Die EZB senkte erneut die Leitzinssätze, der DAX erreichte ein neues Verlaufshoch, es wirkt, als könne nichts den Weg an und über die 20.000 Punkte-Marke zustellen. Aber gerade dann, wenn alles nach eitel Sonnenschein aussieht, sollte man besonders auf der Hut sein.
Charttechnisch passt beim DAX weiterhin alles. Dieser Aufwärtsschwenk im August, an der oberen Begrenzung des übergeordneten, 2009 etablierten Aufwärtstrendkanals: perfekt.
Und dass der deutsche Leitindex gerade erst genau auf Höhe der Zwischenhochs von Mai bis September als nächstliegende, wichtige Supportlinien nach oben drehte: tadellos. Gut, markttechnisch überkauft ist er schon, auf Wochen- wie auf Monatsbasis. Aber der jüngste, kleine Rücksetzer hat die Markttechnik auf Tagesbasis ein wenig bereinigt, da wäre also noch Luft. Luft bis zur 20.000er-Marke und, wenn wir schon mal da sind, auch darüber hinaus.
Allerdings kann man nicht ewig über Wasser laufen. Ein paar handfeste Begründungen dafür, dass der DAX auf den aktuellen Rekordlevel gehört und weiter steigen sollte, wären da schon nicht verkehrt, immerhin trägt das Momentum einer Rallye alleine nicht auf Dauer. Und da wird es durchaus ein bisschen eng.
Expertenmeinung: Bullische Trader könnten die starken Reaktionen auf die Bilanzdaten von Merck und Sartorius als Argument anführen, indem sie erklären: Wenn schon Ergebnisse, die nur wie erwartet ausfallen, derartige Kurssprünge auslösen, ist die Erwartungshaltung des Marktes offenbar gering … das bietet also Luft nach oben. So ist es aber gar nicht. Die Erwartungshaltung in den Aktien, die zu den Losern des bisherigen Jahres gehören, ist in der Tat gering. Aber bei den Dauerläufern des DAX, den Aktien also, die für dessen Rekordfahrt verantwortlich sind, ist sie gewaltig … und eingepreist. Deswegen steht der DAX ja auch, wo er steht. Wären die Erwartungen an die Unternehmensgewinne niedrig, wäre er nicht auf Rekordjagd.
Aber die Zinsen! Ja, die Zinsen. Das erinnert mich aktuell sehr an die Zeit zwischen Oktober 2014 und März 2015. Die Eurokrise hatte man mit niedrigen Zinsen und billigem Geld irgendwie überpinseln können, aber ein taugliches, organisches Wachstum brachte die Eurozone einfach nicht zuwege. Da begann die EZB anzudeuten, dass man die Sache durch vermehrtes Kaufen von Eurozone-Staatsanleihen zum Ziel des Drückens der Refinanzierungskosten anschieben könnte … was man dann Anfang 2015 umsetzte. Die Anleger dachten ernsthaft, dass das Wunder bewirken würde, obwohl die Logik dagegen sprach. Der Effekt: Sechs Monate lang stieg der DAX wie auf Schienen … und kaum hatte die EZB gehandelt, wurde klar, dass der Booster-Effekt nicht kommen würde. Der DAX drehte ab und fiel. Ein Jahr später war von dieser EZB-induzierten Hausse so gut wie nichts mehr übrig.
Dinge wiederholen sich, wenn zu viele zu schnell vergessen, womit sie zuvor schon auf der Nase landeten. Oder aber denken, dass etwas, das einmal nicht funktioniert, nur ein weiteres Mal probiert werden muss, dann wird es schon klappen.
Der Gedanke, dass erste Leitzinssenkungen Deutschland aus dem Wachstumsloch holen könnten, ist ebenso schwach unterfüttert wie der, dass die Konsumenten in China jetzt als Reaktion auf einen Korb wenig strukturiert wirkender Maßnahmen die Läden stürmen werden. Beginnen die Zinsen zu sinken, werden immer mehr Unternehmen und Verbraucher auf noch niedrigere Zinsen warten, weil sie, gerade weil der Prozess jetzt begonnen hat, damit rechnen können, dass Kredite in Kürze noch billiger werden. Dadurch bremsen diese ersten Schritte das Wachstum erst einmal. Erst, wenn die EZB andeutet, dass jetzt ein Boden beim Zins erreicht wäre, kommt Schwung in die Sache. Falls, und das gilt auch für China, genug Unternehmen und Konsumenten das nötige Vertrauen in Lage und Perspektiven haben, um eine Fremdfinanzierung zu riskieren.
Da sind viele „Wenns“ im Spiel, heute wie damals, 2015. Genug, um diese Supportzone 18.780/19.000 im Auge zu behalten, denn neues Hoch hin oder her, außer Reichweite ist dieser so wichtige Unterstützungsbereich beileibe noch nicht!
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