Der Wirtschaftskrieg droht, die USA in eine Rezession zu stürzen. Die möglichen langfristigen Folgen sind jedoch viel weitreichender. Trump könnte eine Entwicklung angestoßen haben, die den Interessen der USA zutiefst entgegensteht.
Zeit für Schnäppchen?
Der S&P 500 hat eine ordentliche Korrektur vollzogen und viele Aktien sind abgestürzt. Einige Aktien im wichtigsten US-Index sind seit dem Jahreswechsel um mehr als 40 % eingebrochen und mehr als 100 Aktien haben mehr als 10 % an Wert verloren.
Die Wahrheit ist aber auch, dass die Bewertungen im Allgemeinen noch immer hoch sind. Viele Schnäppchen gibt es nicht.
Die meisten Aktien, die stark nachgegeben haben, waren zuvor überbewertet oder stecken in Schwierigkeiten. Und die meisten Aktien, die zuletzt gut gelaufen sind, sind schon wieder über das Ziel hinausgeschossen.
Hinzu kommt, dass die aktuelle Lage unberechenbar ist. Der US-Präsident vollzieht eine Kehrtwende nach der anderen. Am einen Tag werden Zölle eingeführt, zwei Tage später werden sie wieder abgeschafft. Dann eskaliert die Lage wieder, Kanada beschließt Gegenmaßnahmen. Daraufhin droht Trump mit 50 % statt 25 % Zöllen. Am nächsten Tag einigt man sich auf Verhandlungen und rudert wieder zurück. Und Zölle sind längst nicht das einzige Thema, das zur Verunsicherung der Konsumenten, Anleger und der Unternehmen beiträgt.
Unternehmen benötigen stabile wirtschaftliche, rechtliche und politische Bedingungen, um Investitionen kalkulieren zu können. Wenn unklar ist, ob sich eine Investition aufgrund zukünftiger Marktbedingungen rentiert, vermeiden Unternehmen dieses Risiko.
Versetzen Sie sich nur in die Lage eines Entscheidungsträgers in einem beliebigen Unternehmen. Warum sollte man bei unvorhersehbaren Rahmenbedingungen das Go für größere Investitionen geben und die eigene Karriere aufs Spiel setzen? Die logische Herangehensweise ist, erstmal abzuwarten.
Prognosen für US-Wirtschaft im freien Fall
Die direkten Schäden durch Zölle sind erheblich, aus meiner Sicht jedoch das kleinste Problem.
Daher ist es keine Überraschung, dass die Prognosen für das US-Wirtschaftswachstum in den letzten Wochen regelrecht kollabiert sind. Um den Zöllen zu entgehen, wurden Importe und Exporte aller Art vorgezogen. Jetzt fällt dieser positive Effekt weg.
Dadurch ist die Prognose für das US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal innerhalb von zwei Wochen von +2,3 % auf -2,4 % implodiert.
Der Rückgang betrifft nahezu alle Komponenten, die zum Wachstum beitragen. Man kann die Probleme aus meiner Sicht nicht mehr auf Sonderfaktoren schieben.
Die privaten Konsumausgaben verzeichneten bis in den Februar hinein auf Jahressicht einen Anstieg um 1,5 % und mehr.
Jetzt liegen sie mit +0,3 % nur noch knapp über der Nulllinie. Doch ohne Konsum geht in den USA nichts.
Die Handelsvolumina, Bauausgaben und der Autoabsatz sind sogar rückläufig.
Und absolut konträr zu den Zielen der Zölle, die die heimische Wirtschaft in den USA stärken und international wettbewerbsfähiger machen sollen, sind die Nettoexporte seit Ende Februar von -0,41 % auf -3,84 % kollabiert.
Die Zölle führen scheinbar dazu, dass die USA nicht mehr, sondern weniger exportieren.
Wirtschaftschaos durch Zölle
Wenn sich die Lage nicht sehr schnell wieder aufhellt, wovon nach heutigem Stand nicht auszugehen ist, könnte die USA in eine handfeste Rezession abgleiten. Es ist schwer vorherzusehen, ob sie überhaupt noch abzuwenden ist.
Selbst wenn Trump morgen beschließt, die Zölle gegen Kanada, Mexiko und die EU wieder aufzuheben und sich anderen Themen widmet, lösen sich die Probleme nicht in Luft auf.
