Rohöl – kein Rohstoff wie die anderen
Die meisten Menschen sind dem Anstieg der Ölpreise scheinbar hilflos ausgeliefert. Heizöl wird offenbar immer teurer, Benzin und Diesel sowieso. Man nimmt es hin, weil einem nichts anderes übrig bleibt. Wir als Investoren hingegen sind da alles andere als „wehrlos“. Es ist wirklich kein Hexenwerk, von steigenden Rohölpreisen zu profitieren. Und es ist ebenso möglich, den Vorteil fallender Ölpreise noch zu intensivieren, indem man auf der Short-Seite aktiv ist. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen zunächst auf, was man über Rohöl wissen muss, danach sehen wir uns Möglichkeiten an, wie man die Schwankungen der Ölpreise zum eigenen Vorteil nutzen kann, anstatt sie missmutig an der Tankstelle zur Kenntnis nehmen zu müssen.
Was Sie über Rohöl wissen müssen
Auch, wenn alternative Energien immer wichtiger werden: Das Rückgrat der Energieversorgung weltweit ist weiterhin Rohöl. Wenn es Engpässe bei Kupfer oder Aluminium, bei Weizen oder Mais gibt, ist das problematisch. Wenn das Rohöl knapp wird, ist es mehr als das: es ist fatal. Und die Bedeutung dieses Rohstoffs ist zudem besonders hoch, weil er zum einen nicht überall gefördert werden kann, so dass viele Länder von seinem Import abhängig sind und es zum anderen militärstrategische Bedeutung hat. Um Öl wurden schon Kriege geführt. Und entsprechend aufmerksam verfolgen Politik und Investoren gleichermaßen die Entwicklung in den Förderländern und die Entwicklung des Ölpreises selbst. Was sollte man grundsätzlich zu dieser Thematik wissen?
Maßeinheit
Rohöl wird in der Maßeinheit „Barrel“ (Fass) angegeben, was einfach der Tradition entspricht, da Rohöl früher in Fässern transportiert wurde. Bezogen auf Rohöl (es gibt genauso wie bei Meilen auch beim Barrel viele traditionelle Maßeinheiten) entspricht ein Barrel Rohöl 159 Litern.
Basiswährung von Öl
Fakturiert, also abgerechnet wird Rohöl wie alle Rohstoffe grundsätzlich in US-Dollar. Nur so kann sichergestellt werden, dass man weltweit mit vergleichbaren Preisen agiert, nur so können Förderer, Raffinerien und Logistik tauglich kalkulieren und vergleichen. Für den Endverbraucher hingegen spielt der Aspekt, dass Rohöl in US-Dollar berechnet wird, außerhalb des US-Dollar-Raums eine wichtige Rolle. Ein Beispiel:
Fällt der Ölpreis um zwei Prozent, kostet er in US-Dollar zwar eben diese zwei Prozent weniger. Aber würde der US-Dollar im Vergleich zum Euro zeitgleich zwei Prozent steigen, würde das Minus des Ölpreises für uns in der Eurozone durch den in derselben Größenordnung teurer werdenden US-Dollar aufgehoben: Wir würden dasselbe für Rohöl bezahlen wie zuvor. Der folgende Chart zeigt diesen Fall für die Zeit zwischen dem zweiten Halbjahr 2017 und dem Frühjahr 2018. Der Ölpreis stieg zwar, zugleich ging es aber mit der Relation Euro/US-Dollar aufwärts, d.h. der US-Dollar wurde im Vergleich zum Euro billiger. Dadurch bewegten sich die Ölpreise hierzulande nur wenig, der Anstieg des Ölpreises wurde durch den Anstieg des Euro zum US-Dollar aufgefangen:
Diese Grafik zeigt aber auch eine Phase, in der das Gegenteil der Fall war: Danach, im Sommer 2018, stieg der Ölpreis weiter, der US-Dollar aber fiel nicht, sondern wurde ebenfalls teurer, d.h. die Relation Euro/US-Dollar fiel. Dies führte dazu, dass die Heizöl- und Benzinpreise in Europa immens stiegen, weil der steigende Wert des US-Dollars den Preisanstieg noch intensivierte.
Ölsorten
Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Rohöl-Sorten, die sich in ihrer Zusammensetzung und den Möglichkeiten der Verarbeitung unterscheiden. Für Investments in Öl direkt sind vor allem zwei Sorten gängig: Die US-Ölsorte Light Sweet Crude, auch als WTI (West Texas Intermediate) bezeichnet, und die Sorte Nordsee Brent Crude (Brent Crude Oil). Diese beiden Hauptsorten weisen zwar oft eine Preisdifferenz auf, die grundsätzlichen Bewegungen sind aber fast immer dieselben, so dass es nicht entscheidend ist, in welcher Sorte man tradet, sofern man sich dem Ölpreis selbst als Trading-Basis zuwenden möchte.
