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Jetzt hat es auch Nike getroffen. Während die chinesische Regierung optimistische Wachstumszahlen verkündet, zeichnen alle anderen Daten ein düsteres Bild.
Chinas Wirtschaft in der Dauerkrise: Offizielle Zahlen vs. Realität
China befindet sich seit mehreren Jahren in einer Dauerkrise und wer dachte, es könnte nicht schlimmer werden, dürfte sich geirrt haben.
Es gibt eine gigantische Diskrepanz zwischen den offiziellen Zahlen und allem, was wir beobachten können.
Laut der chinesischen Zentralregierung gibt es keine Probleme oder gar eine Rezession – den offiziellen Schätzungen soll die Wirtschaft in diesem Jahr um 5 % wachsen, wie auch im Vorjahr.
Die Realität dürfte eine andere sein. Australien ist aufgrund der Rohstoff-Exporte nach China wirtschaftlich eng verknüpft.
Die stetig steigende Nachfrage für Rohstoffe hat dazu geführt, dass Australien über Jahrzehnte hinweg keine wirkliche Rezession erlebt hat.
Die Wachstumsraten in Australien geben mehr Aufschluss über den Zustand der chinesischen Wirtschaft als die Daten der Chinesen.
Das BIP von Australien ist 2022 um 4,3 % gewachsen, 2023 um 2,1 % und ist gerade dabei auf 1,3 % zu sinken.
Börsenbeben in China: Der Hang Seng stürzt ab
Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass es auch in China einen entsprechenden Abwärtstrend gibt und die offiziellen Wachstumsraten Wunschträume sind.
Auf welcher Basis die Daten erhoben werden, ist ohnehin zweifelhaft.
Es wäre sogar gut denkbar, dass die Zentralregierung selbst an ihre Zahlen glaubt. Dass regionale Regierungen geschönte Daten „nach oben“ melden, um gut dazustehen, ist nichts Neues.
Der Hang Seng zeigt, was wirklich vor sich geht. Der Kurs ist von über 30.000 auf derzeit 17.718 Punkte abgestürzt.
China steckt in einem Börsencrash wie wir ihn seit 2008/2009 nicht mehr erlebt haben und die Misere zieht sich bereits seit einer halben Ewigkeit.
Das letzte relevante Hoch hat der Hang Seng im Februar 2021 markiert und das Allzeithoch sogar Anfang 2018. Seitdem geht es tendenziell abwärts und die Probleme sind so vielschichtig und zahlreich, dass das auch kein Wunder ist.
Die Probleme reichen von einer vollkommen verfehlten Covid-Strategie und einem ausbleibenden Rebound der Wirtschaft bis hin zu einer demografischen Zeitbombe.
Handelskrieg: Es wird viele Verlierer geben – aber auch Sieger
China hat in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass man kein zuverlässiger Handelspartner ist. Das Säbelrasseln in Bezug auf Taiwan hat die Lage zusätzlich verschlechtert, inzwischen tobt ein handfester Handelskrieg.
Kürzlich hat die US-Regierung die Zölle für Elektroautos von 25 % auf 100 % erhöht, für Lithium von 7,5 % auf 25 %, für Solarzellen und Halbleiter von 25 % auf 50 % und für kritische Rohstoffe von 0 % auf 25 %.
Die EU hat teilweise nachgezogen, jedoch nicht annähernd in diesem Ausmaß und obendrein will man jetzt verhandeln.
Am Ende wird man sich zwischen beiden Seiten zerreiben lassen, denn die EU hat keinerlei wirtschaftliche Strategie oder Vision.
Währenddessen greifen die US-Amerikaner den eigenen Unternehmen mit Milliarden und Abermilliarden unter die Arme.
Ein gutes Beispiel dafür ist First Solar. In den letzten Monaten hatte ich ein halbes Dutzend Artikel zur Aktie veröffentlicht, beispielsweise hier:
First Solar: Warum die Aktie jetzt besonders spannend ist
Neuordnung der globalen Lieferketten
In dem Artikel wurden unter anderem der Chips Act (der zu mehr als 200 Mrd. USD an nicht-staatlichen Investitionen im Halbleiter-Sektor geführt hat), die durch die USA angestoßene Neuordnung der globalen Lieferketten und auch die Section 45X tax credit thematisiert.
China steht vor gewaltigen Herausforderungen, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Bisher waren die USA der wichtigste Absatzmarkt, doch der bricht zunehmen weg.
In Europa zeichnet sich ebenfalls eine gewisse Abkehr ab.
Das bedeutet, dass die ausländische Nachfrage für chinesische Güter sinkt. Das könnte man theoretisch kompensieren, wenn die inländische Nachfrage steigt.
Doch das dürfte kaum möglich sein. Eine alternde Gesellschaft konsumiert nicht mehr, sondern weniger und in keinem Land dürfte die Bevölkerung in Zukunft schneller schrumpfen als in China.
Deflation und Immobilienkrise
Die nachlassende Auslandsnachfrage hat bereits dazu geführt, dass es in China zu einer Deflation gekommen ist.
Dank der Ein-Kind-Politik tickt eine demografische Zeitbombe. Und trotzdem liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei etwa 20 %.
