Vom Krisenfall zum Premiumhersteller. Vallourec ist ein bemerkenswerter Turnaround gelungen. Jetzt soll es Dividende satt geben.
Vom Krisenkonzern zum Marktführer
Vallourec hat sich in den letzten Jahren von einem angeschlagenen Stahlproduzenten zu einem vielversprechenden Hersteller von hochpreisigen Stahlrohren für die Öl- und Gasindustrie entwickelt.
Während die Produktion von Standardrohren oft ein margenschwaches Geschäft ist, das von kostengünstigen chinesischen Anbietern dominiert wird, hat Vallourec eine lukrative Nische im Bereich der hochwertigen, nahtlosen OCTG-Rohre („Oil Country Tubular Goods“) gefunden, die offshore oder in extrem tiefen Bohrlöchern eingesetzt werden.
Die Rohrproduktion ist generell ein anspruchsvolles Geschäftsfeld. Der größte Teil der Rohre, die in Bohrlöchern verwendet werden, sind preisgünstige, geschweißte Rohre, die für etwa 1.500 US-Dollar pro Tonne verkauft werden. Hier herrscht ein harter Wettbewerb, insbesondere durch asiatische Hersteller mit niedrigen Produktionskosten.
Doch Vallourec hat sich auf das Premium-Segment konzentriert, wo nahtlose Rohre mit hochwertigen Verbindungssystemen gefragt sind. Diese können Preise von über 8.000 US-Dollar pro Tonne erzielen, da sie in technisch anspruchsvollen Projekten eingesetzt werden, bei denen Zuverlässigkeit und Leistung entscheidend sind.
Rückenwind
Für Öl- und Gasbetreiber machen OCTG-Rohre aber nur einen kleinen Prozentsatz der Gesamtkosten eines Bohrprojekts aus, doch ihre Qualität kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Das erklärt, warum man in diesem Bereich vergleichsweise hohe Margen erzielen kann und die Betreiber an dieser Stelle nicht sparen.
Ein weiterer Faktor, der der Durchsetzung von Preisen sehr dienlich ist, ist der Umstand, dass es nur eine Handvoll Unternehmen gibt, die OTCG-Rohre von höchster Qualität herstellen können.
Die hohen Eintrittsbarrieren, darunter technologisches Know-how, strenge Qualitätsstandards und langjährige Kundenbeziehungen, schützen Vallourec vor allzu intensivem Wettbewerb.
Zudem profitiert das Unternehmen von strukturellen Trends in der Öl- und Gasindustrie. Die sogenannten „Decline Curves“ werden steiler, was bedeutet, dass jedes Jahr mehr Bohrmeter erforderlich sind, um die gleiche Menge Öl zu fördern. Gleichzeitig nimmt die Komplexität der Bohrungen zu, etwa durch den verstärkten Einsatz von Offshore- oder Tiefseeprojekten.
Ein bemerkenswerter Turnaround
Bevor man durch den Ölpreisverfall im Jahr 2020 in die Insolvenz getrieben wurde, war das Unternehmen schlecht geführt, ineffizient und hoch verschuldet.
Aus dieser Krise ist Vallourec gestärkt hervorgegangen. Im Rahmen der Restrukturierung und einer Umwandlung von Schulden in Eigenkapital hat man sich entschuldet. Die ehemaligen Gläubiger Apollo und SVP Global hielten nach der Umstrukturierung Anteile von 28,5 % bzw. 12,4 %.
Die operative Umstrukturierung war ebenso entscheidend. Die Produktionskapazität wurde um ein Drittel reduziert, und die verbleibenden Werke wurden modernisiert. Die neue Strategie „Wert statt Volumen“ spiegelt sich in den Zahlen wider: Statt auf Masse setzt Vallourec auf Margen.
Nachdem man die Neuausrichtung vollzogen hatte, kehrte man 2023 wieder in die schwarzen Zahlen zurück. Ende 2024 hatte das Unternehmen erstmals keine Nettoschulden mehr, dieses Ziel wurde ein Jahr vor dem geplanten Zeitpunkt erreicht.
Gleichzeitig wurde eine neue Führungsmannschaft installiert, angeführt von CEO Philippe Guillemot. Der Franzose bringt eine Managementphilosophie mit, die auf Effizienz, Shareholder-Value und klare Zielvorgaben setzt. Sein erklärtes Ziel ist es, Vallourec zum „aktionärsfreundlichsten“ Unternehmen seiner Branche zu machen und 80 bis 100 % der freien Cashflows an die Eigentümer auszuschütten.
Übernahmekandidat? Kursziel 28 Euro?
Darüber hinaus ist sein eigenes Gehalt an den Aktienkurs gekoppelt. Sollte der Kurs auf 28 Euro steigen, werden Aktienoptionen fällig, die ihm einen Zahltag von 78 Millionen Dollar bescheren würden. Man kann diese Bezahlung als ausufernd hoch bezeichnen, sollten die Ziele jedoch erreicht werden, hätte der CEO die anderen Anteilseigner um Milliarden reicher gemacht.
Einer dieser Anteilseigner ist inzwischen ArcelorMittal. Der Stahlriese hat im März vergangenen Jahres die 28,5-%-Beteiligungen von Apollo übernommen. Der Kaufpreis für die 65,2 Millionen Aktien lag bei 14,64 Euro. Im Gegenzug hat Arcelor zwei Sitze im Aufsichtsrat erhalten.
Es gibt zwei wahrscheinliche Szenarien für ArcelorMittals Engagement. Erstens könnte der Stahlriese eine vollständige Übernahme von Vallourec anstreben. Nach französischem Übernahmerecht darf ArcelorMittal erst sechs Monate nach Abschluss des Deals im August 2024 ein Angebot unterbreiten – also ab Februar 2025.
Für Arcelor würde ein möglicher Deal Sinn ergeben, schließlich ist die Profitabilität von Vallourec wesentlich höher als in der Branche üblich. Zuletzt hat Vallourec ein EBITDA von 650 Dollar je Tonne erzielt, bei Arcelor waren es lediglich 130 USD je Tonne.
Sollte man keine Übernahme anstreben, wird man über den Aufsichtsrat auf Dividendenzahlungen drängen, was den Aktienkurs ebenfalls beflügeln könnte. Für Anleger ist das eine interessante Gesamtkonstellation.
Ausblick und Bewertung
Für den „Mid-Cycle“ hat sich Vallourec ambitionierte Ziele gesteckt. Die Produktion soll 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr und ein EBITDA von 450 Euro je Tonne erreichen. Das entspräche einem freien Cashflow von etwas mehr als 1,80 Euro je Aktie.
Als „Mid-Cycle“ bezeichnet man vereinfacht die Zeit zwischen Hochkonjunktur und Rezession mit durchschnittlichen Preisen.
Zuletzt hat man diese Ziele erreicht. Im vierten Quartal lag das EBITDA pro Tonne bei 512 Euro. Der freie Cashflow lag bei 178 Mio. Euro und die Netto-Cash-Position verbesserte sich von -240 auf +21 Mio. Euro.
Der freie Cashflow im gesamten Geschäftsjahr lag bei 622 Mio. Euro, FCF von 2,54 Euro je Aktie entspricht.
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Da man das Ziel der Entschuldung erreicht hat, ist man unmittelbar dazu übergegangen, die nächsten Versprechen einzulösen.
Wie man am 26. Februar bekanntgegeben hat, wird man der Hauptversammlung eine Dividende von 1,50 Euro je Aktie vorschlagen, was einer Dividendenrendite von 7,95 % entsprechen würde.
Die Hauptversammlung wird voraussichtlich am 22. Mai stattfinden.
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