Rezessionen sind das Schreckgespenst eines jeden Investors. Steigende Arbeitslosigkeit, rückläufiger Konsum, schrumpfende Wirtschaftsleistung. Die Gewinne der Unternehmen beginnen zu fallen, Dividenden werden gekürzt, der Aktienmarkt geht in den Sinkflug über. Es wäre daher außerordentlich hilfreich, wenn man zeitgerecht vorher wüsste, ob ein solch unerfreuliches Szenario vor der Tür steht.
Scheinbar ist das unmöglich, wenn man der Politik und den Notenbanken Glauben schenkt. Denn dort wird regelmäßig erst dann das „R-Wort“ in den Mund genommen, wenn die Wirtschaftsleistung längst schrumpft, das Kind somit bereits im Brunnen liegt. Aber es ist keineswegs unmöglich! Es gibt eine ganze Reihe typischer Vorboten einer Rezession. Man muss nur wissen, wohin es da zu schauen gilt. Dieser Artikel gibt ihnen da einige Tipps an die Hand.
Was ist eine Rezession und was sind ihre typischen Merkmale?
Eine Rezession ist die Phase eines abgeschwächten Wirtschaftswachstums. Von einer Rezession spricht man, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen im Vergleich zu den Vorperioden ein Abschwung der Wirtschaft erkennbar wird oder die Wirtschaft stagniert. Typische Merkmale einer Rezession sind unter anderem:
- Ein Nachfragerückgang
- sinkende Kurse an der Börse
- pessimistische Prognosen für die Wirtschaft
- sinkende beziehungsweise stagnierende Löhne
- ein Rückgang der Investitionsbereitschaft
- zunehmende Zahl an Konkursen
Steigert sich der Abschwung der Rezession weiter oder kommt es zu einer anhaltenden Stagnation, folgt die Phase der Depression.
Rezession – Gibt es rechtzeitige Warnungen der Politik und der Notenbanken vor einer Rezession? Wunschdenken!
Dass Politik und Notenbanken, meist auch das Gros der Finanzindustrie, bis zum allerletzten Moment die feste Überzeugung kommunizieren, dass eine Rezession, wenn nicht ausgeschlossen, so doch sehr, sehr unwahrscheinlich sei, ist der Natur der Sache geschuldet. Immerhin wäre eben diese Klientel Schuld, wenn die Wirtschaft kippt. Und auch dort sind die Verantwortlichen Menschen, die ebenso wie viele von uns den Drang haben, unangenehme Wahrheiten zu verdrängen. Wer unangenehme, aber für den Erhalt des Wachstums dringend nötige Reformen vermeidet, weil die beim Wähler nicht gut ankommen und daher die eigene Wiederwahl gefährden würden, muss ja fast schon so tun, als sei alles bestens, um nicht noch unglaubwürdiger zu werden.
Viele von Ihnen werden sich an die Jahre 2007/2008 erinnern: Wir wurden nahezu überschüttet mit Aussagen, dass das kleine Problem am US-Immobilienmarkt die US-Gesamtwirtschaft nicht tangieren werde. Und die Weltwirtschaft insgesamt schon gar nicht. Natürlich ließen sich viele damit beruhigen, denn niemand „wollte“ eine Rezession und eine damit verbundene Baisse am Aktienmarkt. Aber wenn Anleger sich dem Wunschdenken hingeben, indem sie das Wunschdenken der Notenbanken und der Politik vertrauensselig übernehmen, verhindert das einmal nicht, dass die Realität dennoch zu ihrem Recht kommt. So auch damals, vor zehn Jahren. Sehen Sie sich dazu den folgenden Chart an:
Aus dem angeblich geringen Rezessionsrisiko wurde ein wirtschaftlicher Einbruch, der sogar den zu Anfang der 90er Jahre übertraf und nur durch extreme Maßnahmen der Notenbanken gestoppt werden konnte. Hätte man damals die Zeichen erkannt, die auf diese Gefahr hinwiesen und den Mut gehabt, rechtzeitig und entschlossen zu handeln, wäre all das deutlich glimpflicher abgelaufen. Wobei man damals vor allem diese „Subprime-Manie“ und die zügellose Kreditvergabe hätte angehen müssen. Doch die Politik traute sich nicht an die mächtige Finanzindustrie heran. Das Ergebnis zeigt der vorstehende Chart.
