kräftiger Konsum ja eigentlich unerfreulich für die Inflation wäre, die für die US-Notenbank ein Problem wäre. Wobei das Canceln der Rezessionsrisiken und das Beibehalten der Erwartung kräftiger Zinssenkungen bei einer bislang noch klar über der Zielzone liegenden Inflation – vor allem in den USA – ja ohnehin nicht zusammenpassen.

Ha, mag da mancher einwenden, das sieht die US-Notenbank aber anders. Tut sie das? Als US-Notenbankchef Powell am Freitag im Zuge des Notenbanker-Treffens in Jackson Hole sagte, dass es Zeit sei, die Geldpolitik anzupassen, machte er damit deutlich, dass man seitens der US-Notenbanker ein Umfeld sieht, in dem man mit Zinssenkungen beginnen könne.

Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit | Quelle: marketmaker pp4

Er sagte nicht, dass die US-Leitzinsen ab jetzt wie ein Strich und in großen Schritten nach unten gefahren werden. Es werde, richtigerweise und wie immer so kommuniziert, von den zukünftigen Konjunkturdaten abhängen, wie man da konkret vorgeht. Und siehe der vorherige Absatz: Wir haben ein nur mäßiges Rezessionsrisiko und eine noch zu hohe Inflation, so dass man da, solange sich das nicht ändert, höchst langsam und behutsam vorgehen muss.

Am Aktienmarkt aber tut man gerade … wie seit Monaten … so, als würde die Zeit des billigen Geldes, in der immens viel mehr Geld in Konsum und Aktien fließen kann, unmittelbar bevorstehen. Obwohl faktisch nichts für ein solches „Goldilocks-Szenario“ spricht, sondern der Zinssenkungsprozess Jahre dauern kann und vermutlich auf halbem Weg bei einem „neutralen Zins“ endet. Wie kann es sein, dass alle das glauben? Tatsächlich muss man die Frage anders stellen:

Nein, es gibt ihn nicht, diesen „homo oeconomicus“!

Wer glaubt denn, dass alle das glauben? Ist der auf einmal an der Börse aktuell wieder dynamisch aufwärts laufende Euro Stoxx 50 denn der Beleg dafür? Das ist er nicht.

Niemand kann den Marktteilnehmern in die Köpfe schauen, niemand weiß also wirklich sicher, was sie zu ihren Aktionen motiviert. Das weiß man spätestens, seit die Idee der Volkswirte aus früheren Jahrzehnten, dass alle alles wissen können und deswegen auch immer rational entlang dieses Wissens handeln, ein ums andere Mal durch scheinbar unlogische, bisweilen sogar absurde Impulse widerlegt wurde. Den „homo oeconomicus“ gibt es nicht. Sie sind es nicht, ich bin es ebenso wenig. Wenn man sich fragt, was den Euro Stoxx 50 und die anderen großen Indizes an den Aktienmärkten in Europa und den USA wirklich gerade antreibt, tut man daher gut daran, a) einzelne Daten als explizite Auslöser zu vergessen und b) sich mal zu fragen, warum man selbst bei seinen Trades etwas tut oder lässt.

Mir beispielsweise waren diese Einzelhandelsdaten zwar nicht egal, aber ich habe sie ins Gesamtbild aller Daten eingefügt und das wiederum als einen Teil meiner Lagebeurteilung genutzt. Der andere Teil ist, was wirklich gerade passiert: der Trend, die Charttechnik, die markttechnischen Indikatoren, das Sentiment. Und so handeln nicht nur zwei, drei andere. So handeln die meisten.

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 im Trendkanal von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 im Trendkanal von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Denken wir an die vielen das Geschehen entscheidend mitbestimmenden Handelsprogramme, an die rein technisch agierenden Trader, die Entscheider bei den Hedgefonds: Sie agieren alle stur entlang der Trends. Sicher, die vielen wenig erfahrenen Anleger, die das Geld und damit den „Treibstoff“ für all diese Akteure liefern, agieren oft emotional. Aber auch sie sehen sich an, was die Kurse machen und nicht irgendein „müsste eigentlich“ in Sachen Konjunkturdaten, die die meisten ja auch gar nicht interpretieren können und wollen.

Und wenn wir dann noch mit einbeziehen, dass das Gros der „Privaten“ fast immer nur auf steigende Kurse setzt, erklärt sich das, was der Euro Stoxx 50 da treibt, weitaus besser als mit der wackligen Krücke einer einzigen über den Prognosen ausgefallenen Konjunkturzahl aus den USA, mit der man das Rezessionsrisiko wegreden, schnelle, weitreichende Zinssenkungen aber als sicher beibehalten will.

Zumal man sich ja immer fragen darf, wieso die Euro-Indizes so sklavisch hinter den US-Indizes herlaufen müssen, obwohl das, was in den USA passiert, nicht 1:1 auf die Eurozone übertragbar ist. Aber das ist ein anderes Thema, zurück zum Index: Was treibt er denn gerade konkret, der Euro Stoxx 50?

Die Chart- und Markttechnik schufen die Basis für die Aufwärtswende, nicht US-Konjunkturdaten

Wir sehen einen Euro Stoxx 50, der genau da drehte, wo er drehen musste, um einer solchen Rallye den Boden zu bereiten. Am 5. August drehte er im Bereich des Hochs vom Sommer 2023 nach oben und verteidigte dann auf Schlusskursbasis die Unterstützungszone 4.569/4.593 Punkte. Zugleich war der Index markttechnisch überverkauft, der RSI-Indikator hatte erstmals in diesem Jahr die überverkaufte Zone erreicht. Dass da Trader, die Short waren, ihre Gewinne mitnahmen und leer verkaufte Aktien eindeckten, was die Kurse zwangsläufig höher zieht, wundert nicht.

Dann kam die Terminmarkt-Abrechnung näher, eine grandiose Chance, all diejenigen, die zur Absicherung Put-Optionen gekauft hatten, dies- wie jenseits des Atlantiks ins Leere laufen zu lassen. Das war verbunden mit einem „Gap-Close“ nach dem anderen und der Rückeroberung von Chartlinien wie der 200-Tage-Linie. Die technisch agierenden Trader und Handelssysteme waren zwangsläufig Käufer. Aber nur die Handelsprogramme denken nicht. Hedgefonds, technische Trader, diese Klientel weiß ganz genau, dass diese Rallye kein Fundament seitens der Rahmenbedingungen hat. Aber!

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 mit Unterstützungen und Widerständen und dem RSI von 2023 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 mit Unterstützungen und Widerständen und dem RSI von 2023 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das ist ja kein Grund, um einfach mitten in einem dynamischen Impuls auszusteigen und auf die Short-Seite zu wechseln. Man liefe Gefahr, von denen, die weiter kaufen, überrollt zu werden und so doppelt zu verlieren: entgangene Long-Gewinne und Verluste mit den Short-Trades. Also wartet man … worauf?

Es läuft, solange es läuft

Dass die Käufe abebben, dass man erkennt, dass dem Markt die Käufer ausgehen. Darauf, dass Widerstände nicht mehr problemlos überboten oder schnell wieder unterschritten werden. Darauf, dass die Markttechnik und/oder das Sentiment, sprich die Stimmung, verdächtig heiß laufen. Passiert das nicht, geht es einfach weiter, bis die Luft raus ist. Daher ist dieser so banal wirkende Spruch letztlich eine sicher simple, aber doch zutreffende Aussage: Solange es läuft, läuft’s.

Aber wehe, wenn der Schwung raus ist und die Kurse unter bestimmte Levels rutschen, ab denen die Käufer eigentlich zugreifen müssten, aber durch Abwesenheit glänzen. Dann springt dieser große Kreis an jetzt noch bullischen Akteuren ganz schnell vom Zug, eben weil sie wissen, dass der ganz am Ende sowieso gegen eine Felswand fahren würde, weil die Rahmenbedingungen nicht passen.

Derzeit würde ich vermuten, dass die jetzt leicht überbotene Widerstandszone 4.820/4.884 Punkte und die knapp darunter, bei 4.791 Zählern, verlaufende 200-Tage-Linie als Lackmustest für die Bullen dienen könnte, d.h. ein Rücksetzer muss dort aufgefangen werden, sonst könnte man schnell konstatieren: Jetzt läuft’s nicht mehr.

Aber wie gesagt: Ob eine Erwartung realistisch ist, spielt keine Rolle, solange sie gut klingt und genug mitmachen. Und Letzteres ist ja eine Art zeitweiliges Perpetuum Mobile: Eine kräftige Bewegung zieht immer mehr Käufer an und hält sich dadurch vorerst auch ohne Kontakt zur Realität am Leben. Und noch ist das beim Euro Stoxx 50 der Fall, da mögen all diejenigen, die versuchen, die Sache strikt logisch anzugehen, den Kopf schütteln, wie sie wollen: Noch läuft’s!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

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Börse aktuell: DAX, Dow Jones und Co.

Die heutigen Top-News und Börsenmeldungen zum DAX und der Börse USA mit dem Dow Jones, dem Nasdaq und dem S&P 500 als weltweit einflussreiche Indizes bilden einen Schwerpunkt unserer aktuellen Berichterstattung von der Börse. Auch gute Aktien, die momentan sehr stark im Fokus der Anleger stehen und steigende Börsenkurse prophezeien, werden wir Ihnen hier vorstellen. So bekommen Sie einen umfassenden Börsenausblick und können Ihre eigenen Börsenprognosen verifizieren oder falsifizieren.

Börse: Aktuelle Entwicklung und Trends

Die aktuelle Entwicklung und der aktuelle Trend an der Börse werden maßgeblich von Wirtschaftsnachrichten, Konjunkturdaten und Neuigkeiten von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Diese wirken sich nicht nur auf Aktienkurse aus, sondern auch auf andere Assetklassen wie börsengehandelte Fonds, Optionen und Futures. Des Weiteren werden durch Börsennachrichten auch die Anleihemärkte und Rohstoffmärkte in Bewegung versetzt. Daher haben wir auch die Zinsen, den Ölpreis und Goldpreis immer im Blick.

