Zu den stärksten Profiteuren der Bundestagswahl gehören die Bankaktien: Die Commerzbank erreichte gestern den höchsten Kurslevel seit August 2011. Diese Rallye kann aber zugleich dazu führen, dass sich die Bullen einen anderen Ast, auf dem sie sitzen, selbst absägen.
Es ist sicherlich ein wenig pauschal gedacht, aber dass Anleger unmittelbar nach der Wahl und der Erkenntnis, dass die CDU die Regierung prägen wird, darauf setzen, dass diese als wirtschaftsfreundlich gesehene Partei den Gewinnen der heimischen Bankenlandschaft förderlich ist, ist verständlich. Auch, wenn sich erst in den kommenden Monaten weisen muss, ob und wie deutlich Geldhäuser wie die Commerzbank davon profitieren.
Aber auch so läuft es ja gut für die Commerzbank. Vor knapp zwei Wochen wurden die 2024er-Ergebnisse vorgelegt: Umsatz +6 Prozent, Konzernergebnis +20 Prozent … dazu ein bullischer Ausblick in Sachen Gewinn, den man von den 2,7 Milliarden Euro 2024 bis 2028 auf 4,2 Milliarden steigern will. Da lässt es sich leicht bullisch sein. Auch seitens der Analysten, die mit ihren Kurszielen nach der am 13.2. vorgelegten Bilanz nicht knauserig waren: Die seither angepassten Kursziele bewegen sich zwischen 19,50 und 23,10 Euro. Aber je höher der Kurs der Aktie steigt, desto wackliger wird ein anderer Aspekt, derjenige nämlich, der die Hausse im vergangenen September erst in Fahrt gebracht hatte:
Die im Raum stehende Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank UniCredit. Erinnern wir uns: Am 11. September ging diese Übernahmespekulation los, als bekannt wurde, dass ein vom Bund verkauftes Commerzbank-Aktienpaket komplett an die UniCredit gegangen war. Mittlerweile hat die italienische Bank über faktische gekaufte Aktien sowie über Derivate um die 28 Prozent Anteil an der Bank erreicht. Und jetzt kommt es eben darauf an:
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Expertenmeinung: Würde der Anteil an der Commerzbank 30 Prozent erreichen, müsste ein offizielles Übernahmeangebot unterbreitet werden. Wobei man nicht recht weiß, wie die Commerzbank dazu steht, aber der Bund, zumindest die bisherige Regierung, sieht die Sache als überaus ungut an. Bislang gab es zudem keine offiziellen Gespräche der UniCredit mit der Commerzbank – außer von der Commerzbank so formulierten Gesprächen mit den Italienern als wichtigen Anteilseignern. Damit stellt sich die Frage: Ab wann hat man bei der UniCredit keinen Appetit mehr auf diesen Happen?

Denn würde man ein offizielles Übernahmeangebot unterbreiten, müssten die verbleibenden, freien Anteilseigner ja einen guten Grund haben, das Angebot anzunehmen. Das werden sie nicht tun, wenn die UniCredit einen Preis nahe an oder sogar unter dem dann geltenden Kurs der Commerzbank-Aktie anbietet. Aber als die UniCredit sich diesen ersten „Block“ vom Bund holte, sprang die Aktie damals, am 11. September, von 12,60 am Vortag auf 14,68 Euro, heute notiert sie meilenweit höher, was hieße: Das wird langsam richtig happig, wollte die UniCredit hier wirklich alles haben. Zu happig womöglich.
Aber was, denn diese Übernahmephantasie, die entscheidend dazu beitrug, dass der Aktienkurs seither auffallend stärker lief als der Deutschen Bank, in sich zusammenfällt? Das könnte übel ausgehen. Die Aktie ist, basierend auf der 2025er-Konsens-Gewinnschätzung der Analysten, mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,8 deutlich teurer als die Deutsche Bank mit einem KGV von 7,1. Und würde es der UniCredit auf diesem Level zu teuer, so hätte für sie trotzdem einen grandiosen Vorteil: Sie könnte dann nämlich ihr Aktienpaket zu weit höheren Kursen abstoßen, als sie es eingesammelt hat. Sprich:
Das Eis ist hier dünner, als man es nach einem flüchtigen Blick auf den dynamischen Aufwärtstrend meinen könnte. Je stärker die Aktie steigt, desto mehr Risiko entsteht in Bezug auf ein Übernahmeangebot seitens der UniCredit, so dass die Bullen hier tatsächlich gerade dabei sind, an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzen. Die 20-Tage-Linie, die den Käufern seit Dezember als Leitstrahl dient, als Orientierung für einen Stop Loss Long als Fallschirm für den Fall der Fälle zu nutzen, wäre also auf jeden Fall zu überlegen!