Rezession -Die Ursachen variieren, aber Warnsignale sind immer dieselben
Heute ist es zwar teilweise auch die Finanzindustrie, die ein Risiko ausmacht. Aber vor allem sind es diesmal die gerade in der Eurozone zum Leichtsinn verlockenden niedrigen Zinsen, die in ihren Grundfesten wankende EU nebst dem BrExit-Problem und die unberechenbare, die Weltwirtschaft sehr belastende US-Politik, die man als wichtigste Risikofaktoren sehen muss. Aber heißt das, man könnte die Gefahrenzeichen heute nicht mit denen damals, 2007/2008 vergleichen? Das heißt es nicht, denn:
Die Signale, die auf eine größere und länger anhaltende Schwäche der Wirtschaft hindeuten, sind immer dieselben. Was die Schwäche verursacht, kann dabei ganz unterschiedlich sein, die Folgen sind dennoch gleich: Man muss mit einer Baisse rechnen, sollte sich entsprechend absichern und, sofern man ein aktiver Trader ist, die Fronten wechseln und Short gehen. Für Sie als Anleger ist nur entscheidend, die richtigen Zeichen herauszufiltern. Was dahingehend nichts taugt, sind genau die Bereiche, die vorgenannte Klientel regelmäßig als Beleg hernimmt, dass angeblich keine Gefahr besteht. Und das sind zwei Zahlen:
Vorsicht: Nicht die falschen Daten betrachten!
Lauf Definition läge dann eine Rezession vor, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP oder englisch GDP) einer Volkswirtschaft zwei aufeinander folgende Quartale negativ ist. Davon abgesehen, dass das Unfug ist, weil wir genauso eine Rezession hätten, wenn das BIP z.B. in den vier Quartalen eines Jahres -1,0, +0,1, -0,8 und wieder +0,1 Prozent betragen würde, einfach, weil die Wirtschaftsleitung trotz der kurzen „Atempausen“ dazwischen erheblich sinkt, haben diese BIP-Daten einen entscheidenden Nachteil:
Sie kommen viel zu spät! So kommt selbst die erste Berechnung des deutschen BIP des vierten Quartals 2018 erst am 14. Februar 2019. Also anderthalb Monate, nachdem dieses Quartal vorüber ist. Da ist sogar das laufende Quartal schon zur Hälfte vorbei.
Hinzu kommt, dass die Definition einer zwei Quartale währenden Schrumpfung des BIP zwar rein vom Lehrbuch her eine Rezession definiert. Aber wenn es, wie z.B. im vorstehenden Chart in den Jahren 2000/2001 und 2008 der Fall, mehrere Quartale zu einem starken Rückgang des Wachstums, ausgehend von hohem Niveau, kommt, reicht das ja schon, um die Unternehmensgewinne und in deren Folge die Aktien deutlich unter Druck zu setzen. Wer da gewartet hätte, bis zwei negative Quartale im BIP auf dem Tisch liegen, hätte verkauft, als das Gros der Baisse am Aktienmarkt bereits vorbei war.
Auch die immer wieder als Gegenargument einer Rezessionsgefahr ins Feld geführten Arbeitslosenraten taugen nicht als Indikation. Der nächste Chart zeigt: Die reagieren noch weitaus langsamer. Warum?
Weil sie sogenannte „lagging indicators“ sind, zurückblickende Indikatoren. Man muss sich das nur mal überlegen: Wenn die Auftragslage schlechter wird, entlassen Unternehmen ihre Mitarbeiter ja nicht gleich beim ersten kalten Windzug. Immerhin ist das Entlassen und Wiedereinstellen ein Prozess, der sich über Monate hinzieht. Und man läuft immer Gefahr, seine Mitarbeiter nicht wiederzubekommen, offene Stellen nicht besetzen zu können, wenn man mit der Freistellung zu voreilig war. Hinzu kommen rechtliche Probleme: Es muss schon recht ungut aussehen, bevor man Personal in größerem Umfang entlassen könnte. Daher hinken die Arbeitsmarktdaten der tatsächlichen Entwicklung immer drei bis sechs Monate hinterher.