Börse: Aktuelle Tipps zum Marktgeschehen

Neben Börsennews bekommen Sie auch hilfreiche Tipps, um das gegenwärtige Marktgeschehen besser zu interpretieren. Der Börsenmarkt setzt sich aus vielen verschiedenen Märkten zusammen. Jedes Land, jede Branche und jedes Finanzprodukt wird von individuellen Faktoren beeinflusst, sodass es schwierig ist, alle Märkte mit ihren jetzigen Chancen und Risiken zu verfolgen und zu analysieren. Mit Börse aktuell liefert Ihnen unser Börsenprofi die Börseninformationen, die wirklich wichtig sind, und zugleich eine kompakte Börsenvorschau der Woche.

Börse aktuell: Die letzten Nachrichten

Der Selloff war heftig, die dann scheinbar aus dem Nichts heraus entstandene Rallye aber noch mehr. Es scheint, als hätten diejenigen, die ins fallende Messer griffen, alles richtig gemacht. Aber ist das wirklich so? Das kommt darauf an, ob auch die Rahmenbedingungen wieder steigende Kurse unterstützen und welche Rolle die Terminbörse bei der Rallye spielte. Und die könnte groß gewesen sein.

Immer dann, wenn die Volatilität am Aktienmarkt ungewöhnlich hoch ist, dominieren die nach unten und nach oben rasenden Kurse die Wahrnehmung vieler Akteure komplett. Dann sind es die Kurse selbst, die die Schlagzeilen dominieren und nicht die Faktoren, die sie eigentlich bewegen sollten, sprich die Rahmenbedingungen. Das mag ein Grund sein, weshalb momentan kaum jemand die Frage in den Raum stellt, was denn genau in den vergangenen zwei Wochen passiert ist, das dazu geführt haben könnte, dass an der Börse aktuell statt „senkrecht runter“ doch wieder „senkrecht rauf“ angezeigt ist. Würde man sich diese Frage stellen und nach entsprechenden Faktoren suchen, würde man nämlich schnell den Eindruck gewinnen:

Da ist nichts. Sehen wir uns dazu zunächst an, was auf einmal dazu geführt haben soll, dass diese vorher monatelang die Risiken ignorierende Hausse von eben auf gleich zu Ende sein müsste:

Diese Sache mit dem nassen Handtuch

Anfang August kamen zwei Konjunkturdaten, die die vorher vor allem überhitzte Hightech-Aktien betreffende Korrektur in einen Selloff verwandelten: Der US-Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes und die US-Arbeitsmarktdaten für Juli. Richtig ist zwar, dass beides schlecht ausfiel, wie der Chart des Einkaufsmanagerindex unten unterstreicht. Falsch ist aber, dass man damit nicht hätte rechnen können. Andere Konjunkturdaten hatten seit Monaten angedeutet, dass die US-Wirtschaft durch den Druck der hohen Leitzinsen am Ende doch noch in die Knie gehen könnte. Für einen solchen Abverkauf konnte es daher nur zwei Gründe geben:

Börse aktuell: Entwicklung US-Einkaufsmanagerindex von 2014 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung US-Einkaufsmanagerindex von 2014 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Entweder wurden extrem viele Marktteilnehmer wie mit einem nassen Handtuch, dass einem um die Ohren gehauen wird, aus seliger, aber nicht faktisch unterfütterter Ruhe gerissen, weil man die Zeichen, die man hätte sehen können, nicht sehen wollte. Oder große Adressen hatten diesen Abverkauf relativ gezielt auf diesen Moment gelegt und angeschoben, weil sie sich ziemlich sicher sein konnten, dass das vorherige Ignorieren der Faktenlage zu einer panischen Reaktion führen würde, wenn es erst einmal stärker abwärts geht.

Welchen Sinn das haben soll? Dazu kommen wir gleich, wenn es um die Terminbörse geht. Zunächst der Blick auf die dann auf einmal umhergereichten Argumente, wieso das alles völlig überzogen war.

Doch alles im Griff? Starke Behauptung … aber wo sind die Beweise?

Die Inflationsdaten in den USA fielen im Großen und Ganzen genau wie erwartet aus. +0,2 Prozent zum Vormonat in der Gesamt- ebenso wie in der Kernrate, bei der man die volatilen Preise für Nahrungsmittel und Energie herausrechnet. Und 3,2 Prozent in der Jahresrate der Kernrate. Nur bei der Gesamtrate kam man auf 2,9 statt auf die erwarteten 3,0 Prozent. Das wurde als Argument für die Rücknahme des Abverkaufs herumgereicht, aber wenn das ein „Game Changer“ sein soll, müssten sehr viele ein sehr sonniges Gemüt haben, zumal: Wenn die Preise unter Druck geraten, dann könnte man das ja ganz genauso als Signal für eine wegbrechende Konjunktur werten. Was man aber, wollte man die wieder nach oben sausenden Kurse wirklich als Spiegelbild der Meinung der Mehrheit der Anleger sehen, offenbar nicht tat.

Börse aktuell: Entwicklung US-Inflationsrate von 2015 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung US-Inflationsrate von 2015 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Erstaunlich, zumal es mit „bad news“ weiterging, und zwar am Donnerstag. Die US-Industrieproduktion fiel im Juli, die wichtigen Konjunkturindizes der regionalen Notenbanken von New York und Philadelphia (im folgenden Chart Letzterer, der „Philly Fed-Index“) fielen bärisch aus, allein der Einzelhandelsumsatz lag über den Erwartungen. Was aber allein noch kein Argument dafür wäre, dass die Rezession abgeblasen ist, die Notenbank aber dennoch zügig die Zinsen senken werde und damit ruckzuck alles gut wird. Denn mal davon abgesehen, dass man bei Konjunkturdaten nie einen einzelnen Monat als ultima ratio sehen kann:

Börse aktuell: Entwicklung Philly Fed-Index von 2014 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Philly Fed-Index von 2014 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Mehr Konsum, aber weniger Produktion. Kaum Bewegung bei der Inflation und miese Stimmung bei den Verbrauchern, die, um das zu ergänzen, im Zuge des von der Uni Michigan ermittelten Verbrauchervertrauens die aktuelle Lage so schlecht einschätzen wie zuletzt Anfang 2023, das ist kein Gesamtbild, das für Aktien bullisch wäre. Und vor allem keines, das dem, was man als Grund für den vorherigen Selloff sah, widersprechen würde. Die Kurse stiegen trotzdem. Und das rasant.

Alles wird gut? Der Anleihemarkt scheint das anders zu sehen …

Fiel denen, die „den Dip kauften“, wie man neudeutsch sagt, wenn man entgegen den Grundregeln des Investierens in fallende Kurse hinein gegen die Tendenz kauft, gar nicht auf, dass die US-Notenbanker zu dem Geschrei nach „Emergency Cuts“ und zu den drastisch angehobenen Zinssenkungsprognosen der US-Banken kaum Kommentare abgaben?

Fiel ihnen zudem nicht auf, dass der US-Anleihemarkt, der die Zins- und Konjunkturerwartung großer, erfahrener Adressen weit besser abbildet als die Aktien, zwar fallende Renditen sah, durch die man stärker und schneller sinkende Leitzinsen abbildete, danach aber keine Korrektur der Renditen nach oben vollzog? Die man aber hätte sehen müssen, wenn man dort, bei diesem viel mehr von Profis dominierten Markt, davon ausgehen würde, dass es in Sachen Rezession eine irgendwie geartete Entwarnung gibt?

Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-T-Bonds mit 10 Jahren Laufzeit von 2023 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung der Rendite von US-T-Bonds mit 10 Jahren Laufzeit von 2023 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Scheinbar nicht, denn wir wissen es ja: Der Aktienmarkt stieg nicht einfach, er haussierte und hat damit den Großteil der Korrektur bereits aufgeholt. Die Frage ist aber, ob das hält. Denn Vorstehendes deutet ja an, dass das Fundament, ein „alles wieder gut“, nicht existiert. Was jedoch existiert, ist die Rückkehr der Gier.

Was besonders schnell der Fall ist, wenn man vorher sorglos und gierig war, dann einen Schock verpasst bekam, panisch ausstieg, jetzt zu hören bekommt, dass das alles ein Fehlalarm war und dadurch der Eindruck entsteht, dass man seine Positionen entweder teurer zurückkaufen muss oder Gefahr läuft, die Super-Hausse zu verpassen. Aber irgendwer muss diese „Super-Hausse“ ja begonnen haben. Wie könnte das abgelaufen sein? Dazu sollte man sich der „Mechanik der Märkte“ erinnern:

Wer am meisten Geld in den Ring wirft und am entschlossensten agiert, bestimmt, in welche Richtung die Kurse laufen. Das ist nicht nur logisch, das nutzen die mit dem nötigen Kleingeld auch konsequent aus. Und warum auch nicht, denn so funktioniert die Börse ja. Sehen wir uns das an den konkreten Charts von Nasdaq 100 und DAX mal an und überlegen, wie es abgelaufen sein könnte:

Im richtigen Moment angestoßen, wird aus rutschen ein Absturz

Mal angenommen, Sie wären Entscheider bei einer dieser großen Adressen am Markt, hätten das nötige Kapital, um mit gezielten Aktionen den Markt zu bewegen … und die nötige Erfahrung, um ihre Pappenheimer, sprich das Verhalten der Anleger zu kennen: Würden Sie nicht versuchen, ordentlich Gewinn zu machen, wenn sich eine Gelegenheit wie diese ergibt?

