Es sind die besonderen Ereignisse, die einem als Investor im Gedächtnis bleiben. Diese Momente, in denen plötzlich alles anders zu sein scheint, in dem das Unerwartete das Geschehen bestimmt und man nur noch staunen kann. Extreme Kursbewegungen, teilweise aus sich heraus entstanden, oft auch durch externe Ereignisse verursacht, hinterlassen Spuren.
Manche Menschen schreckt es ab, wenn die Märkte in solchen Augenblicken beweisen, dass nie etwas absolut sicher sein kann. Doch die große Mehrheit der Investoren bleibt am Ball, gestärkt durch Erfahrungen, die man aus solchen Phasen mitnimmt und der Disziplin, die sie auslösen. Denn wer zuvor zu leichtfertig agierte wusste nach diesen Momenten:
Egal, ob man nun Long oder Short ist, es gilt, nie größere Positionen zu halten, als die eigenen Nerven es zulassen und nichts ohne Absicherung, sprich ohne Stoppkurse, zu tun.
Die dramatischsten Börsenereignisse
Wir zeigen Ihnen hier fünf Phasen an den Aktienmärkten, die wohl niemand je vergessen wird, der als Investor dabei war … und aus denen man damals wie heute immer noch Lehren für die Zukunft ziehen kann.
1987: Und plötzlich brach der Boden weg
Unter einem Crash versteht man strenggenommen nur eine Situation, in der eine Aktie oder ein Index binnen eines Tages mehr als zehn Prozent fällt. Das ist selten und das Wort schön plakativ, so dass man heute leichtfertig bereits von einem „Crash“ spricht, wenn es zu Abschlägen von nur fünf oder sechs Prozent kommt. Diese Inflationierung des Begriffs entsteht immer dann, wenn sich nahezu alle Anleger in trügerischer Sicherheit wiegen. Doch gerade dann wird es gefährlich. Denn selten entsteht ein Crash aus einem greifbaren, einschneidenden Ereignis heraus. In der Regel ist er das Ergebnis einer Kettenreaktion, bei der immer mehr völlig überrumpelte Investoren immer mehr und schneller verkaufen, gerade weil sie sich nicht erklären können, was plötzlich los ist und fürchten, irgendwer wisse da mehr als sie selbst. So geschehen im Oktober 1987.
Unser Chart zeigt den Dow Jones-Index, der damals zu den am brutalsten getroffenen Indizes zählte. Ich erinnere mich, selbst damals noch im Studium der Betriebswirtschaftslehre, wie man in den Nachrichten verzweifelt nach Gründen suchte, weil man dachte, dass dergleichen doch irgendeine berichtbare Ursache haben müsse. Man war zu lange vom Crash des Jahres 1929 entfernt um noch zu wissen, dass es alleine ein zu hohes Maß an Leichtsinn sein kann, das die Ursache stellt. Und die Börse war zuvor so sehr gestiegen, dass zu viele dachten, so werde es immer weitergehen. Zwischen Oktober 1986 und August 1987 war der Dow Jones von 1.750 auf 2.750 Punkte gestiegen.
Ist das erst einmal der Fall, kann es ausreichen, dass zu große Gewinnmitnahmen auf zu geringe Kaufbereitschaft treffen, um eine Lawine auszulösen. Wobei dieser Chart des Dow Jones eines klar zeigt: Da lag zuvor ein auffälliges tieferes Hoch vor, eine markante Unterstützung war gebrochen: Aufmerksame Anleger hätten diesen Crash also wenn, dann auf der profitablen Short-Seite mitgemacht. Die Bilanz dieses bitteren Oktobers 1987:
Der Dow Jones verlor alleine am 19. Oktober 1987 22,6 Prozent. Vom letzten Zwischenhoch am 2. Oktober aus gerechnet brach der Index bis zum Verlaufstief des 20. Oktober um in der Spitze 39,4 Prozent in nur 13 Handelstagen ein.
