Was ist Vertiv denn nun? KI-Gewinner oder Zoll-Verlierer? Quartalszahlen und Ausblick lassen aufhorchen.
Eine Achterbahn ist ein Witz dagegen
Die Volatilität bei Vertiv ist atemberaubend. Innerhalb von wenigen Monaten hat sich der Kurs mehr als verzehnfacht, ist dann um nahezu die Hälfte eingebrochen, nur um anschließend von 62 auf 155 USD zu steigen und dann wieder auf 53 USD einzubrechen.
Viele vergleichbare Beispiele gibt es nicht. Die Faktoren, die dazu beigetragen haben, sind vielschichtig. Die Kurskapriolen bieten genug Stoff für ein ganzes Buch zum Thema Börsenpsychologie und wie schnell der Wind drehen kann.
Bis Mitte Januar war Vertiv noch einer der großen KI-Gewinner, seitdem wurde die Aktie jedoch als Zoll-Verlierer eingestuft. Die P/E ist dadurch von knapp über 50 auf unter 20 eingebrochen.
Vor wenigen Minuten hat das Unternehmen Quartalszahlen vorgelegt – und die lassen aufhorchen. Was ist Vertiv denn nun? KI-Gewinner oder Zoll-Verlierer?
Unverzichtbar
Vertiv entwickelt, fertigt und wartet eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen, die sicherstellen, dass die wesentlichen Anwendungen von Rechenzentren, Kommunikationsnetzwerken und kommerziellen sowie industriellen Einrichtungen kontinuierlich laufen.
Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Columbus, Ohio, und ist weltweit in über 150 Ländern tätig. Vertiv hat mehr als 20.000 Mitarbeiter und betreibt Produktionsstätten, Forschungs- und Entwicklungszentren sowie Vertriebsbüros rund um den Globus.
Zu den Kernprodukten des Unternehmens gehören unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV-Systeme), Kühlsysteme und Klimaanlagen, IT-Infrastrukturlösungen und Überwachungssoftware. Darüber hinaus bietet Vertiv Dienstleistungen wie Beratung, Implementierung und Wartung an.
Zwischen Boom und Börsenbeben
Seit dem Börsengang im Jahr 2020 bis 2023 konnte Vertiv den Umsatz von 4,37 auf 6,86 Mrd. USD steigern, das Ergebnis kletterte von 0,78 auf 1,77 USD je Aktie.
Mit der Zeit hat die Dynamik jedoch spürbar zugenommen. Darüber hinaus hat sich das Geschäft grundlegend gewandelt.
Bisher war es normal, dass man USV-Systeme, Kühlsysteme und Klimaanlagen mit kurzer Vorlaufzeit einkaufen konnte. Vertiv wartete quasi darauf, dass die hergestellte Ware auch wirklich verkauft wird, so wie es bei den meisten Unternehmen im produzierenden Gewerbe der Fall ist.
Die Investitionen in Cloud, KI und Rechenzentren haben jedoch dazu geführt, dass sich die Dynamik umgekehrt hat. Heute warten die Kunden auf Vertiv, statt umgekehrt.
Teilweise waren die Produktionskapazitäten für 2025 bereits im letzten Jahr komplett ausverkauft und seitdem hat sich an der steilen Nachfragekurve wenig geändert.
Trotzdem kam die berechtigte Sorge auf, dass die unberechenbare US-Handelspolitik zu wirtschaftlichen Problemen führen und die Zölle das Geschäft zusätzlich belasten würden.
Wie stark könnten die Zölle belasten?
An dem ersten Punkt gibt es wenig zu rütteln, die Sorgen sind im Allgemeinen berechtigt.
Wenn man es jedoch genauer betrachtet, stimmt die These jedoch nicht ganz. Es ist richtig, dass viele Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten Investitionen aufschieben – jedoch nicht in Bereichen, in denen dadurch Kosten gespart und die Effizienz gesteigert werden kann wie beispielsweise KI.
Darüber hinaus hat Vertiv mehrere Standorte in den USA, darunter das Hauptquartier in Westerville, Ohio, sowie Produktionsstätten in Delaware, Ironton und Lincoln.
Hinzu kommen mehr als ein halbes Dutzend Standorte in Europa, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die alle nicht so stark von Zöllen betroffen sind wie beispielsweise China oder Mexiko.
In China hat man einen Standort, in Mexiko vier.
Vertiv sollte daher in der Lage sein, selbst im Fall von deutlich steigenden Zöllen mit den Problemen fertig zu werden.
Darüber hinaus sollte man niemals vergessen, dass alle Konkurrenten mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Blick in die Zukunft
Vertiv zeigt sich ebenfalls zuversichtlich. Der Gewinn lag in Q1 mit 0,64 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 0,62 USD. Mit einem Umsatz von 2,04 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen von 1,92 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 24 % und einem Gewinnsprung um 49 %.
Für das zweite Quartal stellt man einen Umsatz von 2,33 – 2,38 Mrd. USD und einen Gewinn von 0,77 – 0,85 USD in Aussicht.
Die Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr wurde von 9,13 – 9,28 Mrd. USD auf 9,33 – 9,58 Mrd. USD. Die Gewinnerwartungen wurden aufgrund der hohen Unsicherheit von 3,50 – 3,60 auf 3,45 – 3,65 USD je Aktie angepasst.
Die Book-to-Bill-Ratio, das Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz, lag im ersten Quartal bei 1,4. Der Auftragsbestand ist auf Jahressicht um 25 % auf 7,9 Mrd. USD gestiegen.
Von Flaute oder Problemen keine Spur.
Vertiv scheint es dank der starken Nachfrage zu gelingen, die negativen Auswirkungen der Zölle vollständig zu kompensieren.
Im Mittel entspricht die derzeitige Prognose einem Gewinnsprung um 25 %. Die forward P/E liegt demnach bei 20,2.
Seit dem Börsengang 2019 lag die P/E durchschnittlich bei 28,5. In der jüngeren Vergangenheit, seitdem das Geschäft deutlich besser läuft, war die Bewertung meistens noch höher.

Das Kursgeschehen ähnelt aktuell dem vom vergangenen August. Es wurde ein Jahrestief markiert, worauf unmittelbar eine Kehrtwende erfolgt ist.
Gelingt im regulären Handel ein Kurssprung über 74 und 80 USD, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit einem Kursziel bei 85 USD.
Darüber wäre der Weg in Richtung 94 USD frei.
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