Daher taugen sie als Indikation einer Rezession nichts, im Gegenteil: Sie liefern in der Anfangsphase ein irreführend positives Bild und werden gerade deswegen gerne als Argument genommen, dass die Lage bestens sei. Vorsicht also vor solchen zurückblickenden und damit beschönigenden Daten. Aber was taugt denn nun als Vorab-Indikation einer Rezession? Vier Bereiche bieten sich da an:
Die Einkaufsmanager hören das Gras wachsen
Sehr wichtig als frühe Indikation für eine herannahende Rezession sind die Einkaufsmanagerindizes. Die Einkaufsmanager der Unternehmen erkennen an der Zunahme bzw. am Rückgang der Bestellmengen als erste, wie sich die Lage im Unternehmen ganz aktuell entwickelt. Wenn sich in diesen Indizes eine Toppbildung etabliert, wird es Zeit, genau hinzusehen. Grundsätzlich würden diese Indizes erst dann bärisch, wenn die Marke von 50 unterboten würde, denn dann wäre die Zahl der Einkaufsmanager, die mit Blick auf die kommenden Monate einen Rückgang erwarten größer als die Zahl derer, die von weiterem Wachstum im eigenen Unternehmen ausgehen. Aber bei Werten unter 50 ist die Lage meist schon sehr negativ, daher sollte man hier bereits im Fall eines auffälligeren Abwärts-Schwenks hellhörig werden.
Übrigens sind auch Daten zum Auftragseingang in der Industrie interessante Indikatoren, nur werden die immer mit bis zu zwei Monaten Zeitverzug veröffentlicht, während die Einkaufsmanagerindizes die Statements aus den letzten zwei, drei Wochen beinhalten und daher weit aktueller sind. Und mit den Indikatoren so nahe wie möglich am aktuellen Stand der Dinge zu sein, ist entscheidend, um zeitgerecht reagieren zu können.
ZEW und ifo-Index: Der direkte Blick auf die Lage
Sehr aktuell und zugleich aussagekräftig sind hierzulande der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen und der ifo-Geschäftsklimaindex.
Der ZEW-Index bildet die konjunkturellen Erwartungen von zahlreichen vom ZEW-Institut monatlich befragten Experten aus der Finanzindustrie ab. Levels unter null bedeuten, dass man mehrheitlich von einer Abwärtsbewegung der Wirtschaft ausgeht. Was nicht zwingend in eine Rezession führen muss, aber es ist ein markantes Warnsignal. Bereits kräftige Schwenks nach unten sind hier ein guter Grund, um vorsichtig zu werden!
Für den ifo-Geschäftsklimaindex werden um die 7.000 deutsche Unternehmen nach ihrer Einschätzung der aktuellen Lage einerseits und der Entwicklung in den kommenden Monaten andererseits befragt. Der Mittelwert aus beiden Befragungen ist der hier abgebildete, monatlich veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex. Hier gilt die Regel, dass drei Monate nacheinander fallende Werte bereits eine spürbare Verschlechterung der Lage in den deutschen Unternehmen bedeutet. Aber hier sollte man auch im Vorfeld auf „verdächtige“ Toppbildungen achten, die sich nach unten auflösen.
Bedeutsam sind diese beiden Indizes aus zwei Gründen: Zum einen werden hier Personen befragt, die hautnah am Geschehen sind. Zum anderen laufen die Antworten auf die Umfragen in einem Zeitraum von nur wenigen Wochen ein und spiegeln daher ein weitaus aktuelleres Bild wieder als Konjunkturdaten zu Industrieproduktion, Arbeitsmarkt oder BIP, die, wie eingangs erwähnt, bereits „uralt“ sind, wenn sie auf den Tisch kommen.
