Wie es in Bezug auf die Ukraine weitergeht, ist für den deutschen Aktienmarkt von großer Bedeutung. Die Uhr tickt für die von Donald Trump auf den 2. April terminierten Zölle. Und mit dem Schuldenpaket läuft es nicht so rund wie gedacht. Aber der DAX hält. Wie kann das sein?

Momentan weiß man als Anleger schon gar nicht mehr, wohin man zuerst schauen müsste. Es passiert viel gleichzeitig. Zu viel. Das führt bei nicht wenigen zu einem bemerkenswerten Phänomen, das man bei Menschen, die unter immensem Druck stehen, in allen Lebenslagen beobachtet: Man schaltet die Risiken einfach ab. Je größer diese sind, desto mehr tut man, als wäre alles bestens. Bildlich gesprochen droht die Titanic zu sinken, aber da die Kapelle weiterspielt, wagt man einfach ein Tänzchen. Und das soll am Aktienmarkt denkbar sein?
Durchaus, schließlich machen Menschen die Kurse, keine Roboter. Emotionen bestimmen oft die Trends. Und das Ignorieren von Risiken, weil man sonst fürchtet, die Kontrolle zu verlieren, ist eine davon. Sicher, man könnte auch einfach aussteigen. Aber dann wäre da ja noch diese nicht gerade risikolose Kombination aus Hoffnung und Gier, die einem einflüstert, dass es schon irgendwie gutgehen werde. Zumal man da in Bezug auf den DAX einen Strohhalm hat:
Das Schuldenpaket. Dreistellige Milliardenbeträge für Infrastruktur, dreistellige Milliardenbeträge für Verteidigung und das Auflösen der strikten Vorlagen für die Neuverschuldung, gerne auch auf kommunaler Ebene: Das verheißt Aufträge en masse für DAX-Unternehmen wie Siemens, Heidelberg Materials, Siemens Energy oder Rheinmetall. Und es verheißt viele Gewinne für die Banken.
Dass die Sache noch nicht in trockenen Tüchern ist, ist zwar ein kleiner Malus. Aber wer gerade dabei ist, die Bettdecke über den Kopf zu ziehen, kann und will darüber nicht nachsinnen. Erst recht nicht, wenn man zugleich beflissen dafür sorgen muss, nicht aus Versehen auf die US-Indizes zu schauen, die längst Richtung Keller abgebogen sind. Täte man es, müsste man sich fragen: Welche Wirtschaft ist doch gleich die stärkere? Also tut man es nicht. Darf man daraus schlussfolgern, dass der DAX „unfallbar“ ist, solange sich genug Anleger so verhalten?
Expertenmeinung: Nein. Oder besser: Man kann schon, aber man sollte es besser nicht tun. Denn die Trends werden nicht nur von sich emotional selbst korrumpierenden Privatanlegern gemacht. Da sind auch große, internationale Investoren und die emotionslosen, computergesteuerten Handelsprogramme. Zwar hat der DAX bislang davon profitiert, dass einige internationale Investoren glauben, dass Kapital, das man aus den USA abzieht, in Europa und da gerne im DAX besser aufgehoben sei. Aber wenn in Bezug auf die Ukraine neue Irritationen entstehen, wenn das Schuldenpaket aufgeweicht werden muss und wenn Donald Trumps Zoll-Runde für Europa nicht hurtig abgewendet wird, kann sich diese rosige Sicht auf die Perspektiven der deutschen Blue Chips hurtig ändern.

Oder, wenn das Chartbild nahelegt, dass man hier, im DAX, vielleicht doch besser die Beine in die Hand nimmt. Und so, wie sich der DAX-Chart auf Tagesbasis darstellt, ist er eben keineswegs so stabil, wie es viele gerne sehen würden. Denn die Zone, die nicht fallen darf, ist nicht nur mittlerweile ziemlich gut definierbar. Sie ist auch nahe. Und Hedgefonds „können auch short“, wenn sie den Eindruck bekommen, mit einer gezielten Attacke viel erreichen zu können.
Fällt die Unterstützungszone bei 22.193 zu 22.226 Punkten, wäre für das Bären-Lager viel erreicht. Dann hätte der DAX eine nach rechts offene, am oberen Schenkel ansteigende Dreiecksformation nach unten verlassen und hätte dann erst bei 21.082 die nächste, aber nur eher fragile Unterstützungszone vor sich, massiver würde es erst um 20.523 Zähler.
Nun wäre es natürlich möglich, dass ein Bruch der Zone 22.193/22.226 Punkte durch beherzte Gegenwehr zu einer Bärenfalle wird. Aber wenn man sich überlegt, dass viele dieser internationalen Akteure, die den DAX seit Herbst 2024 übergewichten, jetzt einen sehr teuer bewerteten DAX, dafür aber eine billiger gewordene Wall Street vor sich sehen und einiges an Gewinnen hätten, die sie im Fall einer Umschichtung retour Richtung US-Börsen mitnehmen könnten, würde ich darauf, dass diese Supportzone dauerhaft standhält, eher nicht wetten wollen.
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