An Adobe geht kaum ein Weg vorbei und jetzt wird das Angebot noch durch leistungsstarke KI-Tools wie Firefly erweitert. Kurssturz zum Einstieg nutzen?
Sinnfrei.
Es ist wie in jeder Berichtssaison. Die einen Aktien gehen nach den Quartalszahlen durch die Decke, die anderen brechen massiv ein. Wie sinnfrei das im Allgemeinen ist, dürfte jedem klar sein, der die Sache bis zum Ende denkt.
Der S&P500 legt im langjährigen Durchschnitt um etwa 8% pro Jahr zu. Wie sinnvoll kann es da sein, dass die Aktien innerhalb des Index nach Quartalszahlen gerne mal um 10-15% einbrechen oder steigen?
Einzelne Quartale lösen Kursbewegungen aus, die die durchschnittliche Kursentwicklung pro Jahr deutlich übersteigen.
Das lässt sich aus meiner Sicht vor allem durch zwei Faktoren erklären: Der Markt ist kurzsichtig und misst einzelnen Quartalen eine weitaus größere Bedeutung zu als es die Realität rechtfertigen würde.
Das ist einerseits ein Problem, denn die Kursentwicklung ist im kurzfristigen Zeitfenster unberechenbar, es eröffnet aber auch Chancen.
Werden kerngesunde Aktien grundlos abgestraft, kann man die Gelegenheit zum Einstieg nutzen. Steigen Aktien übertrieben stark, kann man die Gelegenheit für Gewinnmitnahmen nutzen.
Noch wichtiger ist es jedoch, sich nicht von Quartalszahlen zu verunsichern lassen. Was heute besonders wichtig erscheint, interessiert in 3 oder 6 Monaten niemand mehr.
Versuchen Sie sich mal daran zu erinnern, warum irgendeine Aktie vor 1-2 Quartalen eingebrochen ist. Oder versuchen Sie sich mal daran zu erinnern, warum Meta 2022 so massiv eingebrochen ist…
Kein Mensch erinnert sich mehr im Detail daran und realistisch betrachtet interessiert es auch keinen mehr.
Firefly und Sensei: Die nächsten Wachstumstreiber
Adobe ist eines der bekanntesten Technologieunternehmen der Welt und geradezu omnipräsent. Jeder kennt Adobe Acrobat und PDFs.
Zu den bekanntesten Produkten von Adobe gehören die Adobe Creative Cloud, eine Sammlung von mehr als 20 Anwendungen, darunter Photoshop, Illustrator, InDesign, Premiere Pro und After Effects. Diese Tools decken ein breites Spektrum von Grafikdesign über Videobearbeitung bis hin zu Webentwicklung ab und haben sich als Industriestandard etabliert.
Der Bereich digitale Erlebnisse wird durch die Adobe Experience Cloud abgedeckt, eine Plattform für Datenanalyse, Kundeninteraktion und Marketing-Automatisierung.
Das Unternehmen hat Millionen von Kunden, und seitdem man auf ein Abo-Modell umgestellt hat, ist man zu einer echten Cashmaschine geworden.
Die Einnahmen von Adobe sind demnach wiederkehrender Natur, was das Geschäft gut planbar macht.
Derzeit setzt man verstärkt auf die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI). Mit Adobe Sensei und Adobe Firefly. Sensei umfasst intelligente Funktionen wie automatisierte Bildbearbeitung und vorausschauende Datenanalyse.
Adobe Firefly ist eine bahnbrechende Ergänzung in Adobes Portfolio, die KI in kreative Arbeitsprozesse integriert. Dieses KI-gestützte Tool wurde speziell entwickelt, um kreative Aufgaben zu vereinfachen und zu beschleunigen. Firefly ermöglicht es Nutzern unter anderem, Bilder und Designs durch Texteingaben zu erstellen.
Strategischer Fokus: So stärkt Adobe sein Abo-Geschäft
Adobe sieht sich selbst an der Spitze dieser Revolution. Dem Vorstand zufolge umfassen die neuen KI-Anwendungen Bild- und Vektorgenerierung, Design und Videobearbeitung und zielen darauf ab, die Kundenbindung und -nutzung zu fördern. Inzwischen wurden mehr als 16 Milliarden Inhalte mit Firefly generiert, wobei die Nutzung ständig neue Rekordwerte erreicht.
Ein zentraler Bestandteil von Adobes Strategie ist die Einführung neuer, hochpreisiger Firefly-Angebote sowie eines eigenständigen Firefly-AI-Produkts. Dadurch sollen neue Zielgruppen angesprochen werden und der Umsatz mit den Bestandskunden weiter ausgebaut werden.
Ein weiteres Highlight ist die Einführung von Adobe Gen Studio, einer Plattform für Performance-Marketing, die Creative Cloud, Express und Experience Cloud miteinander verbindet. Diese Lösung richtet sich an Freelancer, Agenturen und Unternehmen, um Content- und Marketingkampagnen effizienter zu gestalten.