Versetzen Sie sich einmal in die Lage eines solchen Entscheiders, der sieht, dass der Aktienmarkt heiß gelaufen ist. Dass zugleich, wie immer in solchen Phasen, das Gros der Anleger immer weniger auf die Risiken achtet, aber dafür immer riskanter agiert. Und der sieht, dass die Anleger ohnehin bereits im ersten Stadium der Nervosität sind, weil heiß gelaufene „KI-Aktien“ gerade scharf korrigieren, was zwar immer mal passieren kann und wird, womit viele aber nicht umgehen können. Und:

Sie wissen dass Ihre Kollegen auf anderen, entscheidenden Stühlen bei Hedgefonds oder Banken im Eigenhandel das genauso erkennen und daraus die gleichen Schlüsse ziehen, so dass Sie darauf setzen können, dass andere „Große“ eine gezielte Aktion noch intensivieren, statt dagegenzuhalten. Was würden Sie wohl tun? Dem Markt mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Milliarden einen Schubs geben? Aber natürlich würden Sie das. Denn Sie haben nicht nur die Mittel, Sie haben auch ein Motiv: Eine Menge Gewinn in kurzer Zeit erzielen.

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das „Anschubsen“ war einfach. Zuerst galt es, den Versuch einer Gegenbewegung nach oben beim Nasdaq 100 genau da abzuschießen, wo es wehtut: Im Bereich der Widerstandslinie um 19.500. Dazu ließen sich auch Long-Positionen abbauen, schließlich wussten diese Entscheider, dass es in den nächsten Tagen kräftig abwärts gehen würde, denn das wollten sie ja selbst auslösen. Um noch ein wenig Schwung hinein zu bringen, boten sich Leerverkäufe in Einzeltiteln an.

Tag 2 brach dann die mittelfristige Aufwärtstrendlinie, Tag 3 auch noch die Unterstützungszone 18.330/18.440 Punkte und, zumindest anfangs, die 200-Tage-Linie. Dazu jetzt ein Blick auf die Nachrichten dieses Tages 3, Montag, der 5.8.: Diese Aussagen über mögliche „Emergency Cuts“ gingen um, zugleich hatte man gleich den Namen „Black Monday“ parat. Was löst das bei unerfahrenen Anlegern aus? Angst.

Und was tun unerfahrene Anleger, wenn sie plötzlich in Angst um ihr Geld versetzt werden? Sie versuchen, das Risiko loszuwerden. Denn das mit dem Zukaufen in fallende Kurse, das tut man, wenn es „normal“ abwärts geht, das hier aber war ein anderes Umfeld. Stop Loss-Orders wurden ausgelöst und intensivierten den Druck, keiner kapierte so recht, wieso das alles ausgerechnet jetzt passiert, aber Rettungsanker waren ja zu bekommen: Put-Optionen! Und da sind wir jetzt bei des Pudels Kern.

Und alles wieder rauf: Nach der „Pflicht“ folgt die „Kür“

Kauft man Put-Optionen mit relativ nahem Laufzeitende auf einen großen Index, kann man damit sein Depot engmaschig gegen fallende Kurse absichern. Der Wert des Depots schrumpft dann zwar, was die darin befindlichen Aktien angeht, aber für eine begrenzte Zeit, nämlich bis zu deren Laufzeitende, wird das durch Gewinne bei diesen der Absicherung dienenden Puts ausgeglichen.

Gerade in den USA ist das ein gängiger Weg, denn auszusteigen traut man sich als unerfahrener Anleger eher nicht, weil man Angst hat, ausgerechnet am Tief zu verkaufen und dann teurer wieder einsteigen zu müssen. Außerdem ist der Gedanke verlockend, dass es wie folgt laufen wird: Man kauft einen Put, sagen wir einfach mal zu 50 US-Dollar pro Option, verkauft ihn zu 200 am Tief und nimmt diesen Gewinn, um in die zum selben Zeitpunkt dann ja billigeren Aktien zuzukaufen. Klingt clever, klappt aber selten, denn:

Erfahrene, große Adressen kennen, wie gesagt, ihre Pappenheimer. Sie, die großen Adressen, sind es oft, die den in Panik geratenden Anlegern diese Puts verkaufen und diese o.g. beispielhaften 50 US-Dollar einnehmen. Und sie sind es, die keineswegs am Ende der Laufzeit tief in die Tasche greifen, 200 US-Dollar auszahlen und damit einen fatalen Verlust machen wollen. Und sie sind diejenigen, die das auch zu verhindern wissen, denn wer Bewegungen anschieben kann, ist nun einmal immer in der Vorderhand, weil schneller als die anderen. Was in diesem Fall so gelaufen sein könnte:

Man deckt in die Panik der anderen die „oben“ leer verkauften Aktien und Short-Positionen in Indizes wie z.B. Futures mit tadellosem Gewinn ein. Man tut das nicht im „Nirgendwo“, sondern versucht dabei wichtige Supportlinien zu verteidigen. So die 200-Tage-Linie beim Nasdaq 100 oder, wie im folgenden Chart zu sehen, die wichtige Supportzone um 17.000 Punkte beim DAX. Damit hat man schon einmal einen schönen Short-Gewinn erzielt, immerhin war man derjenige, der auf viel höherem Niveau durch den selbst ausgeübten Druck das ganze Gerutsche angeschoben hat. Aber das ist nur die „Pflicht“, es bleibt: die Kür!

Börse aktuell: Entwicklung DAX mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das Stoppen des Abverkaufs in einem Moment, in dem viele andere gerade denken, die Welt gehe unter, ist perfekt … zum einen, weil man seine eigenen Short-Positionen mit Gewinn loswird, während andere gerade erst angefangen haben, Short zu gehen. Zum anderen, weil die völlige Überraschung, dass der Markt abrupt auf dem Absatz kehrt macht, die Gier sofort wieder aufleben lässt. Die technisch orientierten Trader realisieren die Verteidigung der wichtigen Supportlinien und kaufen, das treibt den Markt zusätzlich zu der die Kurse höher ziehenden Wirkung des Eindeckens leer verkaufter Aktien nach oben.

Und so läuft eine Kaskade an Käufen ab, indem jetzt die gerade erst gebrochenen, wichtigen Chartmarken eine nach der anderen zurückerobert werden. Da muss man dann als „großer Spieler“ am Terminmarkt gar nicht so viel eigenes Kapital aufwenden, zumal ja dann auch die Medien sofort umschwenken und von einer Übertreibung in Sachen Kurseinbruch schreiben. Ziel:

Aus den an die panischen Akteure verkauften Put-Optionen soll ebenso ein Gewinn entstehen, indem man die Indizes wie DAX oder Nasdaq 100 schnell und bis zur Abrechnung der nächstgelegenen Laufzeit über die Basispreise der meisten, als Absicherung von den nervösen Anlegern gekauften Puts zieht, so dass die dann wertlos verfallen. Und diese Abrechnung war am Freitag. Beispiel:

Eine große Adresse fand im Zuge des Selloffs reißenden Absatz bei Nasdaq 100 Put-Optionen Basispreis 19.000. Man bekam, einfach mal einen Preis genannt, 50 Dollar pro Stück, hätte aber, wenn die Options-Abrechnung am Tief des Index stattgefunden hätte, ein Vielfaches auszahlen müssen. So aber sauste der Index locker zur Abrechnung zurück über 19.000. Auszahlungsbetrag somit: null … und der Verkaufspreis wird zum Reingewinn.

Hinter dem Vorhang wird es doch erst richtig interessant

Lief es so ab? Sicher kann man das nie sagen, denn weder kann man allen Akteuren in die Köpfe schauen noch weiß man, wer genau Optionen gekauft und wer sie verkauft hat. Aber es ist erstens ein Prozedere, das wir über Jahrzehnte immer wieder sehen, nämlich das Erzielen von Gewinnen durch gezieltes Abschieben des Marktes und das Erwischen der wenig erfahrenen Anleger auf dem falschen Fuß. Zweitens würde es erklären, wieso sich diese Rallye derart extrem darstellte, obwohl sich das Rezessionsrisiko in den wenigen Handelstagen gar nicht verändert hat.

Warum man eine solche Erklärung, die den Terminmarkt einbezieht, selten findet? Weil man seit eh und je in den meisten Medien so tut, als spiele die Terminbörse irgendwie keine Rolle, als würde sie nichts anderes sein als ein Wettbüro, das keinen Einfluss darauf hat, ob die Pferde schnell oder langsam laufen. Das basiert zum einen darauf, dass die Sache ziemlich komplex ist und nie immer gleich abläuft. Zum anderen vermutlich auf der Sorge der großen Adressen, die Anleger könnten denken, dass da unsichtbare Hände die Trends bestimmen. Dass das genauso auch der Fall ist und einfach nur die Normalität der Börse beschreibt, ist zwar so. Aber man möchte vielleicht den vielen Privatanlegern, die sich nie wirklich mit dem befasst haben, mit dem sie Geld verdienen wollen, ihre Illusionen nicht nehmen.

Aber ist man, wenn es so wie beschrieben lief und auch fürderhin immer mal wieder ähnlich laufen wird, nicht nur ein Spielball der „Großen“?

Jein. Denn schließlich ist es nur normal, dass man selbst als „kleines Licht“ nicht bestimmen kann, wohin die Kurse laufen. Entscheidend dahingehend, ob man am Ende zu denen gehört, die mittelfristig an der Börse etwas verdienen, ist, dass man versteht, wie der Markt „tickt“, was hinter bestimmten Bewegungen stecken könnte. Dazu muss man sich mit dem Thema befassen, auch das wäre, eigentlich, eine Selbstverständlichkeit.