Das Porzellan ist bereits zerschlagen. Denn wer kann schon sicher sein, was Trump nächste Woche einfällt? Die Entscheidungsträger in der Wirtschaft werden diesem Faktor Rechnung tragen.
Die Kanadier haben sich bereits spürbar in Richtung Europa gewendet und innerhalb der EU ist durch die Drohungen ein neues Gemeinschaftsgefühl entstanden.
Langfristig könnte dieses Spiel für die USA wesentlich teurer werden, als man aus heutiger Sicht erahnen kann.
Wenn die bisherigen Partner zu dem Schluss kommen, dass die USA nicht mehr wirklich vertrauenswürdig sind, hat das weitreichende Konsequenzen – auf allen Ebenen.
Die langfristigen Auswirkungen am Beispiel der Rüstungsindustrie
Ein Beispiel dafür ist das Thema Rüstung. Bisher haben etliche Staaten, allen voran die NATO-Partner, einen bedeutenden Teil der Rüstung in den USA eingekauft. Die Basis dafür ist Vertrauen. Schließlich benötigt man im Ernstfall Ersatzteile, logistische Unterstützung und so weiter.
Nun versetzen wir uns in die Rolle eines Generalstabsoffiziers in einem beliebigen Staat, der bisher irgendwelche Rüstungsgüter in den USA beschafft hat. Die einzige logische Konsequenz aus der aktuellen Lage und der Unberechenbarkeit der US-Regierung ist, das zukünftig nicht mehr zu tun. Ganz einfach.
In den USA könnten dadurch nicht nur Jobs wegbrechen, es würde auch die Produktion für das eigene Militär verteuern. Wenn Deutschland oder sonst wer F35-Kampfjets kauft, finanziert man dadurch schließlich einen Teil der Entwicklungskosten und senkt durch die höheren Produktionszahlen gleichzeitig die Herstellungskosten pro Flugzeug.
Laut Lockheed Martin arbeiten über 250.000 US-Amerikaner direkt und indirekt an der F35.
Und es ist nicht so, dass es keine Alternativen zum F35 gäbe. Mit dem schwedischen Gripen, dem französischen Rafale oder dem südkoreanischen KF-21 gibt es mehrere Ersatzmöglichkeiten.
Man könnte auch sagen, es gibt bessere Optionen. Der Gripen ist beispielsweise günstiger und die Kosten pro Flugstunde liegen bei einem Zehntel des F35. Die Systeme sind natürlich nicht identisch, der Gripen hat beispielsweise nur bedingte Stealth-Fähigkeiten, dafür aber andere Vorzüge.
Wir können und müssen das selbst in die Hand nehmen
Ähnlich sieht es bei nahezu allen anderen Waffensystemen abseits des Patriot-Systems aus. Wir haben nicht nur Alternativen, in den meisten Fällen haben wir sogar günstigere Alternativen. Man hat sich in der EU bisher nur gescheut, die Rüstungsproduktion im großen Stil selbst zu übernehmen. Meine Prognose: Das wird sich ändern.
Und auch in anderen Bereichen wird man die gewohnten Vorgehensweisen und Denkmuster hinterfragen. Das betrifft nicht nur das Militär, auch die Wirtschaft, die Politik und jeden Einzelnen. Trump könnte eine Entwicklung angestoßen haben, die den Interessen der USA zutiefst entgegensteht.
Eins ist jedenfalls klar. Weder Kanada noch die EU werden sich den Drohungen und Zöllen wehrlos ergeben und sich auf den Rücken rollen.
Freihandel wäre für alle besser, man kann und wird einseitig auferlegte Zölle aber nicht einfach hinnehmen.
Neben Kanada hat auch die EU bereits Gegenmaßnahmen beschlossen. Die Gegen-Zölle treten im April in Kraft und haben mit etwa 26 Mrd. Euro einen ähnlichen Umfang wie die Zölle der USA gegen die EU.

Kürzlich herrschte noch die einhellige Meinung vor, und sie war gut begründet, dass sich die US-Wirtschaft vergleichsweise stark entwickeln wird. Die neue Regierung hat es geschafft, das vorherrschende Goldilocks-Szenario innerhalb von wenigen Wochen zu zerstören und das Land an den Rand einer Rezession zu treiben.
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