Zusätzlich stärkt Adobe die Produktivität im Dokumentenbereich durch den AI Assistant in Acrobat und Reader, der Aufgaben laut Adobe viermal schneller erledigen lässt. Die Verfügbarkeit wurde auf verschiedene Plattformen wie Browser und Microsoft Teams ausgeweitet, was die Reichweite enorm erhöht.
Die Zahlen sprechen für sich: Mit über 650 Millionen aktiven Nutzern, stark wachsendem Traffic auf Acrobat Web und wichtigen Enterprise-Kundengewinnen wie Kaiser Permanente und dem US-Außenministerium demonstriert Adobe seine Führungsposition.
Diese Kombination aus technischer Innovation und strategischer Marktanpassung hebt Adobe deutlich von der Konkurrenz ab und macht das Unternehmen zu einem zentralen Akteur in der KI-getriebenen Wirtschaft.
Ausblick und Bewertung
So drückt es jedenfalls der Vorstand aus, und im Allgemeinen würde ich den Aussagen auch zustimmen. Aber KI birgt jedoch auch ein gewisses Disruptionsrisiko. Das lässt sich nicht von der Hand weisen.
Das dürfte auch der Hauptgrund sein, warum die Aktie in den letzten Monaten tendenziell seitwärts läuft.
Die Börse hat sich noch nicht entschieden, ob Adobe eher ein KI-Gewinner oder KI-Verlierer ist.
Würde das Unternehmen als KI-Gewinner eingestuft, wäre die Bewertung wesentlich höher. Aktuell kommt Adobe nur noch auf eine forward P/E von 23,4.
Das ist für einen weltweit führenden Technologiekonzern mit einer derartigen Marktstellung und einem gut skalierbaren sowie hochprofitablen Geschäft viel zu wenig.
Ein gewisses Maß an Problemen ist also definitiv eingepreist. Sollte sich herausstellen, dass Adobe kein KI-Verlierer oder sogar ein Gewinner ist, wird es daher mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Neu- oder Rückbewertung kommen.
Seit der Umstellung auf ein Abo-System vor mehr als zehn Jahren pendelt Adobe um ein KGV von etwa 40. Die Bewertung ist derzeit also sehr viel niedriger als im langjährigen Durchschnitt.
Den absoluten Tiefpunkt hat das KGV 2022 erreicht, als es kurzzeitig auf 20,4 gesunken ist.
Das hat den Kurssturz ausgelöst
Die gestrigen Quartalszahlen haben dennoch zu einem Kurseinbruch geführt. Den Börsenmedien zufolge wurde der Absturz durch den schwachen Ausblick herbeigeführt – schauen wir uns also an, wie schwach er tatsächlich war.
Der Gewinn lag in Q4 mit 4,81 USD je Aktie weit über den Erwartungen von 4,68 USD. Mit einem Umsatz von 5,61 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen von 5,54 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 11 % und einem Gewinnsprung von 13 %.
Das Segment Digital Media verzeichnete ein Umsatzplus um 12% auf 4,15 Mrd. USD und das Segment Digital Experience ein Wachstum von 10% auf 1,40 Mrd. USD. Umsatz, Gewinn und Cashflow haben jeweils neue Rekorde erreicht.
Der Wert der ausstehenden vertraglichen Verpflichtungen („Auftragsbestand“, Remaining Performance Obligations / RPO) konnte im Jahresverlauf um 16 % auf 19,96 Mrd. USD gesteigert werden.
Man kann wahrlich nicht behaupten, dass es bei Adobe schlecht laufen würde. Klammert man Währungseffekte aus, hat das Unternehmen den Umsatz in jedem einzelnen Quartal um 11-12 % gesteigert.
In Summe kletterte der Umsatz um 11 % auf 21,51 Mrd. USD und der Gewinn um 14 % auf 18,42 USD je Aktie.
Für das gerade begonnene Geschäftsjahr stellt man eine ähnliche Entwicklung in Aussicht.
Der Umsatz soll um etwa 9 % auf 23,3 – 23,55 Mrd. USD und der Gewinn um etwa 10-11 % auf 20,20 – 20,50 USD je Aktie steigen.
Das würde einer leichten Verlangsamung des Wachstums entsprechen. Es sollte aber jedem bewusst sein, dass Prognosen so gestaltet werden, dass man sie nicht nur erreichen, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit übertreffen kann.
Das angebrochene Geschäftsjahr dürfte demnach in etwa so ausfallen wie das letzte.
Aus technischer Sicht ist der Chart zwar übergeordnet bullisch, aber trotzdem angeschlagen. Fällt die Aktie jetzt per Wochenschluss unter 477 USD, muss mit weiteren Kursverlusten in Richtung 440 USD gerechnet werden.
Weitere Anlaufstellen auf der Unterseite liegen bei 400 und 382 USD.
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