Dann und nur dann ist man imstande, sich von Emotionen und reißerischen Schlagzeilen zu lösen und damit nicht mehr zu den letzten zu gehören, die am Ende einer Baisse entmutigt verkaufen und erst wieder einsteigen, wenn eine Hausse schon kurz vor dem Kollaps steht. Sicher, das muss nicht jeder mögen … aber für mich ist gerade der Blick hinter die Vorhänge, der Versuch, das „Warum“ von scheinbar unlogischen Bewegungen zu ergründen und von diesen Erkenntnissen zu profitieren, der Grund, warum ich der Börse niemals überdrüssig werde. Ach ja … und was heißt das jetzt für die kommenden Wochen?

Und ab jetzt wieder abwärts … auch wegen der „Gaps“?

Wenn wir festhalten, dass die großen Adressen am Terminmarkt jetzt gleich zweimal trefflich verdient haben … viele jetzt plötzlich glauben, der Weg nach oben sei wieder frei und reichlich zurück- oder zugekauft haben … und darüber hinaus die Rahmenbedingungen genauso kritisch sind wie zuvor, wäre die Schlussfolgerung, dass es jetzt recht bald wieder abwärts gehen müsste, zwar zulässig, aber:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 mit Widerständen und Unterstützungen im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Ob es wirklich so laufen wird, ist immer offen, denn vieles dessen, was wie oben beschrieben abgelaufen sein könnte, wird kurzfristig, aus der Situation heraus, entschieden. Einen „Plan“ für kommende Wochen zu entwickeln, hieße, das Element zu ignorieren, das immer wieder alles auf den Kopf stellt: das Unerwartete.

Ja, jetzt würden auch die rein technisch orientierten Trader, die um diese Sogwirkung der jetzt erledigten Terminbörsen-Abrechnung wissen, nach unten schauen und feststellen: Jetzt müssten z.B. diese im Chart des S&P 500 markierten Aufwärts-Kurslücken (Gaps) geschlossen werden (zu diesem Thema finden Sie einige grundsätzliche Erläuterungen in einem meiner älteren Artikel hier: https://www.lynxbroker.de/boerse/trading/trading-strategien/gap-trading-so-koennen-sie-kursluecken-gewinnbringend-nutzen/). Aber ob es wirklich so kommt? Da hilft nur eines: Augen auf!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Wenn es an den Börsen wie aktuell mal wieder hektisch zugeht, sehe ich mir gerne an, was die US-Investmentbanken zu sagen haben. Ihre Beobachtungen sind da ebenso interessant wie wichtig. Was sie daraus schließen jedoch weniger. Denn die Zukunft wird gerade in chaotischen Phasen nicht davon bestimmt, was sein müsste, sondern von Emotionen und geschickten, großen Tradern. Und wenn man über Letztere nachdenkt, sollte man das Bären-Lager besser nicht vergessen.

Auffällig war, dass die US-Banken sofort mit den wegsackenden Kursen ihre Erwartungen an die US-Notenbank hochschraubten. Citigroup und JP Morgan sehen sogar zwei 50 Punkte-Senkungen in diesem Jahr, nachdem man vor dem schwachen Einkaufsmanagerindex und den mageren US-Arbeitsmarktdaten nur eine einzige von 0,25 Punkten sah. Sogar von einem „Emergency Cut“, einer Senkung außerhalb der regulären Sitzungen, war die Rede. Goldman Sachs indes machte klar: 

Ansichten der US-Investmentbanken zur Lage

Der Marktstresslevel mag erhöht sein, bewegt sich aber nicht auf einem Niveau, das die Fed zum Eingreifen bringen würde, so das Investmenthaus. Und in der Tat wäre das nach diesen ja eigentlich nur mäßig miesen Konjunkturdaten und der bislang noch in einem ganz normalen Rahmen laufenden Korrektur der US-Indizes massiv übertrieben.

Ich würde dazu ja sagen „Ball flachhalten, da kommen schließlich vor den nächsten Sitzungen von Fed und EZB noch die August-Arbeitsmarktdaten“ … aber flache Bälle will derzeit ja niemand spielen.

Und was wissen die US-Investmentbanken zur Gesamtsituation zu berichten? Goldman Sachs meint, dass es immer klarer werde, dass die US-Verbraucher den Gürtel enger schnallen, während für JP Morgan das Rezessionsrisiko von 25 auf 35 Prozent gestiegen ist und CEO Jamie Dimon nicht damit rechnet, dass die Inflation auf zwei Prozent zurückkommt. Gut, das sind Beobachtungen, aber keine Wegweisungen. Denn dass die US-Konjunktur jetzt eben doch den Druck hoher Zinsen spürt, kann jeder Anleger selbst sehen, entweder durch einen Blick vor die Haustür oder auf die Konjunkturdaten.

Und jetzt zum Aktienmarkt. Nach Ansicht eines Goldman Sachs-Marktstrategen ist die Korrektur noch nicht abgeschlossen, da die Bewertungen an der Börse aktuell weiter ungewöhnlich hoch sind (sieh an, hat vorher niemand wissen wollen). Und JP Morgan sieht zwar die Möglichkeit, dass der Abgabedruck weitergeht, stellt aber fest, dass der Verkaufsdruck von großen Adressen abnimmt und Hedgefonds im Saldo am Rallye-Donnerstag auf der Käuferseite standen.

Allerdings schrieb man auch, dass die Privatanleger in die fallenden Kurse massiv gekauft hätten. Was hieße, dass die normalerweise eine echte Korrektur abschließende Kapitulation der weniger erfahrenen Dauer-Bullen noch nicht da ist. Auch die Bank of America beobachtete zum Wochenschluss, dass die Privaten einfach stur weiterkaufen, sprich die abkippenden Kurse als Chance und nicht als Warnsignal wahrnehmen. Das ist kurzfristig ein entscheidender Grund, warum es zum Wochenschluss wieder aufwärts ging. Aber ist dieser Rücksetzer damit wirklich „durch“, der Weg nach unten zugestellt und der nach oben frei?

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4

„Die Bären“ an sich gibt es nicht

Das glauben viele, nicht zuletzt, weil die erdrückende Mehrheit am Aktienmarkt ja immer nur Long ist. Das prägt die Wahrnehmung. Und das eigene Handeln nicht minder, weswegen es mich absolut nicht überrascht, dass die Privatanleger mehrheitlich nicht konsequent auf Basis vernünftig gesetzter Stoppkurse ausgestiegen sind, sondern einfach trotz bärischer Signale in vielen Charts stur weiter gekauft haben. Wie kürzlich ein Kollege so treffend schrieb: Sehr viele kennen es ja auch nicht anders, als dass ein Rücksetzer immer eine Kaufgelegenheit war. Die letzte, größere Baisse geht auf die Jahre 2008/2009 zurück!

Aber auch, wenn das Geld der Privaten im übergeordneten Bild den Trend macht, weil letztlich diejenigen, die dieses Geld zu verwalten haben, seien es Pensionsfonds, Fonds oder ETFs, nicht dauerhaft gegen einen einfach weitergehenden Strom frischen Geldes agieren können: Kurzfristig geht das sehr wohl, insbesondere wenn es um Hedgefonds und andere, große spekulative Trader geht. Und die können nicht nur bärisch agieren, sie tun es auch … wenn sie sich dabei Chancen ausrechnen.

Wobei ich kurz mal abschweifen möchte: Es gibt keine „Bullen“ und „Bären“ in dem Sinne, in dem sie oft medial gezeichnet werden. Wenn es um diese Thematik geht, geht es nicht um Privatanleger, die Aktien kaufen, sondern um erfahrene Trader. Und da ist niemand aus Prinzip immer „Bulle“ oder immer „Bär“. Die Bären an sich gibt es also nicht. Es gibt nur Trader, die bärisch agieren könnten … wenn sie es denn wollen. Und, wollen sie, die Bären?

Das ist ja der springende Punkt: Das weiß man ja nie genau, weil man dazu wissen müsste, was in den Köpfen zahlloser Akteure rund um den Globus vorgeht und ob das, was die sich so überlegen, auch in Taten mündet. Was die Sache knifflig macht, denn wer heute bullisch daherkommt, könnte morgen schon massiv auf den Markt eindreschen. Also kann man nur eines tun: Die Rahmenbedingungen und die Charts genau abklopfen und horchen, ob da irgendetwas klingt, als könnte es für massivere Short-Attacken lukrativ sein.

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Die Rahmenbedingungen wären für einen größeren Abwärtsimpuls perfekt, wenn…

Eine sich abkühlende Konjunktur in den USA trifft jetzt auf eine ohnehin längst um die Nulllinie dahin vegetierende Wirtschaft in der Eurozone. Und auf einen chinesischen Markt, der weiterhin nicht richtig in Fahrt kommt und vor allem durch steigende Exporte zulegt … die indes wiederum Druck auf die Eurozone- und US-Unternehmen ausüben, die das nicht verkaufen, was China im Ausland an den Kunden bringt. Diese Gemengelage beginnt auch auf die Gewinne der großen Unternehmen zu drücken, wie die jüngste Welle an Quartalsergebnissen zeigt, die weit weniger übertroffene Prognosen aufwies wie sonst in den letzten Jahren. Und das, obwohl sich die Analysten bemühen, im Zweifel lieber zu tief zu schätzen. Eine grundsätzlich perfekte Ausgangslage dafür, die Kurse gezielt erneut anzuschubsen. Es sei denn…

…man würde bei den großen Tradern mehrheitlich zu dem Schluss kommen, dass da noch dermaßen viel frisches Geld seitens der Privatanleger in den Markt strömen wird, dass man mit Short-Trades einfach überrannt würde. Aber genau das ist jetzt eben fraglicher als in den vielen Jahren zuvor, eben weil die Leitzinsen hoch sind. Das macht Anleihen als Alternative für viele attraktiv, vor allem für diejenigen, die auch früher lieber Bonds hielten. Und teure Kredite und stark gestiegene Preise können mehr und mehr Menschen nicht mehr so kompensieren für in der Anfangszeit, als man noch genug „Überschuss-Geld“ auf dem Koto hatte. Da kommt Goldman Sachs‘ Hinweis auf den enger geschnallten Gürtel zum Tragen. Und die Leitzinssenkungen?