Langfristige Tendenz
In den 70er Jahren war man noch davon ausgegangen, dass der Ölpreis immer nur steigen könne, weil die Reserven schwinden und die Nachfrage zugleich immer weiter steigen wird. Doch es hat sich herausgestellt, dass die Ölreserven weitaus größer sind als damals befürchtet. Momentan ist nicht davon auszugehen, dass uns das Öl in den kommenden Jahrzehnten ausgehen wird. Auch, wenn die Zeiten, in denen ein Barrel Rohöl für zehn US-Dollar zu haben war, wohl auf Dauer vorbei sind, der folgende Chart über die letzten 25 Jahre bei Rohöl Brent zeigt, dass es immer wieder zu extremen und für Trader natürlich überaus lukrativen, starken Impulsen kommt, die aber keineswegs immer nur nach oben weisen!
Wie kann man mit Rohöl traden?
Das Trading mit Rohöl ist einfach, denn die Auswahl möglicher Instrumente hierfür ist genauso vielfältig, als wollten Sie den DAX, Gold oder Euro/US-Dollar traden: Sie haben die Wahl zwischen allen Arten von Derivaten, d.h. Futures, Optionen, CFDs, Optionsscheinen und Zertifikaten oder Sie bilden die Bewegungen des Ölpreises über einen Exchange Traded Fund (ETF) ab. Gibt es hier Besonderheiten?
Eigentlich nicht. Denn wie bei allen Rohstoffen, aber letzten Endes auch bei Aktien, sind hier die fundamentalen Rahmenbedingungen wie die Entwicklung der Fördermengen, Maßnahmen der OPEC oder politische Einflüsse zwar grundsätzlich wichtig. Aber wie immer bei börsennotierten Assets zählt für den Kurs vor allem die Entwicklung von Angebot und Nachfrage an der Börse, beim Ölpreis selbst. Und die wird weniger von steigender oder nachgebender Nachfrage der Endverbraucher, sondern von den Tradern bestimmt. Was dazu führt, dass die Saisonalität hier kaum noch eine Rolle spielt: Nur, weil es im Herbst langsam kälter wird und so der Ölverbrauch zunimmt, muss der Ölpreis an der Börse nicht steigen. Was bedeutet:
Hier sollte man genauso konsequent auf Basis chart- und markttechnischer Signale agieren wie in den anderen Segmenten der Börse auch. Der vorstehende Chart von Brent Crude Oil zeigt: Der Ölpreis wird, weil er von den Marktteilnehmern nicht anders gehandhabt wird als ein Index, eine Währung, eine Aktie oder ein anderer Rohstoff, von Trends geleitet, reagiert bei Trendwendeformationen oder markttechnischen Signalen nicht anders. Man sollte nur eines immer im Hinterkopf haben:
Ebenso wie bei Gold oder anderen Rohstoffen, die in US-Dollar fakturiert werden und bei US-Aktien spielt das Auf und Ab des Euro zum US-Dollar eben eine zusätzliche Rolle. Steigt Öl und der US-Dollar fällt zugleich, bremst das den Kursgewinn aus, wenn man hierzulande z.B. ein Rohöl Call-Zertifikat hält, weil das auf Euro ge- und verkauft wird. Aber steigt Öl und der Dollar legt ebenfalls zu, hat man einen zusätzlichen Hebel, der den Gewinn noch intensiviert. Ein Querblick auf die Euro/US-Dollar-Relation kann also nie schaden: Wenn Rohöl steigt und der Euro zum US-Dollar fällt, würde sich ein Long-Trade umso mehr lohnen, bei einem tendenziell steigenden Euro zum US-Dollar müsste man es sich eher überlegen, auf steigende Ölpreise zu setzen, weil einem der schwächere US-Dollar den Gewinn „auffrisst“.
Aktien aus dem Rohöl-Sektor
Aber man muss nicht unbedingt unmittelbar auf den Ölpreis selbst setzen. Es ließe sich auch ein kleines Portfolio von Aktien zusammenstellen, die mit Rohöl zu tun haben. Worauf sollte man dabei achten?
Natürlich bietet es sich auch bei den Ölaktien an, einen positiven Trend beim Ölpreis im Rücken zu haben. Je höher der Ölpreis, desto höher ist grundsätzlich die Gewinnspanne der Unternehmen, denn die Kosten für die Förderung und den Transport schwanken weniger und langsamer als der Marktpreis. Es kann indes auch nicht schaden, vorher einen Blick auf zwei andere Aspekte zu werfen:
Erstens sollte das Unternehmen zu denen gehören, die seit Jahrzehnten am Markt etabliert sind und eine solide Dividende zu bieten haben. Zweitens ist es hilfreich, wenn die politische Lage das Unternehmen eher stützt als ausbremst. So wirken derzeit die US-Ölunternehmen interessant, weil die aktuelle US-Regierung darauf abzielt, die Ölindustrie mit Blick auf die Sicherung und den Ausbau von Arbeitsplätzen einerseits und auf das Erreichen der Unabhängigkeit von Ölimporten zu fördern.
