Das gestern vorgelegte Ergebnis des Jahres 2024 war unerfreulich, aber damit konnte bzw. musste man rechnen. Aber es war auch nicht der Blick zurück, der die Aixtron-Aktie am Ende des Tages um 19,82 Prozent in den Keller schickte, sondern der voraus. Zu Recht?
Auch, wenn die Dimension des gestrigen Kurseinbruchs auch auf einem charttechnischen Aspekt basierte: Dass die Aktie deutlich fiel, ist dennoch folgerichtig. Aber der Reihe nach:
Das abgelaufene Geschäftsjahr machte bereits deutlich, dass die Folgen des Auftragsbooms aus den Jahren der Chip-Engpässe jetzt durschlagen: Die Aufträge nahmen ab. Und wenn weniger Aufträge hereinkommen, hat man nicht mehr den Spielraum, starke Preise herauszuholen. Das äußerte sich in einem zwar zum Vorjahr kaum veränderten Umsatz von 633,2 Millionen Euro, aber in einem um 16 Prozent unter Vorjahr gelandeten Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 131,2 Millionen, netto ging es sogar um 27 Prozent auf 106,2 Millionen abwärts. Das ist das Ergebnis des durch abflauende Auftragseingänge entstandenen Drucks auf die Marge, auf EBIT-Basis kam diese von 25 Prozent im Jahr 2023 auf 21 Prozent im Jahr 2024 zurück.
Nun ließe sich einwenden, dass eine Abkühlung des Umfelds ja in den vergangenen Monaten hinlänglich eingepreist wurde. Aber noch ist der Boden ja nicht greifbar, das ist das Problem. Und das deutete sich beim Blick auf das Jahr 2024 beim Auftragseingang an. Der fiel nämlich um sieben Prozent von 640,7 auf 596,4 Millionen Euro und landete damit unterhalb des 2024er-Umsatzes. Und dass sich das Ausdünnen des Auftragsbuchs erst einmal fortsetzen dürfte, das war das eigentliche Element, das die Trader am Donnerstag dazu brachte, die Reißleine zu ziehen.
Denn Aixtron plant für 2025 nur noch mit einem Umsatz zwischen 530 und 600 Millionen Euro, deutlich weniger also als 2024. Und die EBIT-Marge, die 2024 auf 21 Prozent zurückgekommen war, sieht man jetzt zwischen 18 und 22 Prozent und damit tendenziell unter Vorjahr. Auch das Kappen der Dividende von 0,40 Euro für 2023 auf nur noch 0,15 Euro für 2024 macht klar: Mit einer zeitnahen Belebung rechnet man bei diesem für die Halbleiterindustrie fertigenden Anlagenbauer erst einmal nicht.
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Expertenmeinung: Das dürfte viele daran erinnert haben, dass Aixtron als Zulieferer von Anlagegütern für eine zyklische Branche zu den konjunkturempfindlichsten Unternehmen überhaupt gehört, deren Gewinne schnell und weit steigen, wenn das Umfeld positiv ist, aber deren Gewinn ebenso schnell und weit einbrechen kann, wenn der Wind dreht. Solche sogenannten „Fahrstuhlaktien“ gehen weite Wege … und angesichts dieses trüben Ausblicks ist klar, dass man derzeit in Richtung Keller unterwegs ist.

Dass das Minus derart drastisch ausfiel, lag aber sicherlich nicht ausschließlich an den Zahlen an sich, sondern auch daran, dass die Abgaben dazu führten, dass die Supportlinie in Form des 2024er-Jahrestiefs bei 12,73 Euro, die in diesem Jahr bereits zweimal getestet wurde und hielt, dem Druck nicht gewachsen war und am frühen Nachmittag brach. Das löste Stop Loss-Verkäufe aus, während zugleich vermutlich alles, was da eventuell an Kauforders auf Schnäppchen lauerte, gestrichen wurde – die Aktie ging dadurch in den freien Fall über. Aber noch wäre da ja ein Supportbereich:

Im langfristigen Chart auf Monatsbasis sehen wir, dass die Aktie an eine Kreuzunterstützung gerutscht ist, die sich aus einer 2017 etablierten Aufwärtstrendlinie und dem oberen Ende der 2019 und 2020 geltenden Handelsspanne zusammensetzt. Könnte dieser Bereich zwischen 10,80 und 12,10 Euro nicht halten?
Er könnte, aber er muss es keineswegs. Denn gerade dieses langfristige Chartbild macht klar, wo die Aktie notieren kann, wenn es eben nicht gut läuft. Und dass die Bewertung über das Kurs/Gewinn-Verhältnis mit derzeit etwa 15 auf Basis der durchschnittlichen 2025er-Gewinnschätzung der Analysten relativ niedrig ist, hilft da nichts. Denn mehr wäre nur drin, wenn man damit rechnen könnte, dass der Gewinn pro Aktie in den kommenden ein, zwei Jahren wieder kräftiger steigt – und danach sah es angesichts des schwachen Ausblicks auf 2025 nicht aus. Die Aktie ist ein fallendes Messer und damit nur etwas für „Trader ohne Nerven“. Und auch die hätten erst dann eine Basis, sich einen Long-Trade zu überlegen, wenn der Kurs diese jetzt gebrochene Zone um 12,73 Euro eindeutig zurückerobert hätte.
Quellenangaben: Ergebnis 2024, 27.02.2025:
https://www.aixtron.com/de/presse/presseinformationen/AIXTRON%20behauptet%20sich%20in%20schwierigem%20Marktumfeld_n13669