Die wirken eben erst einmal bremsend, bevor sie stimulieren. Auch, wenn es wirklich so kommt, die „Fed“ den Leitzins noch im laufenden Jahr zweimal um 0,5 Prozent herunternimmt und die EZB zumindest mit 0,25er-Schritten nachzieht:

Damit sind Kredite und Investitionen noch lange nicht wieder billig. Und wer kann, wartet auf deutlich tiefere Zinsen, so dass die unter „Privaten“ so verbreitete Mär, dass erste Zinssenkungen sofort einen Wachstumsschub und damit eine Super-Hausse auslösen, nicht nur deswegen wacklig ist, weil die Kurse für eine Super-Hausse vorher erst einmal hätten fallen müssen. Und die Charts?

Börse aktuell: Entwicklung DAX mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Die Charts: Noch haben die Bären gar nicht richtig angefangen

Die sind noch einmal spannender als die Rahmenbedingungen, denn hier sehen wir: So richtig tragfähig sind die mit ein, zwei Tagen immer auftauchenden Aussagen, die Korrektur sei vorbei, nicht. Sie kann es trotzdem sein, keine Frage, falls man sich bei den großen Adressen entschieden hat, mit den Privatanlegern mitzuziehen und wieder richtig zuzulangen. Aber das ist nicht nur aufgrund des Umstands offen, dass man nicht weiß, was die großen Trader vorhaben. Es ist auch aus rein charttechnischer Sicht nicht zwingend.

Wenn Sie sich die diesen Artikel begleitenden Charts der großen Indizes Dow Jones, Nasdaq 100, DAX und Euro Stoxx 50 ansehen, werden Sie feststellen, dass zwar wichtige Supportlinien gefallen sind, diese aber bislang mit wenigen Ausnahmen noch nicht zurückerobert wurden. Darüber hinaus fällt mir auf, dass diese drei massiv schwachen Tage zum Start in den August mehr aussehen wie eine Kombination aus Verkäufen von Fonds oder ETFs, bei denen Geld abgezogen wurde, so dass sie verkaufen mussten und aus einer Kaskade von ausgelösten Stop Loss-Verkaufsorders. Es wirkt aber nicht wie eine gezielte, umfassende Attacke großer, auf die bärische Seite übergelaufener Trader. Was mich vermuten lässt: Die Bären sind noch gar nicht in größerem Umfang aufgetaucht. Und das könnte noch kommen, wenn … ja wenn was?

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 mit aktuellen Entscheidungszonen im August 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Glaskugel sinnlos: Wie es weitergeht, entscheidet sich aus dem Augenblick heraus

Ob man einen größeren Short-Trade eingeht, entscheidet sich immer an bestimmten, neuralgischen Punkten im Chart in Verbindung mit der Marktstimmung und den Rahmenbedingungen. Genauso, wie potenzielle Käufer ihre Kauforders ruckzuck löschen, wenn sie sehen, dass der Kurs mit dramatischem Schwung an den Punkt rutscht, an dem sie kaufen wollen, weil sie fürchten, dass die da einfach überrannt werden, entscheiden auch die Short-Seller aus der Situation heraus. Was für die kommenden Tage konkret folgende Möglichkeiten offerieren würde:

Entweder, es kommt gleich heute oder morgen zu einer massiven Attacke, noch bevor wichtige Charthürden erreicht sind. Das könnte das Ziel haben, den Bullen deutlich zu machen, dass sie auf verlorenem Posten stehen und weitere Käufe gar nicht erst versuchen sollten.

Oder, zweite Möglichkeit, die Bären warten bis zu den im Chart hervorgehobenen Widerstandszonen. Denn sollte der Kaufdruck dann erlahmen, hätten sie eine sicherere Ausgangsbasis und könnten mit engeren, knapp über diesen neuralgischen Bereichen platzierten Stop Loss arbeiten. Das wäre der Normalfall, so läuft es oft … wenngleich nicht immer!

Oder aber sie tauchen gar nicht auf, d.h. Dow, DAX & Co. sausen einfach ungebremst durch die Widerstände nach oben durch und gehen sofort die alten Hochs an. Was dann denkbar wäre, wenn diejenigen, die bärisch gestimmt sind, erkennen, dass sie zu wenige und zu schwach sind, um die hoffnungsvollen Bullen kleinzukriegen. Zwar bleibt der Faktor der anfangs bremsenden Zinssenkungen und der schwachen Konjunktur, verbunden mit der hohen Bewertung der Aktienmärkte, eine gute Basis für die Bären. Aber dann würden diese mehrheitlich wie gesagt erfahrenen Akteure wohl warten, bis den Bullen Geld, Zuversicht oder beides ausgeht und dann erst angreifen.

Das alles ist also eine Art Eiertanz für beide Seiten. Was man tun will und ob man es dann wirklich tut, ist immer davon abhängig, was die anderen tun … und das weiß man eben erst, wenn es passiert. Hüten Sie sich daher davor, eine feste Meinung dazu zu haben, was in den kommenden Wochen passieren wird … denn wie schon letzte Woche geschrieben, ist es wie immer in hoch volatilen Phasen das Unerwartete, das den Taktstock führt!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Die vergangene Woche hatte so einiges zu bieten, mit dem sogar eher erfahrene Anleger wohl nicht gerechnet hatten. Dabei mögen die in dichter Folge eingetrudelten Quartalszahlen von US-Mega- Caps ein Auslöser gewesen sein, aber beileibe kein vernünftiger Grund für das chaotische Geschehen am Aktienmarkt, vor allem in den USA. Es wirkt, als würden immer mehr nicht wissen, was sie tun. Und ich fürchte: Es wirkt nicht nur so. Und dann kommt noch das Thema Zinsen dazu.

Was ich Ihnen im folgenden Chart zeigen möchte ist für mich der Beleg dafür, dass an der Börse aktuell ein Punkt erreicht wurde, an dem zu viele nicht wissen, was sie da gerade tun, es aber trotzdem tun und damit nicht nur den Bereich ihrer Spielwiese, sondern den gesamten Bereich darum herum in Gefahr bringen, sprich den Aktienmarkt insgesamt.

Dass Hypes wie der derzeitige um das Thema KI die Spekulation hochkochen lassen, wissen alle. Dass die Spekulation sich dann immer weiter hochschaukelt und damit Risiken generiert, mit denen einige spielen, ohne damit umgehen zu können, wissen auch alle. Aber ebenso hoffen alle, dass sich das schon nicht wie früher öfter … vom Tulpencrash des 17. Jahrhunderts bis zum Platzen der Dot.Com-Blase 2000 … in einem großen Knall entlädt, sondern schon irgendwie gutgehen wird. Wenn wir uns aber mal den folgenden Chart der vergangenen Handelswoche auf Stundenbasis ansehen, muss man wohl einräumen, dass da einige gerade dabei sind, mit überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve zu fliegen:

Börse aktuell: Entwicklung AMD Aktie und andere Chipaktien im Vergleich rund um die Veröffentlichung der Quartalsergebnisse von AMD| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung AMD Aktie und andere Chipaktien im Vergleich rund um die Veröffentlichung der Quartalsergebnisse von AMD| Quelle: marketmaker pp4

Am Dienstagabend kam Advanced Micro Devices, kurz AMD, mit seiner Quartalsbilanz. Die war gut, leicht über den Erwartungen. Eine Offenbarung war das indes nicht. Aber man sprach bei AMD davon, mehr in KI zu investieren. Das schien gereicht zu haben, um die Aktie am Folgetag kräftig nach oben zu tragen.  Wobei der Kurs im Vorfeld erheblich korrigiert hatte, das passte also durchaus. Aber was völlig irre war: AMD stand kurz vor dem Handelsende des Mittwochs, an dem die Akteure auf die Bilanz reagierten, keineswegs an der Spitze der Nasdaq 100-Gewinner. Es waren zahllose andere Chipwerte, siehe die Liste der im Chart als Linien mit abgebildeten Titel, die weit stärker stiegen als AMD selbst.

Wir hatten also eine Aktie mit einer guten Bilanz und spannenden Perspektiven in Sachen KI, die aber im Vorfeld nach einem zu rasanten Anstieg zu weit korrigiert hatte, nämlich nahe ans Jahrestief. Die stieg und diente als „Grund“, andere Aktien der Branche noch stärker zu kaufen. Weil? Weil AMD beweist, dass alle anderen genauso gute oder noch viel bessere Umsatz- und Gewinnzuwächse zeitigen müssten? Das müssen sie nicht! Da schlugen erfahrene Investoren schon die Hände über dem Kopf zusammen. Aber wir wissen ja: Normalerweise können absurde Kursbewegungen hartnäckiger sein, als man denkt. Diesmal aber nicht. Und damit kommt des Irrsinns zweiter Akt, den Sie ebenso im vorstehenden Chart sehen, unten noch einmal in einer Darstellung auf Tagesbasis über einen Monat:

Börse aktuell: Entwicklung AMD Aktie und andere Chipaktien im Vergleich von Juli bis August 2024| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung AMD Aktie und andere Chipaktien im Vergleich von Juli bis August 2024| Quelle: marketmaker pp4

Fast alle dieser Chip-Titel, die am Mittwoch die Gewinnerliste anführten, führten am Donnerstag die Verliererliste an … und fielen am Freitag weiter. Die meisten von ihnen notierten zum Wochenschluss tiefer als vor der wilden Kaufwelle des Mittwochs. Das ist, vor allem, wenn man sich überlegt, wie viel Geld da unterwegs war, ein ziemlich deutliches Indiz für einen um sich greifenden Kontrollverlust.

