Das Weihnachtsgeschäft bei Richemont lief außerordentlich gut. Das hat im gesamten Sektor einen Kurssprung ausgelöst.
Von Kering bis Hugo Boss: Wie Richemont die Börse bewegt
Die letzte Analyse zu Richemont hatte den Titel „Richemont löst Kurssturz von Luxus-Aktien aus“. Heute ist genau das Gegenteil der Fall. Die starken Quartalszahlen von Richemont haben in der ganzen Branche und darüber hinaus zu grünen Vorzeichen geführt.
Hugo Boss notiert beispielsweise fast 5 % im Plus und die einzige aktuelle Nachricht, die man zum Unternehmen derzeit findet, ist ein Verweis auf Richemont. Hugo Boss stellt zwar ebenfalls Uhren her, aber rational betrachtet haben die beiden Unternehmen so gut wie nichts miteinander zu tun.
Läuft es bei einem Hersteller von hochpreisigen Uhren gut, liefert das keinerlei Hinweise darauf, dass es auch bei Hugo Boss gut läuft.
All das zeigt aber auch, wie kurzfristig an der Börse gedacht wird. Das eine Mal löst ein schwaches Quartal von Richemont einen Kurssturz aus und dann führt ein starkes Quartal zu einem Kurssprung.
Das wäre schon irrational, wenn es nur die Aktie des Unternehmens selbst betreffen würde. Es ist aber umso irrationaler, wenn es den gesamten Sektor bewegt.
Denn ein einzelnes Quartal entscheidet nicht über den intrinsischen Wert von Richemont. Und ein einzelnes Quartal von Richemont ist für den Unternehmenswert von Hugo Boss faktisch irrelevant.
Die starken Zahlen von Richemont haben aber nicht nur bei Hugo Boss einen Kurssprung ausgelöst. Das Sahnehäubchen an der Geschichte ist, dass der Kursgewinn von Richemont mit 2,3 % sogar niedriger ist als bei den meisten anderen Aktien im Sektor. Kering notiert fast 8 % im Plus und LVMH 3 %. Es wird wirklich Zeit fürs Wochenende.
Cartier, Montblanc und mehr
Richemont ist ein Schweizer Luxusgüterunternehmen, das sich auf den Bereich der Haute Horlogerie (hochwertige Uhren) und Schmuck spezialisiert hat.
Das Unternehmen wurde 1988 gegründet, hat seinen Hauptsitz in Bellevue, Schweiz ,und verfügt über ein breites Vertriebsnetzwerk, das eigene Boutiquen, autorisierte Händler und den Online-Verkauf umfasst.
Richemont besitzt und betreibt eine Vielzahl von renommierten Marken im Luxussegment, darunter Cartier, Montblanc, A. Lange Söhne, IWC Schaffhausen, Piaget, Jaeger-LeCoultre, Vacheron Constantin und viele andere.
Diese Marken haben eine lange Tradition und sind für ihre herausragende Handwerkskunst, ihr Design und ihre Qualität bekannt.
Das ist auch notwendig, um die Preise zu rechtfertigen. Selbst Uhren mit einem Quarzwerk fangen bei Cartier bei mehreren tausend Euro an. Die beliebtesten Modelle, wie die Cartier Santos, sind trotzdem kaum zum Listenpreis zu bekommen. Ein kaufwilliger Otto-Normalverbraucher könnte mit 7.600 Euro in bar eine Cartier-Boutique betreten und würde ohne Santos nach Hause gehen.
Hätte so wohl niemand erwartet …
Richemont ist es gelungen, den Umsatz binnen zehn Jahren von 10,02 auf 19,95 Mrd. Euro deutlich zu steigern.
Wer bei vier- und fünfstelligen Preisen für eine Uhr jedoch erwartet, dass die Hersteller besonders hohe Margen hätten, der täuscht sich.
Das gilt für die meisten börsennotierten Hersteller von Luxusgütern. Die Gewinnspannen sind ordentlich, jedoch nicht so hoch wie man vermuten würde.
Im vorletzten Geschäftsjahr wurde beispielsweise ein Gewinn von 301 Mio. Euro (0,54 Euro je Aktie) erzielt, im letzten Geschäftsjahr dann ein Gewinn von 2,36 Mrd. Euro (4,08 Euro je Aktie).
Die operative Marge lag zuletzt bei 19 %.
Das laufende Geschäftsjahr war bisher ebenfalls durchwachsen. In den ersten sechs Monaten verzeichnete Richemont einen Umsatzrückgang um 1 % auf 10,08 Mrd. Euro und einen Gewinneinbruch von 1,51 auf 0,46 Mrd. Euro, also von 2,60 auf 0,78 Euro je Aktie.
… und das auch nicht
Im dritten Quartal (Oktober bis einschließlich Dezember) ist es jedoch zu einer kompletten Kehrtwende gekommen. Der Umsatz konnte um 10 % auf 6,16 Mrd. Euro gesteigert werden.
In Europa lag das Wachstum bei 19 %, in Amerika bei 22 %, Japan +15 % und im Mittleren Osten & Afrika bei 21 %. Nur in Asien/Pazifik lief es mit -7 % weiterhin schlecht.
Darüber hinaus ist das Online-Geschäft mit einem Plus von 18 % besonders stark gewachsen, was der Profitabilität von Richemont zuträglich sein dürfte. Den Unternehmensgewinn teilt das Unternehmen nur alle sechs Monate mit.
Aber die Vorzeichen sind gut und dementsprechend besteht die begründete Hoffnung, dass die bisherigen Konsensschätzungen zu niedrig sind. Die Prognostiker waren und sind sich bei Richemont aber ohnehin uneinig. Je nach Quelle liegen die Gewinnerwartungen für das laufende Geschäftsjahr zwischen 5,00 und 6,70 Euro je Aktie.
Aus meiner Sicht spielt es aber keine große Rolle, ob man die höchste oder die niedrigste Schätzung heranzieht. Richemont ist so oder so ein langfristiger Underperformer und hoch bewertet.
Bei einem Gewinn von 6,70 Euro je Aktie liegt das KGVe bei 27,5. Für eine Luxus-Aktie ist das zwar nicht viel, aber für ein Unternehmen, das in einem Jahr viel verdient und im nächsten vielleicht wieder so gut wie nichts, ist es zu viel.
Sobald der Wind wieder dreht und das Geschäft mal wieder durchhängt, wird sich die laufende Party in einen üblen Kater verwandeln. Das ist jedenfalls das wahrscheinlichste Szenario.
Beim Chart handelt es sich um die Notierung in Schweizer Franken mit dem Ticker CFR. Bei LYNX Broker ist die Aktie darüber hinaus auch in Euro unter dem Ticker RITN handelbar.
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