Ein Kurssturz von 10 % bei Süss Microtec wirft Fragen auf – was steckt wirklich dahinter? Was sind die Gründe?
Ein Blick in die Gewinner und Verlierer der großen Indizes lohnt sich immer. Wer diese Übung täglich vollzieht, wird in den starken und schwachen Marktphasen immer wieder auf dieselben Titel stoßen.
Heute ist mit Süss Microtec jedoch ein Unternehmen der größte Verlierer, bei dem es in den letzten Jahren sehr erfreulich gelaufen ist – das gilt kurstechnisch und auch geschäftlich.
Ausgehend von den Tiefs der Jahre 2020 oder 2022 hat sich die Aktie vervielfacht, und auch die einstiegen Hochs aus 2019 wurden um ein Vielfaches übertroffen.
Heute rauscht die Aktie jedoch fast 10 % in die Tiefe und notiert aktuell bei 44,15 Euro. Aus technischer Sicht hätte dieser Abverkauf zu keinem schlechteren Zeitpunkt erfolgen können.
Wird nicht umgehend eine Kehrtwende eingeleitet, kommt es zu einem prozyklischen Verkaufssignal mit möglichen Kurszielen bei 40 – 41 Euro.
Darunter droht sogar ein Abverkauf bis 35 oder 30 Euro.
Kommt es hingegen zu einer Kehrtwende und einer schnellen Rückkehr über 49 Euro, könnte das der Beginn einer Rallye sein.
Jetzt gilt es zu klären, ob dieser Kurssturz aus fundamentaler Sichtweite gerechtfertigt ist, oder ob es sich um eine Gelegenheit handelt. Als Erstes sucht man in solchen Fällen nach einem Auslöser für den Abverkauf.
Ein Abverkauf ohne klare Gründe: Manipulation oder Zufall?
Im Fall von Süss Microtec verlief diese Suche jedoch ergebnislos. Weder in meinem Newsfeed noch in den gängigen Börsenmedien waren irgendwelche Meldungen zu finden. Auch Google konnte nicht weiterhelfen.
Dasselbe gilt für die übersichtlich gestaltete Investor-Relations-Seite von Süss Microtec selbst. Die jüngsten Meldungen sind fast einen Monat alt.
All das lässt einen stutzig werden, warum es gerade heute zu einem Kurssturz von nahezu 10 % gekommen ist. Obendrein direkt nach dem Thanksgiving-Wochenende, also in einem Umfeld, das von einem besonders geringen Handelsvolumen geprägt ist.
Hätte jemand die Absicht, einen künstlichen Kurssturz herbeizuführen, um massenhaft Stopps abzufischen, wäre das der perfekte Moment. Daher ist es unwahrscheinlich, dass es sich um einen Zufall handelt.
Bewusst herbeigeführt?
Wer hinter der ganzen Sache steckt, werden wir vermutlich nie erfahren. Aber es sieht danach aus, dass der Kurssturz bewusst herbeigeführt wurde.
Sollte das der Fall sein, stellt sich jetzt die Frage, ob man nur kurz Stopps abfischen wollte oder den Kurs sogar mittelfristig drücken möchte.
Sollte der Kurs nicht binnen weniger Tage über die zentralen Unterstützungen bei 48 – 49 Euro zurückkehren, ist der charttechnische Schaden enorm. In diesem Szenario könnte es einige Etagen tiefer gehen.
Die Mehrheit der Anleger wird aus Angst vor weiter sinkenden Kursen verkaufen, unabhängig davon, wie es um das Unternehmen wirklich steht.
Für langfristige Investoren könnte sich das als Gelegenheit herausstellen, denn geschäftlich läuft es bei dem Hersteller von Anlagen und Prozesslösungen für die Halbleiterindustrie gut.
Der Trackrecord kann sich sehen lassen und der positive Trend hat sich auch in diesem Jahr fortgesetzt. Dank hohem Auftragsbestand sieht es auch für die nähere Zukunft gut aus.
In der Vergangenheit war die Entwicklung bei Süss Microtec eher unstetig und man hatte sporadische Probleme mit der Profitabilität.
Die Entwicklungen in den letzten Jahren deuten jedoch darauf hin, dass man an dieser Front nachhaltige Fortschritte erzielt hat und auf einem deutlich besseren Fundament steht.
Hoher Auftragsbestand: Ein solides Fundament
Seit einigen Jahren liegt der Auftragsbestand konstant über dem Umsatz, wodurch der Auftragsbestand immer weiter gestiegen ist. Dadurch wurden größere Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten notwendig, was wiederum den Gewinn künstlich gedrückt hat.
Inzwischen dürfte das Unternehmen in eine Phase eingetreten sein, in der man die Früchte dieser Anstrengungen erntet.
Im letzten Geschäftsjahr hat man einen Umsatz von 304,3 Mio. Euro erzielt, jedoch einen Auftragseingang von 420,5 Mio. Euro verzeichnet.
Der Auftragsbestand lag bei 452,5 Mio. Euro. Es ist anzunehmen, dass der Auftragseingang sogar noch höher ausgefallen wäre, wenn die Kunden von Süss Microtec mit einer schnelleren Lieferung rechnen könnten.
Das hat der Markt verstanden, und daher war die zwischenzeitliche Euphorie auch verständlich. Am Hoch lag das KGV jedoch bei nahezu 40, was für die Charakteristiken von Süss Microtec aus meiner Sicht eindeutig zu viel ist.
Durch den jüngsten Kurssturz ist das KGVe jedoch auf 18,2 gesunken.
In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres konnte der Umsatz von 46 % auf 295,3 Mio. Euro gesteigert werden.
„Unsere Anstrengungen, die Produktionskapazität zu erhöhen, zahlen sich aus. Wir liefern in diesem Jahr so viele Anlagen an unsere Kunden aus wie noch nie zuvor in unserer Unternehmensgeschichte“, so Dr. Thomas Rohe, COO von SUSS.
Ausblick und Bewertung
Die Bruttomarge hat sich auf Jahressicht von 33,5 auf 39,6 % verbessert, wozu beide Geschäftsbereiche beigetragen haben.
Die EBIT-Marge kletterte von 6,3 % auf 16,1 %. Angesichts der positiven Entwicklung wurde die im Juli angehobene Prognose für das Geschäftsjahr 2024 bestätigt. Der Vorstand erwartet weiterhin einen Umsatz zwischen 380 und 410 Mio. Euro, eine Bruttomarge von 38 bis 40 Prozent und eine EBIT-Marge von 14 bis 16 Prozent. Bei allen drei Prognosekennzahlen wird mit einer Zielerreichung in der oberen Hälfte der jeweiligen Prognosespanne gerechnet.
Das einzige Haar in der Suppe ist der schwache Auftragseingang im dritten Quartal in Höhe von 84,0 Mio. Euro. In Summe lag der Auftragseingang in den ersten neun Monaten jedoch bei 276,2 Mio. Euro, also fast auf dem Vorjahresniveau von 281,2 Mio. Euro. Darf man den aktuellen Schätzungen glauben, wird Süss Microtec in diesem Jahr ein Ergebnis von 2,43 Euro je Aktie erzielen. Das KGVe liegt demnach bei 18,2.
Da der Gewinn im kommenden Jahr um 18 % steigen soll, würde das KGV auf 15,4 sinken.
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