Und wenn man so etwas sieht, sollte man sich sehr klar darüber sein, dass a) vorerst nichts vorhersehbar und b) nichts unmöglich ist. Zumal die Bank of America noch Öl ins Feuer goss, indem sie diese Spekulation um das Thema KI insgesamt infrage stellte und hervorhob, dass extrem gestiegene Investitionen, wie man sie jetzt in diesem Bereich sieht, bislang immer zu einer Underperformance des entsprechenden Sektors führten. Was meiner Ansicht nach zwar eine Aussage ist, über die sich trefflich streiten ließe. Aber für nervöse Zocker war das nicht gerade beruhigend.

Ja, das könnte sich alles schnell wieder beruhigen. Aber ein solches Extrem-Jojo bei Aktien, bei denen sich die Zocker hochkant stapeln, ist eine ganz heiße Kiste! Vor allem, weil man dann in Sachen Chaos gleich mal noch eine zweite Kasse aufmachte.

Wollen große Adressen die US-Notenbank „erpressen“?

Erpressung ist ein böses Wort, aber in der Wirtschaft ja dennoch nicht so selten, auch, wenn man es gemeinhin mehr „gezielte Beeinflussung“ nennt. Denken wir nur an den Druck, den große Unternehmen nicht minder großer Branchen auf die Politik ausüben können und es auch tun. Wenn ihr dies tut oder jenes unterlasst, werte Politiker, heißt es dann, müssen wir schrecklich viele Leute entlassen, das wollt ihr doch nicht zu verantworten haben?

Das gleiche Spiel kann man auch mit Notenbanken treiben. Wobei das aktuell nun wirklich nicht zum ersten Mal passiert. Zinssenkungen mit der Brechstange durch massive Marktbewegungen erzwingen zu wollen, das habe ich in meinen 35 Jahren als Börsianer schon öfter erlebt. Also, was tut sich da?

Sie und ich wissen, dass die US-Wirtschaft seit Anfang dieses Jahres immer mehr Hinweise lieferte, dass die hohen Zinsen nun doch noch Druck ausüben. Viele Konjunkturdaten verschlechterten sich. Einkaufsmanagerindizes, Frühindikatoren, zuletzt auch einige Daten vom Immobilienmarkt: Alles wirkte immer mehr grau in grau. Dass viele das einfach ignorierten, mag ja sein. Aber vorhanden waren die mieser werdenden Daten eben trotzdem.

Und jetzt, auf einmal, schreit alles „Rezessionsgefahr“. Man tut so, als seien die US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag das erste und zugleich ultimative Signal dafür, dass eine Rezession droht, die US-Notenbank (Fed) schon viel zu spät dran ist mit Zinssenkungen und sie jetzt umso schneller agieren müsse. Und weil man das noch untermauert, indem man diese „plötzlich Gefahr“ quer durch die Medien schleift, US-Banken Prognosen von drei Zinssenkungen im Rest des Jahres oder von zwei großen Schritten von je 0,5 Prozent herumreichen und die Renditen am Anleihemarkt einbrechen, als wären die Senkungen schon vollzogen, ist das eine Drohung an die „Fed“ zu tun, was der Markt will:

Börse aktuell: Entwicklung US-Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung US-Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit| Quelle: marketmaker pp4

Hektische Zinssenkungen waren schon einmal ein großer Fehler

Zinsen runter, und zwar flott und in großen Schritten. Wenn nicht … Crash. Denn schaut mal, so die Botschaft, was passiert, wenn wir Anleger Angst vor einer Rezession haben müssen. Und wenn Dow & Co. einbrechen, dann geht den Menschen viel Geld verloren. Dann kaufen sie nichts mehr, die Rezession wird noch schlimmer, und das so kurz vor der Wahl … eieiei!

Aber, ließe sich einwenden, die „Fed“ hat doch nicht die Aufgabe, die Börsen zu stützen? Ja, sie soll ein Umfeld sicherstellen, das einen gesunden Arbeitsmarkt sicherstellt und damit auch die Konjunktur im Blick haben. Aber in allererster Linie geht es um Preisstabilität und nicht um eine „Komfortzone“ für Konsumenten. Und würde man jetzt hektisch auf Arbeitsmarktdaten reagieren, die zwar schwach, aber in keiner Weise dramatisch waren (knapp 100.000 neue Stellen, Arbeitslosenrate von 4,1 auf 4,2 Prozent gestiegen) müsste man angesichts des Verhaltens der US-Verbraucher und der US-Unternehmen in den letzten zwei Jahre fürchten, dass die Inflation sofort wieder auf ein kritisches Niveau steigt.

Wir hätten das gleiche Szenario wie Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre, als die US-Notenbank auf Druck der Märkte die Zinsen zu früh und zu weit senkte, die Inflation mit Macht zurückkam und der Leitzins, der vorher von 16,5 auf 11,0 Prozent gesenkt wurde, rasant auf 19 Prozent hochgezogen werden musste. Erinnert sich keiner an damals?

Da muss nur einer „Feuer“ schreien…

Viele sicherlich nicht. Und selbst wenn: Zum einen käme dann sowieso die übliche Floskel, dass das früher mit heute doch gar nicht zu vergleichen sei (doch, ist es). Zum anderen zählt für fast alle nicht, was ihr Tun von heute in ein, zwei Jahren für Konsequenzen hätte, sondern nur das „Jetzt“. Und da schreit man gerade in Sachen KI und Konjunktur gleichzeitig „Feuer“, nachdem die meisten gedacht hatten, alles laufe super. Wenn dann zu viele zugleich aus dem gleichen Notausgang hinaus wollen und potenzielle Käufer sicherheitshalber ihre Orders zurückziehen, wird es „tricky“.

Bemerkenswert finde ich, dass die großen Banken da mitschreien. Wieder war es die Bank of America, die mit einem Eimer Öl daherkam, indem sie am Freitag konstatierte, dass Kreditprodukte momentan eine Null-Prozent-Wahrscheinlichkeit für eine Rezession einpreisen würden, man bei der Bank aber der Ansicht sei, dass diese Wahrscheinlichkeit zu niedrig ist. Warum kommt man da so bärisch daher? Verdient man nicht sein Geld damit, dass immer mehr Menschen immer mehr Geld in den Märkten investieren?

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von Oktober 2023 bis August 2024| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von Oktober 2023 bis August 2024| Quelle: marketmaker pp4

Schon. Aber wenn die „großen Adressen“ imstande waren, in einer Phase, in der sie wissen, dass der Markt gerade heiß gelaufen ist, die Anleger das aber nicht einmal ahnen, zu hohe Bestände abzubauen, indem man sie eben diesen Anlegern verkauft, ist man gerüstet für einen kippenden Markt. So etwas nennt man „Distributionsphase“. Eine Phase, um die Worte der Börsenlegende André Kostolany zu wählen, in der Aktien von den sicheren Händen der erfahrenen Investoren und großen Adressen in die zittrigen Hände der Unerfahrenen wandern.

Ist eine solche Distributionsphase über die Bühne, können Kassandrarufe den Abstieg anschieben. Wer schon damals dabei war, dürfte sich erinnern, wie auffällig die Großbanken im Sommer 2008 auf einmal zu Schwarzsehern wurden, obwohl der Zusammenbruch des Kartenhauses namens „Subprime-Kredite“ längst im Gange war und man zuvor nur „Daumen hoch“ sehen konnte. Danach ging das große Verkaufen am Aktienmarkt los … und nicht erst, wie manche heute glauben, mit der Pleite von Lehman Bros.

Fazit: Erwarten Sie das Unerwartete

Erpressen die großen Adressen mit dem Druck auf Aktien und Anleiherenditen gerade die US-Notenbank? Haben große Investmentbanken ihre Schäfchen im Trockenen und machen deshalb jetzt verbal Druck? Hat man im Bereich der Tech-Branchen seitens der Trader die Kontrolle verloren? Ist KI eine Blase und platzt sie gerade oder nicht?

Ich wäre ein erbärmlicher Trader, Analyst und Journalist, würde ich jetzt wagen, auch nur eine dieser Fragen sicher zu beantworten. Ja, in Phasen wie diesen hätte man gerne Antworten und, bitte, eine funktionierende Glaskugel. Aber da das nun einmal nicht geht und man den Menschen nicht in die Köpfe schauen kann, ist es schon höchst hilfreich, wenn man um die Fragen weiß, die jetzt im Raum stehen. Denn aus ihnen lässt sich ableiten, dass wir jetzt in einer Situation sind, in der nichts unmöglich ist, in beide Richtungen, und wieder einmal das zum Tragen kommt, was unsichtbar über den Toren jedes Börsensaals prangt: Erwarten Sie das Unerwartete!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Nimmt die Volatilität zu, ohne dass man dabei bereits absehen könnte, ob sich Bullen oder Bären am Ende durchsetzen werden, macht das beide Lager nervös. Was die Schwankungsintensität noch steigern kann. Diese Woche wird eine, die Weichen stellen kann. Allen ist das klar. Aber keiner weiß, wie das am Ende ausgeht – damit wird die Sache zu einer Zerreißprobe für Trader mit schwachen Nerven.