Hinzu kommt eine Immobilienkrise von ungekanntem Ausmaß. In China gelten Immobilien als einzig sichere Anlage und daher wurde so viel investiert, wie nur möglich.
Die Schätzungen gehen zwar weit auseinander, aber einige Experten gehen davon aus, dass der leerstehende Wohnraum für mehr als 100 Millionen Menschen ausreichen würde.
Darin sind all die abgebrochenen Bauprojekte und halbfertigen Geisterstädte nicht enthalten.
Da die Bevölkerung schrumpft, wird das Überangebot weiter zunehmen. In einem derartigen Umfeld können die Immobilienpreise kaum steigen.
Ein Teufelskreis
Da die Nachfrage nicht steigen kann, gibt es aus diesem Dilemma nur einen Ausweg: Das Angebot muss sinken.
Dazu müsste man die Bauaktivität in China massiv reduzieren, doch das würde zu Massenarbeitslosigkeit führen, denn mehr als jeder zehnte Angestellte arbeitet in diesem Sektor.
Falls Ihnen keine gute Lösung für diese Gemengelage einfällt, geht es Ihnen wie mir. Und zu diesem Schluss scheinen auch viele wohlhabende Chinesen und Unternehmen zu kommen – die chinesische Regierung musste sogar mehrfach Maßnahmen ergreifen, um den Transfer von Kapital ins Ausland zu stoppen.
Gleichzeitig investieren ausländische Unternehmen immer weniger in China.
Nike ist nur die Spitze des Eisbergs
Die Geschäftszahlen etlicher westlicher Unternehmen untermauern die Einschätzung, dass die Lage in China nicht sonderlich gut ist.
Nike ist nur das jüngste Beispiel, das dies belegt.
Dem CFO zufolge werden die nächsten Quartale eine Herausforderung sein. Es sei in mehreren wichtigen Märkten zu einer Abkühlung gekommen, unter anderem zu einem starken Rückgang in den chinesischen Stores.
Darüber hinaus haben sich die kurzfristigen Aussichten für China eingetrübt.
(„CFO: Next few quarters will be challenging; Saw meaningful shifts in traffic in key markets, including a large decline in store traffic in China; Outlook for the near term has softened in China“)
Umsatzeinbruch um 10 %
Im Schlussquartal lag der Gewinn mit 1,01 je Aktie noch über den Erwartungen von 0,85 USD. Der Umsatz verfehlte mit 12,6 Mrd. die Analystenschätzungen von 12,9 Mrd. USD jedoch.
Unter dem Strich stagnierte der Jahresumsatz (+1 %), das operative Ergebnis konnte um 8 % gesteigert werden.
Der Gewinn kletterte sogar um 15 % auf 3,73 USD je Aktie, was war aber zu einem großen Teil darauf zurückzuführen ist, dass sich die Steuerquote von 18,2 auf 14,9 % verbessert hat.
Das abgelaufene Geschäftsjahr war durch eine schwache Nachfrage geprägt, der Nike mit Kostendisziplin wirkungsvoll entgegengewirkt hat.
Doch das funktioniert nur bis zu einem gewissen Ausmaß. Im ersten Quartal erwartet Nike jedoch einen Umsatzeinbruch um 10 % auf 11,6 Mrd. USD.
Im Jahresverlauf soll sich die Lage wieder etwas verbessern, doch unterm Strich soll der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr in den mittleren einstelligen Prozentbereich sinken („guides FY2025 revenue down mid single digits“).
Ausblick und Bewertung
Als Reaktion darauf ist die Aktie nachbörslich um 14 % auf 80,87 USD abgestürzt. In Anbetracht der Neuigkeiten ist das keine Überraschung und der Abschlag wirkt auch nicht überzogen.
Derzeit ist nicht abzusehen, in welchem Umfang sich die Absatzprobleme auf den Gewinn niederschlagen werden.
Es ist jedoch anzunehmen, dass die bisherigen Konsensschätzungen, wonach der Gewinn in diesem Jahr von 3,73 auf 3,80 USD je Aktie steigen sollte, zu hoch sind.
Neben den aktuellen Problemen hat sich in den letzten Quartalen ein Trend verfestigt: Nike verliert Marktanteile, zwar in kleinen Schritten, aber stetig.
Die Sportartikelbranche scheint unberechenbar zu sein. Vor einigen Monaten war Adidas noch das Sorgenkind der Branche, jetzt ist es Nike.
![Nike Aktie: Chart vom 28.06.2024, Kurs: 80,74 - Kürzel: NKE | Quelle: TWS | Online Broker LYNX Nike Aktie: Chart vom 28.06.2024, Kurs: 80,74 USD - Kürzel: NKE | Online Broker LYNX](https://www.lynxbroker.de/app/uploads/2024/06/20240626-nike-stuerzt-ab-und-in-china-brennt-die-huette-lichterloh.png)
Aus technischer Sicht stand die Aktie bereits auf der Kippe, sollte der Kurssturz im regulären Handel bestätigt werden, sind die mehrjährigen Aufwärtstrends durchbrochen.
Wird die Unterstützung bei 82,50 USD nachhaltig durchbrochen, muss mit weiteren Verlusten in Richtung 70 USD gerechnet werden.
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