1999/2000: Von wegen neue Zeiten!
Das Internet und die Mobiltelefonie, ebenso die Biotechnologie, das waren zur Jahrtausendwende wirklich revolutionäre Entwicklungen, keine Frage. Und es ist unstrittig, dass diese Veränderungen unser aller Leben markant beeinflusst haben. Aber es erwies sich als fataler Irrtum zu glauben, dass dies reichen würde, um zugleich die Schwerkraft an der Börse aufheben und ab jetzt jedermann spielend reich werden könnte und alte Bewertungskriterien wie das Kurs/Gewinn-Verhältnis nicht mehr gelten.
Im Zuge der im Nachhinein als „Dot.Com-Blase“ bekannt gewordenen Phase schossen vor allem Technologieaktien durch die Decke. Klassische Aktien wollte niemand mehr haben, deren gute Dividendenrenditen waren den Anlegern zu langweilig. Man stürzte sich vor allem auf IPOs, d.h. neu an die Börse kommende Aktien. Viele dieser Unternehmen gibt es heute längst nicht mehr. Bewertungen waren irrelevant, alleine die Phantasie, was diese Firmen bald alles verdienen würden, waren Basis irrwitziger Übertreibungen. Und immer dann, wenn die Kurse nach oben außer Rand und Band geraten, sind es die Emotionen, die leichtsinnig machen und da natürlich vor allem die Gier.
Unser Chart zeigt den US-Hexenkessel des damaligen Treibens, den technologielastigen Nasdaq 100. Bei uns war es der Neue Markt, der vergleichbare Kursgewinne verzeichnete – und ebenso endete, als die Blase platzte. Sie sehen, dass sich der Nasdaq 100 zwischen Oktober 1999 und März 2000 glattweg verdoppelte … und dann schlagartig heftig einbrach.
Wie schon beim Beispiel des Crashs 1987 gab es dafür keinen unmittelbaren Auslöser. Es war eine Kombination aus vorheriger Sorglosigkeit, die dem jähen Blick auf die unangenehme Realität plötzlich fallender Kurse wich und eine Übersättigung des Marktes, in den fast jeder, der irgendwie konnte, eingestiegen war und niemand die Hand aufhielt, als in luftiger Höhe auf einmal erste größere Gewinnmitnahmen auf die Kurse drückten. Und wieder bestätigt sich an diesem Beispiel: Gerade dann, wenn nahezu alle sicher sind, dass es nur immer weiter aufwärts gehen kann, ist die Wende nahe.
11. September 2001: Wenn das Grauen die Börsen erreicht
Es war kurz nach 15 Uhr unserer Zeit und damit unmittelbar vor der Eröffnung des regulären US-Handels, als das erste Flugzeug in die Twin Towers in New York raste. Im ersten Moment wusste niemand, was wirklich passiert war. Es dauerte etwa anderthalb bis zwei Stunden bis durch die weiteren Attacken deutlich wurde, dass es sich um Terroranschläge einer bislang ungeahnten Dimension und Bösartigkeit handelte. Dieser 11. September 2001 war ein Dienstag. Die US-Börsen konnten nicht eröffnen, niemand wusste, wie es weitergehen würde. Doch am Montag darauf wurde der US-Handel wieder begonnen. Eine Woche lang fiel der Dow Jones weiter. Aber dann drehte der Index und stieg bis zum Jahresende. Nicht, weil die Gesamtsituation das unterstützt hätte. Die Anleger wollten zeigen, dass man sich nicht unterkriegen lässt. Und das ist gelungen.
Die eigentliche Aufwärtswende kam indes erst Anfang 2003, denn diese Anschläge des 11. September trafen die Aktienmärkte in einer ohnehin bereits in vollem Gang befindlichen Baisse, ausgelöst vor allem durch das vorstehend beschriebene Platzen der „Dot.Com-Blase“ im März 2000, das die Konjunktur in den USA ebenso wie in Europa in die Rezession riss.