Ich hatte kürzlich eine Dokumentation über die entscheidende Phase in Bezug auf die Eroberung Galliens durch Gaius Iulius Caesar gesehen. Und die kam mir in den Sinn, als ich mir über diese anstehende Handelswoche Gedanken machte. Klingt absurd, ist es aber gar nicht. Denn damals lag eine vergleichbare Situation vor wie die, mit der sich die Trader in den kommenden Tagen konfrontiert sehen: Man weiß an der Börse aktuell nicht, was die Gegenseite macht, weiß aber, dass man dann reagieren sollte. Klar ist also: Es gibt einiges zu tun und es kann entscheidend sein. Nicht klar ist, was das sein wird. Nicht gut in Sachen ruhiger Nachtschlaf, wenn man zu hoch und/oder zu riskant investiert ist. Aber sehen wir uns mal an, was damals passiert war, natürlich im „Schnelldurchlauf“:

Alesia … ein Nervenspiel mit unerwartetem Ausgang

Um zu verhindern, dass Rom die volle Kontrolle über Gallien erlangt, schlossen sich zahlreiche gallische Stämme um 52 v. Chr. zusammen. Zu ihrem Führer wurde der Avernerfürst Vercingetorix erkoren (den Namen kennen heute noch viele durch die Asterix-Bände). Der versuchte, die römische Armee unter Führung Caesars zu überrumpeln und aufzureiben, scheiterte aber trotz Übermacht an der extrem professionellen Taktik der Römer. Vercingetorix‘ Armee zog sich in die Feste Alesia zurück, um sich neu zu formieren.

Doch Caesar setzte nach. Da die Einnahme Alesias nicht realistisch war – dazu war der Ort zu gut befestigt – entschied man sich, die Feste zu belagern und die Besatzung sowie die Einwohner auszuhungern, um sie so zur Aufgabe zu zwingen. Vercingetorix aber gelang es, Verstärkung zu organisieren. Die zwar noch rechtzeitig eintraf, bevor Alesia aufgeben musste, die aber nicht an Caesars Belagerungsring vorbeikam. Also bildete die Verstärkung wiederum einen Belagerungsring um den römischen Belagerungsring. Wenn es einem gelingt, die Tragik und das mit all dem verbundene Leid kurz auszublenden, erkennt man darin eine irgendwie komische Situation … die ein überraschendes Ende hatte.

Denn die römischen Einheiten waren durch Nahrungsmangel geschwächt und zahlenmäßig unterlegen. Die Besatzung von Alesia und der äußere Ring der gallischen Stämme hätte die Römer nicht nur vernichtend schlagen können, sondern eigentlich müssen. Aber das ging, aus bis heute unklaren Gründen, schief. Vercingetorix machte einen Ausfall, zugleich sollten die Gallier im Belagerungsring die Römer an zwei Stellen angreifen. Doch der Angriff an der empfindlicheren, entscheidenden der beiden Stellen blieb aus. Im Gegenteil gelang unter Casesars Führung dort ein Ausbruch römischer Kavallerie, die wiederum die belagernden Gallier von hinten und der Seite attackierten. Die gallischen Belagerer flohen, der Ausfall von Alesia aus wurde abgebrochen, Vercingetorix musste sich in die Feste zurückziehen und wenig später aufgeben.

Das war eine Entwicklung, in der nie sicher war, was die anderen tun, in der man schnell und richtig auf Überraschungen reagieren musste und wiederum nicht sicher sein konnte, was das auslösen würde. Äußere Ereignisse konnten viel beeinflussen. Und man war sich der Stärke des eigenen Lagers ebenso nie sicher wie der des Gegners. Und damit sind wir bei der Ausgangslage heute in Bezug auf den Aktienmarkt angekommen.

Eine offene Ausgangslage … noch ist völlig offen, wie es weitergeht

Wollte man versuchen, die Lage der Aktienmärkte mit dem Szenario um Alesia zu vergleichen, wären wir momentan vermutlich an dem Punkt, an dem die gallischen Stämme einen Überraschungsangriff gegen die Römer starteten und sich nicht ausreichend durchsetzen konnten, um die Legionen zu schlagen. Also ganz am Anfang. Sehen wir uns das mal in drei über den Artikel verteilten Charts an, die die Lage bei Nasdaq 100, Dow Jones und DAX zeigen. Klar ist: Der Überraschungsangriff wurde vom zuvor massiv unter Druck stehenden, bärischen Lager vorgenommen. Die Vehemenz der Verkäufe insbesondere beim Nasdaq 100 geht über reine „Unbill der Umstände“ in Form von normalen Gewinnmitnahmen hinaus, da wurde mit großer Wahrscheinlichkeit bereits aktiv auf der Short-Seite agiert.

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von Oktober 2023 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von Oktober 2023 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Wir sehen aber auch, dass das bärische Lager bislang nicht mehr erreicht hat, als die Bullen zu überraschen. Geschlagen sind sie noch in keiner Weise, nicht einmal ernsthaft in der Bredouille. Selbst beim vorstehenden Nasdaq 100 ist, trotz der Dynamik der Verkäufe, bislang noch keine wirklich wichtige Supportlinie gefallen. Die sind zwar in Form der Oktober 2023er-Aufwärtstrendlinie und der Hochs der Monate März und April nahe. Aber eben noch nicht gebrochen. Was bedeutet:

Es kommt an der Börse aktuell auf die kommende Woche an, in der zahlreiche Termine für eine Verlagerung der Kräfte sorgen können und werden. Da man aber in beiden Lagern weder weiß, ob das Positive oder das Negative bei den einlaufenden Nachrichten überwiegt und wie stark dann die Reaktion der Gegenseite ausfällt, haben beide Seiten allen Grund, nervös zu sein. Was wiederum das Risiko von hektischen, überzogenen Reaktionen und von Bullen- und Bärenfallen birgt. Was steht konkret in den kommenden Tagen im Terminkalender?

Termine Schlag auf Schlag … in dieser Woche könnte jeder Tag Entscheidendes bewegen

Der Montag bleibt ruhig, dann aber geht es richtig zur Sache.

Dienstag: Um 10 Uhr kommt die erste Berechnung des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) des 2. Quartals, um 11 Uhr die für die Eurozone. Um 14 Uhr folgt die Vorab-Berechnung der deutschen Inflation im Juli. Am Abend nach US-Handelsende stehen die Quartalsergebnisse von AMD und Microsoft an.

Mittwoch: Um 11 Uhr kommen die Inflationsdaten der Eurozone für Juli. Um 20 Uhr steht die Entscheidung der US-Notenbank an. Und abgeschlossen wird der Tag dann mit den Quartalszahlen von Meta Platforms.

Donnerstag: Nach US-Handelsende stehen die Quartalsergebnisse von Apple und Amazon an.

Freitag: Um 14:30 Uhr kommen die US-Arbeitsmarktdaten für den Juli.

Und das sind nur die ganz wichtigen Termine, dazu kommen noch zahlreiche andere Quartalsbilanzen, auch und gerade aus Deutschland bzw. der Eurozone. Damit ist allen Tradern klar, egal ob bullisch oder bärisch ausgerichtet, dass am Ende dieser Phase entweder ein großer Sieg oder ein große Niederlage stehen kann. Da gelassen und locker zu bleiben, ist nicht leicht. Vor allem, wenn man fürchten muss, dass das Gros der anderen, ob im eigenen oder im gegnerischen Lager, keineswegs besonnen bleiben wird.

Und damit wird die Sache ebenso knifflig wie faszinierend, denn genau solche Situationen sind es, die die Börse so spannend (und riskant) machen.

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones von 2023 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones von 2023 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das Alesia-Problem: Kann man es wagen … oder kann man es nicht?

Überlegen wir uns mal die Problematik, mit der man jetzt konfrontiert wird, egal, in welchem Lager man steht. Andauernd kommen neue Zahlen auf den Tisch. Die können das, was gerade vorher veröffentlicht wurde, in der grundsätzlichen Tendenz, bullisch oder bärisch, bestätigen … oder abrupt auf den Kopf stellen. Man weiß es nicht. Und wird es auch bis Donnerstagabend, wenn die Sache mit Apple und Amazon zu Ende geht (sofern die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag nicht völlig aus dem Rahmen fallen und erneut alles ändern) nicht wissen.

Dabei steht man bei jedem einzelnen kursrelevanten Ankerpunkt vor weiteren Fragen. Sind diese Daten wirklich klar bullisch oder bärisch und wenn ja, in welcher Dimension? Wird man darauf am Markt entsprechend stark reagieren? Oder wollen und/oder können zu viele andere auf meiner oder aber auf der Gegenseite nicht reagieren, weil sie diese Daten a) als nicht entscheidend genug ansehen, b) anders auslegen oder c) weitere Daten abwarten wollen? Und wird sich die Gegenseite auf Basis solcher Daten zurückziehen und erst einmal einigeln, einen Ausfall wagen oder gar, weil die Daten in ihrem Sinne ausgefallen sind, attackieren? Wenn die Gegenseite attackiert, ist meine Seite dann stark genug, um die Attacke abzuwehren oder wird man überrollt? Oder sieht es nur so aus, als hätte man verloren, am Ende kommt es aber zu einer überraschenden Gegenattacke und was sicher schien, endet als Bullen- oder Bärenfalle?

Börse aktuell: Entwicklung DAX von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Sie sehen: Niemand weiß, wie das am Ende ausgeht. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Eigentlich ist die Antwort klar … aber wenn ich mir ansehe, wie viele in vergleichbaren Phasen Jahr um Jahr das Gegenteil dessen taten, was klug ist, kann es nicht schaden, es einfach noch einmal zu erwähnen:

Durch ein nebelverhangenes Minenfeld kommt man nicht sicherer, wenn man blind durchrennt und dabei auch noch alles einsetzt, was man hat. Das ist nicht so wirklich viel cleverer als beim Roulett alles, was man besitzt, auf eine Zahl zu setzen. Richtig ist einerseits, dass eine Entscheidung jederzeit fallen kann, so dass die Indizes bzw. Einzelwerte am Ende der Woche schon so weit vom aktuellen Ausgangspunkt entfernt liegen, dass eine charttechnische Entscheidung nicht nur gefallen ist, sondern sich bereits voll ausgewirkt hat und man eventuell zu spät käme, wenn man erst dann reagiert.