Die drei im Folgenden aufgeführten Aktien sind nur drei von immens vielen Möglichkeiten, die sich dem Anleger bieten, um im Bereich Öl zu investieren. Beschäftigen Sie sich daher vor dem Aufbau eines Portfolios genau mit den einzelnen Unternehmen, denn diese Beispiele können keine Empfehlungen sein, dazu verändern sich die Rahmenbedingungen, wie immer in Wirtschaft und Börse, zu regelmäßig! Und achten Sie immer auf die Charttechnik! Sie bietet die entscheidenden Signale, die indizieren, wann ein guter Moment gekommen wäre, um in eine Aktie zu investieren.
Chevron: Der Allrounder
Die im Dow Jones notierte Chevron (ISIN: US1667641005 – Symbol: CVX – Währung: USD) steht oft im Schatten des übermächtigen, auch im Dow Jones gelisteten Riesen Exxon. Chevron ist ein echter „Allrounder“, denn das Unternehmen deckt die komplette Wertschöpfungskette von der Förderung über die Weiterverarbeitung, den Transport mit einer eigenen Schiffsflotte bis hin zum Endverbraucher ab. Durch die Baisse des Ölpreises 2014/2015 hatte Chevron wie alle Ölunternehmen mit drastisch fallenden Gewinnen zu kämpfen, 2017 und 2018 zogen die Gewinne aber wieder deutlich an. Hinzu kommt, als „Zubrot“, eine per April 2019 sehr attraktive Dividendenrendite von 3,7 Prozent.
Aber wie für alle Unternehmen, die in der Ölbranche aktiv sind, gilt natürlich auch hier: Stark fallende Ölpreise würden hier deutlich auf den Gewinn und damit letzten Endes auch auf die Aktie drücken – achten Sie also darauf, dass nicht nur der Trend der Aktie, sondern auch der Ölpreis auf mittel- und längerfristiger Ebene aufwärts weist, wenn Sie hier investieren.
Schlumberger: Der Dienstleister
Das im Standard & Poor’s 500 notierte US-Unternehmen Schlumberger (ISIN: AN8068571086 – Symbol: SLB – Währung: USD) ist ein typischer „Dienstleister“ für die gesamte Ölindustrie. Schlumberger bietet Services und Lösungen in jedem Bereich der Öl-Exploration, der Kartographierung, der Förderung und der Weiterverarbeitung an. Gerade in einer Phase, in der die Fördermengen zulegen, wie dies derzeit in den USA der Fall ist, sind die Dienste eines solchen Unternehmens wichtig. Auch Schlumberger profitiert derzeit von der gezielten Förderung der Ölbranche in den USA und einem wieder anziehenden Ölpreis. Der Gewinn lag 2018 bei knapp über 1,50 US-Dollar pro Aktie und soll im laufenden Jahr 2019 zumindest stabil bleiben. Interessant ist auch hier die lukrative, durch den jüngsten Abstieg des Aktienkurses auf beeindruckende 4,5 Prozent gestiegene Dividendenrendite.
Aber Sie sehen an den ordentlichen Schwankungen der Aktie: Auch hier sollte man auf die Signale achten, die die Charttechnik generiert, wenn es um den besten Moment zum Einstieg geht!
Baker Hughes: Der Ausrüster
Ebenfalls Mitglied im marktbreiten US-Index Standard & Poor’s 500 ist das Unternehmen Baker Hughes (ISIN: US05722G1004 – Symbol: BHGE – Währung: USD), das ebenso wie Schlumberger zum Bereich der Dienstleister für die Ölindustrie zu zählen ist, tendenziell aber mehr Zulieferer bzw. Ausrüster ist. Baker Hughes liefert beispielsweise Bohrköpfe, Messsysteme, Turbinen, Pumpen, Filter etc.
Das in Houston, Texas, beheimatete Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren mit roten Zahlen zu kämpfen. Im vergangenen Sommer ging Baker Hughes mit der Öl- und Gassparte von General Electric zusammen. Durch entsprechende Synergieeffekte und mit dem Rückenwind der derzeitigen US-Politik kehrte Baker Hughes im Jahr 2018 wieder in die Gewinnzone zurück. Baker Hughes ist der spekulativste Titel unserer drei Beispiele. Die Dividendenrendite könnte 2019 um 2,7 Prozent liegen, aber sicher ist hier gerade mit Blick auf diese noch junge Fusion und die Tatsache, dass sich dieser Ausrüster in dem ohnehin volatilen Ölgeschäft tummelt, nichts. Eine besonders spannende, aber eben auch schwankungsintensive Aktie, die man immer nur entlang charttechnischer Signale traden sollte.
Wichtig ist hier ebenso wie bei Schlumberger: Die Ausrüster bleiben oft lange unter Gewinndruck. So lange, bis der Ölpreis deutlich anzieht, es den Ölkonzernen dadurch sehr gut geht und die Ausrüster höhere Preise verlangen können. Dann aber ziehen die Gewinne bei solchen Unternehmen schnell und deutlich an … und der Aktienkurs üblicherweise mit ihnen!
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Hinweis: Charts mit Trader Workstation und MarketMaker pp4 erstellt