Was die Verbraucher indizieren
Auch das Verhalten und die Stimmungslage der Verbraucher liefert eine interessante Indikation, kann oft ein Warnhinweis sein, während man in den Medien noch ewiges Wachstum feiert und jedwede Gefahren vom Tisch wischt.
So fällt in der langjährigen Betrachtung auf, dass das US-Verbrauchervertrauen sehr engmaschig zum US-Aktienmarkt läuft. Wenn sich die Stimmung der US-Konsumenten über mehrere Monate hinweg eintrübt, ist Vorsicht angezeigt. Was auch nachvollziehbar ist. Immerhin ist der Konsum das Rückgrat der Wirtschaft. Ein Rückgang des Konsums würde also relativ schnell auf die Gewinne der Unternehmen drücken. Aber auch die sogenannte „Sparquote“ ist immer mal wieder einen Blick wert, hier haben wir im Folgenden die Sparquote in Deutschland abgebildet, wozu es vierteljährlich Daten gibt:
Wenn die Verbraucher beginnen, sukzessiv mehr Geld auf die Seite zu legen, zeugt das von Misstrauen gegenüber den Wachstumsperspektiven oder der Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes. Oft hat man als Anleger nicht den unmittelbaren Blick dafür, wie die Bürger insgesamt die Lage sehen, obwohl gerade das ja entscheidend dafür ist, ob das Wachstum vorhält oder aber versiegt, weil die Verbraucher auf die Konsumbremse treten. Mit der Sparquote erhält man da einen hoch interessanten Einblick.
Achten Sie auf die Anleiherenditen!
Der vierte Bereich, der als wichtige Vorab-Indikation einer Rezession dienen kann, sind die Renditen der Staatsanleihen. Fallende Renditen bedeuten steigende Anleihekurse. Steigt der Kurs, fällt die Rendite, sprich die effektive, auf den Kurs gerechnete Verzinsung der Anleihe. Das deutet auf eine steigende Nachfrage hin. Was wiederum heißt: Es fließt mehr Geld in den Anleihemarkt als zuvor.
Das geschieht entweder, weil die Investoren bereits mit fallenden Unternehmensgewinnen rechnen und deshalb Geld vom Aktienmarkt in Richtung der Anleihen umschichten. Und/oder weil man mit sinkenden Leitzinsen rechnet, die das Renditeniveau drücken. Und wenn Notenbanken die Leitzinsen senken, dann nur, weil sie die Konjunktur stützen müssen, da das Wachstum wegzubrechen droht. Was indes auch gelingen kann, d.h. es kann durchaus sein, dass eine Rezession dadurch verhindert wird. Aber:
Es ist, ebenso wie die anderen drei Bereiche, eine Indikation für ein steigendes Rezessionsrisiko. Wenn die Anleiherenditen, so, wie in diesen beiden Charts für die deutschen Anleiherenditen oben oder nachfolgend für die US-Staatsanleihen, Toppbildungen vollenden, ist auch das ein Hinweis, dass es beim Wachstum in Kürze zu unangenehmen Überraschungen kommen könnte.
Auch am Anleihemarkt hört man, wie man es den Einkaufsmanagern nachsagt, das Gras wachsen, während viele Akteure am Aktienmarkt weitaus weniger sensibel auf aufkommende Warnsignale reagieren.
Fazit: Das Gesamtbild ist entscheidend!
Sie sehen: Es finden sich recht viele Vorab-Indikatoren für eine drohende Rezession, man muss nur wissen, wo es hinzuschauen gilt. Keiner dieser Indikatoren bietet eine absolute Sicherheit, dass eine Volkswirtschaft in die Rezession abgleiten wird und in deren Schlepptau eine Baisse am Aktienmarkt ansteht. Aber wenn alle Indikatoren entsprechende Warnsignale generieren, sollte man zumindest äußerst vorsichtig werden, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man als Trader in den kommenden Monaten, womöglich sogar Jahren, die größeren Gewinne auf der Short-Seite erzielen wird, deutlich gestiegen!
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