Trotzdem kann man das abwarten, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass die Minen dicht an dicht liegen. Wer sich indes durch diese Woche „durchtasten“ will, sollte genau das auch tun: Step by Step mit kleinen Trades, die einen vom Kapitaleinsatz her nicht zu emotionalen Handlungen verführen. Ob Attacke, Belagerung, Ausfall oder Finte: Am Ende gewinnt bei einem solchen Nervenspiel, wer eben diese behält!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

„What goes up, must come down“ … eigentlich weiß das an der Börse jeder. Und wenn sich ungewöhnlich massive Scheren zwischen den Performances einzelner Indizes und Branchen auftun, werden sich die, sobald das fundamental berechtigte Maß zu weit überschritten wird, schließen. Genau das zeichnet sich gerade ab, insbesondere in Bezug auf die Überflieger-Aktien der Nasdaq. Wieso also regen sich gerade alle so darüber auf?

Eigentlich kann es auf diese Frage nur eine Antwort geben: Weil vermutlich zu viele zu lange zu viel Geld mit zu hohen Hebeln in zu wenige Aktien gestopft haben und denen jetzt der A… auf G… geht. Und zwar weil man, wie die Börsenpsychologie weiß, vor allem dann ernstlich glaubt, rasante, umfangreiche Gewinne werden nonstop immer größer, wenn man sich durch sein eigenes Tun (nämlich, die Sache zu übertreiben) in eine innere Zwangslage manövriert, die vor allem dann entsteht, wenn man mit hohem Hebel herumzockt und schon kleine Rücksetzer große Probleme auslösen. Aber das ist … hoffentlich … nicht das Problem der Mehrheit der Investoren.

Bis jetzt ist noch nichts angebrannt

Klar, dass Aktien, die vorher Wochen und Monate schon beim kleinsten neuen Rekordhoch eine Schlagzeile lostraten, auch umgehend zu „Breaking News“ werden, wenn sie auf einmal fünf oder zehn Prozent nachgeben. Aber wenn wir uns mal die Charts in diesem Beitrag ansehen, so sehen wir sofort: Bis jetzt ist das alles nur ein medial „gehypter“ Sturm im Wasserglas. Was den Nasdaq 100 angeht, der bei dem bisherigen Rücksetzer ebenso heraussticht wie zuvor bei der Aufwärtsbewegung, hat dieser bislang nur in etwa die Dimension der Korrektur des Aprils. Also alles noch im Rahmen des Normalen. Kein Grund zur Aufregung. Oder?

Börse aktuell: Kursentwicklung Nasdaq 100, Dow Jones und S&P 500 im Vergleich von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Kursentwicklung Nasdaq 100, Dow Jones und S&P 500 im Vergleich von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Nein, bis jetzt tatsächlich nicht. Dass bestimmte Indizes oder Branchen von Anlegern bevorzugt werden und andere dann zurückbleiben, ist normal und gleicht sich mittelfristig fast immer aus. So sehen wir im vorstehenden Chart, dass, was vorher stärker stieg, an den US-Börsen jetzt eben auch stärker fällt. Und wir sehen im nächsten Chart, dass diese Schere, die durch eine auffallende Outperformance des DAX zwischen Herbst 2022 und Sommer 2023 entstanden war und die ich im Juni 2023 an dieser Stelle thematisiert hatte, nicht größer wurde und sich jetzt zu schließen beginnt, indem der vorausgelaufene DAX jetzt wackelt und der Dow Jones in den letzten Wochen erheblich aufholt.

Börse aktuell: Kursentwicklung Dow Jones, DAX und DAX Kursindex im Vergleich von August 2022 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Kursentwicklung Dow Jones, DAX und DAX Kursindex im Vergleich von August 2022 bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

What goes up, must come down … eigentlich ist das völlig normal

Und das ist auch in Bezug auf Einzelwerte normal, natürlich immer im Rahmen der Fundamentals. Es ist nur dann denkbar, dass auf einmal die Letzten die Ersten sein werden, wenn sich die Rahmenbedingungen erheblich verändern. Aber eine Übertreibung, in der wenige Aktien zu lange von zu vielen präferiert wurden und daher eine chart- und markttechnische Überhitzung ebenso wie eine Überbewertung zu korrigieren haben, wird eben immer mal wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt. Ebenso können Aktien, die der Markt als die Schwächsten ansieht und die dadurch vom bärischen Lager so lange attackiert wurden, dass selbst diese de facto ja durchaus schwachen Titel überzogen gefallen sind, alleine durch Eindeckungen von Short-Positionen immer mal wieder steigen.

Die nachfolgende Grafik zeigt die stärksten und schwächsten drei Aktien des Nasdaq 100, gerechnet ab Jahresanfang, aber im Chart gezeigt ab dem Ende der April-Korrektur. Wir sehen:

Börse aktuell: Top 3 und Flop 3 Nasdaq 100 Aktien 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Top 3 und Flop 3 Nasdaq 100 Aktien 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Auch hier wird eine zuvor immens weit auseinander klaffende Schere jetzt wieder kleiner. Aber das heißt ja nicht, dass sich das, was in den letzten Monaten als „richtig“ galt, komplett auf den Kopf stellen müsste, sprich die Tech-Favoriten ab jetzt massiv unter Druck geraten und bleiben, während Branchen, die man vorher als „langweilig“ und nicht gewinnträchtig genug ansah, in den kommenden Monaten auf einmal in den Hausse-Modus übergehen. Eigentlich.

Je extremer der Boden überspannt wurde …

Aber die Sache ist dennoch nicht ohne Risiko, d.h. dass man jetzt am Aktienmarkt nervöser wirkt als im April, ist nicht völlig unberechtigt … aus zwei Gründen:

Erstens ist eine kleine, aber abrupte Korrektur wie die bisherige in dem Fall noch bei Weitem nicht genug, wenn sich herausstellen sollte, dass die Bullen in Bezug auf die „Magnificent Seven“, die Pacemaker der Nasdaq-Hausse bzw. in Sachen „KI-Hype“ den Bogen überspannt haben. Denn bei einem Hype ist sehr vieles Erwartung und weniges bereits Fakt. Weder ist klar, wie viel zuerst investiert werden musste bzw. noch muss, bis das große Geld fließt. Noch ist klar, wie viel Gewinne die „KI“ letztlich bringen wird … und wem.

Wie schon beim „Internet-Hype“ vor einem Vierteljahrhundert werden auch jetzt an der Börse aktuell Aktien von allen Unternehmen durch die Decke gekauft, von denen man annimmt, dass sie am Ende zu den großen Gewinnern gehören könnten. Damals waren das am Ende aber nur einige. Viele Unternehmen, die man damals blind und unlimitiert gekauft hatte, sind heute vergessen. Das wird diesmal nicht anders sein. Und auch die wildesten Zocker wissen das sehr wohl … auch, wenn man das gerne verdrängt. Das schürt die Nervosität, wenn es auf einmal anders läuft als gedacht.

Börse aktuell: Kursentwicklung Nvidia von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Kursentwicklung Nvidia von Januar bis Juli 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Zweitens stecken diese Schlagzeilen an, machen auch die nervös, die es gar nicht sein müssten. Wer gelassen und mit konsequenten Stop Loss trendkonform agiert, müsste eigentlich nichts fürchten. Aber dieser massive „Turnaround“ des Bias in der Berichterstattung kann die bislang noch überschaubare Nervosität steigern. Und wenn dann weitere Abgaben auftauchen, die z.B. dazu führen, dass eine Aktie wie Nvidia, das Flaggschiff des KI-Hype, die im Chart gezeigte, seit drei Tagen belagerte Unterstützungslinie bricht und dadurch ein Topp vollendet, kann die Sache auch ohne Not aus dem Ruder laufen.

Zu viele wollten zu lange zu viel. Damit war der Bogen heftig überspannt … und dann können eben, wenn der Bogen bricht, auch die Folgen heftiger ausfallen als normalerweise. Was heißt:

Jetzt ist eine ruhige Hand zwingend

Es kann bei einer normalen Korrektur bleiben, die momentane Aufregung vieler überzogen sein. Aber es muss nicht. Noch müssten die bisherigen Top-Performer ein gutes Stück nachgeben, bevor sie als „auskorrigiert“ gelten könnten. Zugleich müssen die Käufe in „Underdogs“ nicht weitergehen. Es ist ein reines Nervenspiel, ob die Sache aus dem Ruder läuft oder nicht. Ich kann da ebenso wie Sie alle nicht mehr tun, als zuzusehen, was weiter passiert. Diejenigen, die im ungünstigen Fall finanziell übel auf dem Bauch landen und diejenigen, die eine solche Situation gewinnbringend zu nutzen verstehen, unterscheidet da dann eigentlich nur eines:

Letzte wissen, dass wir jetzt eine Situation vor uns haben, in der kurzfristige Überreaktionen die Lage eskalieren lassen können, in der aber, wenn die ausbleiben, alles umgehend wieder in ruhiges Fahrwasser kommt. Wer die nötige Erfahrung hat weiß: Da geht es um emotionale Entscheidungen … und Emotionen kann man weder vorhersehen noch eingrenzen. Daher ist der beste Weg, jetzt gut durch die kommenden Wochen zu kommen einzusehen, dass eine gelassene, konsequente Reaktion auf das, was passiert, jetzt zwingend, eine „Markmeinung“ oder Zwänge durch zu viel Risiko hingegen äußerst toxisch sind.

An der Börse ist nichts unmöglich, heißt es oft. Leicht dahingesagt, wenn der Markt friedlich daherkommt. Aber wenn wir in einem Umfeld stehen wie jetzt, dann hat man dieses „Unmögliche“ auf einmal direkt vor der Nase. Da ist eine ruhige Hand gefragt. Und egal, ob Sie Long oder Short engagiert sein sollten: Achten Sie auf ihre Risiko-Exposition, zu große Positionen müssen so lange reduziert werden, bis der ruhige Nachschlaf wieder sichergestellt ist!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt