Vor der am Montag anstehenden Amtsübernahme von Donald Trump wächst die Nervosität am Markt. Am Montag waren beim DAX vor allem Aktien gefragt, die man in die Kategorie vermeintlich „sicherer Häfen“ stecken könnte. Aber sind sie das denn? Hier ein Blick auf E.ON.
Ein Energieversorger muss weniger darum bangen, dass ihm die Kunden davonlaufen, wenn diese den Gürtel enger schnallen müssen. Zwar könnte man dann zu einem billigeren Anbieter wechseln, aber die Wechselquote ist so immens nicht … und E.ON ist ein Netzbetreiber, so dass er auch durch kleinere Anbieter Einnahmen hätte, die sein Netz mitnutzen. Zwar schwanken die Strompreise, zudem kostet der Wandel in Richtung erneuerbarer Energien viel Geld. Aber vergleicht man E.ON mit einem Chiphersteller oder einem Automobilunternehmen, haben wir hier dennoch deutlich mehr Stabilität. Ein Pluspunkt, wenn es am Aktienmarkt ungemütlich wird und der Gegenwind auf konjunkturellem Druck basiert.
Hinzu kommt, dass die E.ON-Aktie derzeit nicht teuer bewertet ist. Das Kurs/Gewinn-Verhältnis knapp unter zehn ist zwar im historischen Vergleich kein Schnäppchen, aber auch kein Hindernis für einen möglichen Einstieg. Zumal zum einen die Analysten im Schnitt für 2025 von einem knapp gehaltenen Gewinn pro Aktie ausgehen und zum anderen eine Dividende mit einer Rendite um die fünf Prozent gezahlt wurde und wohl auch im Frühjahr für 2024 gezahlt wird. Aber warum ist die Aktie dann zuletzt derart unter die Räder gekommen?
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Expertenmeinung: Die schon jetzt umfangreiche Korrektur basiert auf der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass die Begrenzung der Eigenkapitalzinssätze durch die Bundesnetzagentur so, wie sie ist, rechtens sei. Stromversorger hatten für höhere Renditen geklagt, kamen damit aber nicht durch. Die Trader sahen dadurch das Investitionsvolumen, mögliche Dividendenerhöhungen oder erweiterte Aktienrückkäufe als vom Tisch an und stiegen aus. Aber jetzt sind sie eben ausgestiegen, d.h. dieser Aspekt ist im Kurs eingepreist. Vollständig?
Das ist unmöglich sicher zu sagen. Denn hier geht es jetzt vor allem um die subjektive Beurteilung dieser Entwicklung. Wenn die Analysten von einem knapp gehaltenen Gewinn im angelaufenen Jahr ausgehen … wäre der womöglich ohne das für E.ON und andere Betreiber ungünstige Urteil viel höher ausgefallen? Und wenn ja, um wie viel? Damit hätten wir jetzt folgende Ausgangslage:
Von der Bewertung und der Dividendenrendite her hätte E.ON auf dem derzeitigen Level bereits wieder Luft nach oben. Andererseits ist der Abwärtstrend voll intakt. Und sollte die momentan bereits umkämpfte Unterstützungslinie bei 10,43 Euro signifikant fallen, wäre der Weg aus rein charttechnischer Sicht nach unten erst einmal frei, denn die nächste, wirklich markante Supportzone beginnt dann erst bei 8,27 Euro. Fazit:
E.ON wäre grundsätzlich eine Aktie, die in unsicherer werdenden Börsenphasen einen gewissen Rückhalt bedeuten kann. Aufgrund der aktuell bärischen, charttechnischen Situation sollte man aber genau überlegen, wie man vorgeht.
Möglichkeit 1: Man wartet, bis die vergangene Woche unterbotene, jetzt als Widerstand fungierende Chartzone 10,81 zu 11,56 Euro zurückerobert wurde.
Möglichkeit 2: Man wagt etwas und stellt unter Berücksichtigung des Risikos, dass die Aktie noch weiter abrutscht, mit Blick auf Dividendenrendite und die auch auf Wochenbasis schon überverkaufte Markttechnik (hier im Wochenchart der Stochastik-Oszillator) bereits jetzt mit einer kleinen Position den Fuß in die Tür und plant, diese Position mit weiter abrutschenden Kursen auszubauen. Was normalerweise hoch riskant ist, aber bei einem Blue Chip wie E.ON ist das zumindest eine denkbare Alternative für etwas risikofreudigere Akteure.