Unser Chart zu diesem Ereignis zeigt aber nicht den Dow Jones, sondern den DAX. Denn dort wurde weitergehandelt. Sie sehen, dass die Kurse bereits im Vorfeld scharf gefallen waren. Zwischen Anfang August und Ende September verlor der DAX in der Spitze um die 40 Prozent. Alleine an diesem 11. September brach der deutsche Leitindex um 8,5 Prozent ein. Aber es gelang, den Handel trotz großer technischer Probleme aufrechtzuerhalten – an diesem Tag des Grauens ebenso wie an den Folgetagen. Dieses auch heute noch nachwirkende Ereignis zeigt, ähnlich übrigens wie die Reaktionen auf die Fukushima-Katastrophe, dass man immer damit rechnen muss, dass ein sicher und stabil wirkendes Szenario binnen Minuten auf den Kopf gestellt wird.
6. Mai 2010: 1.000 Punkte in wenigen Minuten
Es war der 6. Mai 2010, ein Donnerstag. Kurz nach 14 Uhr US-Ostküstenzeit, für uns in Deutschland kurz nach 20 Uhr, brach plötzlich der Dow Jones und mit ihm alle anderen großen US-Indizes ein. Zuerst dachte man, es sei erneut etwas wie der 11. September 2001 geschehen. Aber die Nachrichtenlage gab nichts her, so sehr man auch suchte. Es schien, als würden die Kurse „einfach so“ einbrechen. Und so ganz weit weg von den Tatsachen war man mit diesem Eindruck auch gar nicht.
Die US-Aktienmärkte hatten schon am Dienstag und Mittwoch deutlich an Boden verloren und begannen, in der zweiten Sitzungshälfte erneut deutlich abzurutschen. Und dann brach der Dow plötzlich in ca. 20 Minuten von 10.600 auf knapp unter 9.900 Punkte ein, um sich dann aber binnen weiterer 15 Minuten in den Beriech um 10.500 Punkte zu erholen. In der verbleibenden letzten Handelsstunde schwankte der Index zwar weiterhin kräftig, hielt aber dann sein Niveau. Aber was war da passiert? In der Spitze hatte das Minus gegenüber dem Vortag sagenhafte 1.007 Punkte betragen! Einfach so?
Im Nachhinein, Jahre später, fand man einen Sündenbock der zugab, über das Handelsinstrument Futures gezielt einen Kurseinbruch provoziert zu haben. Ob das die Wahrheit ist, man kann es glauben oder auch nicht. Klar war eines: Das war eine noch glimpflich abgelaufene Warnung, dass computergesteuerte Handelsprogramme, die damals erst am Anfang ihres den Handel sukzessive dominierenden Weges standen, nicht nur ein Segen sein können.
Als diese computergesteuerten Systeme ein bärisch werdendes Intraday-Szenario erkannten, gingen die Programme allesamt Short – so, wie es ja eigentlich auch sein sollte. Doch es entstand ein derartiger Verkaufsdruck, dass er nicht aufgefangen werden konnte. Denn kein System war Long und die Short-Positionen wurden einfach unlimitiert aufgebaut. Heute sollen Aussetzungen des Handels ab einer bestimmten Größenordnung im Plus oder Minus wie „Wellenbrecher“ fungieren. Ob die Systeme danach aber einfach weitermachen, ob solche „Sicherungen“ der Börsenbetreiber wirklich wasserdicht sind, wird erst ein erneutes, ähnliches Szenario zeigen. Wirklich ruhig ging es, das zeigt der Chart, auch in den Wochen danach nicht zu … und unruhige Phasen wird es immer geben. Ohne Absicherung zu agieren ist, auch dieses Beispiel zeigt es, in keiner Situation zu empfehlen!
Immer höher, immer weiter: Die EZB-Hausse
Auch unser letztes Beispiel dramatischer Kursbewegungen unterstreicht, dass Marktteilnehmer nie dagegen gefeit sind, bestehende Regeln ebenso wie die Vernunft einfach über Bord zu werfen und an „neue Zeiten“ zu glauben, in denen die Kurse nur noch steigen können. Letztlich ist die sogenannte Trump-Rallye seit November 2016, über die gerade in Europa viele Investoren den Kopf schütteln, ein vergleichbares Beispiel jüngeren Datums. Aber man sollte nicht allzu sehr die US-Anleger belächeln: Es ist noch gar nicht so lange her, da ging es bei uns am europäischen Aktienmarkt genauso zu. Natürlich mit der nie ausbleibenden, kalten Dusche am Schluss.
Mitte Oktober hatte der DAX zwei Abwärtsschübe hinter sich. Nicht dramatisch, aber doch unangenehm. Man fürchtete, das Wachstum würde versiegen, zumal China nicht mehr so zulegte wie erhofft und die Maßnahmen der EZB nicht recht funktionieren wollten. Gerade nahm der DAX so richtig Fahrt nach unten auf, da dachte EZB-Präsident Draghi auf einmal laut darüber nach, dass man die EZB-Aktivitäten am europäischen Anleihemarkt eventuell auch auf Staatsanleihen ausweiten könnte.
Das elektrisierte die Anleger. Der DAX begann zügig zu steigen … und stieg immer weiter. Die dahinter stehende Überlegung wirkte logisch: Eine Intensivierung der Anleihekäufe durch die Notenbank wird die Zinsen noch weiter, tief in negatives Rendite-Terrain, drücken. Dadurch würde jeder, der Anleihen kauft, Geld verlieren statt Zinsrendite zu bekommen, so dass das Geld jetzt noch intensiver als zuvor an den dadurch alternativlosen Aktienmarkt strömen würde. Das Ergebnis:
Binnen sechs Monaten legte der DAX in der Spitze sagenhafte 48 Prozent zu und erreichte am 10. April 2015 seinen bisherigen Rekordstand von 12.391 Punkten. Was auch darauf basierte, dass die EZB sich Zeit ließ. Im Oktober wurde laut gedacht, im Januar beschlossen und erst im März 2015 wirklich mit den Staatsanleihekäufen begonnen. Die ganze Zeit über wurde vorgekauft und die Aktienindizes stiegen. Doch nur einen Monat später, im April, kippte der DAX. Zunächst nur, weil von vielen Investoren die Ernte dieser im Oktober gesäten Rallye eingefahren wurde. Dann aber ging es bis Februar 2016 weiter abwärts. Nicht zuletzt, weil die Überlegungen der Anleger ein mögliches Risiko ausgeblendet hatten:
Was, wenn diese zusätzlichen Maßnahmen der EZB zwar die Zinsen drücken, aber weder Inflation noch Wachstum befeuern? Aber genau das passierte … und der DAX verlor bis Februar 2016 nahezu alles, was er im Vorfeld der überzogenen Erwartungen zugelegt hatte.
Fazit
Nur, weil alle daran glauben, muss etwas noch lange nicht funktionieren und/oder von Dauer sein. Immer wieder in der Geschichte kam es zu heftigen Rallyes und meist noch heftigeren Abwärtsimpulsen. Wobei man ebenso oft konstatieren muss: Wer sich als Trader nicht auf das schmale Brett des Bauchgefühls oder einer starren Meinung begibt, sondern aufmerksam entsprechend charttechnischer Signale und mit vernünftigen Absicherungen agiert, hätte, vom „Flash Crash“ mal abgesehen, in solchen dramatischen Situationen auf beiden Seiten seinen Gewinn erzielt!
Und eines ist ebenfalls sicher. Die derzeitige Hausse an den Börsen wird früher oder später auch ihr Ende finden, nur das Wie steht noch nicht fest.
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Offenlegung gemäß § 34b WpHG zwecks möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den im Artikel erwähnten bzw. als Beispiele gezeigten Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.
Hinweis: Charts mit MarketMaker erstellt