Börse aktuell

Hier erfahren Sie, was an der Börse aktuell geschieht. Unser Börsenexperte Ronald Gehrt beobachtet täglich das aktuelle Börsengeschehen und fasst die neuesten Börsendaten und Börsenberichte wöchentlich für Sie zusammen. Mit Börse aktuell bringen wir die wichtigsten Börsennachrichten auf den Punkt und kommentieren, was momentan an der Börse los ist.

Börse: Aktuelle Nachrichten der Woche

Neues von der Börse: Unsere aktuellen Börsennachrichten informieren Sie jede Woche über die derzeitige Börsenentwicklung. Was beschäftigt die Börse? Was steht diese Woche an? Diktieren Bullen oder Bären die Märkte? Sollten Sie Ihre Investitionen erhöhen oder lieber Gewinne mitnehmen? Wir geben Ihnen die Antworten auf diese Fragen, wagen einen Ausblick auf die kommende Börsenwoche und bewerten anstehende Ereignisse, die Auswirkungen auf den Börsenverlauf haben könnten.


Börse aktuell vom 07.-13.04.2025

Wie handelt man in Chaos-Phasen wie diesen?

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DAX
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Zum DAX

Die Aktienindizes sind zum Wochenende nach unten gerauscht wie defekte Fahrstühle. Die Verluste waren immens … und man könnte versucht sein, folgendes zu denken: „Jetzt auszusteigen lohnt sich nicht mehr“ (wenn man ein normaler Anleger ist) und „jetzt kann ich extrem viel Geld in kürzester Zeit machen“ (wenn man ein Trader ist). Beides könnte für die Situation an der Börse aktuell stimmen. Aber in chaotischen Marktphasen sind einfache Antworten selten richtig. Wie handelt man in einer Phase wie dieser?

Ich muss sehr am Riemen reißen, um nicht wieder etwas zu den Entwicklungen in Absurdistan zu schreiben, das Land, das man bis vor kurzem noch die USA nannte. Aber erstens bin ich kein politischer Journalist, zweitens habe ich mich im Zuge der Analysen im LYNX Börsenblick darüber ausgelassen und drittens schreiben berufenere Geister schon genug darüber. Also braucht es meine Sicht der Dinge nicht auch noch. Und ein Wechsel hin zum heutigen Thema war letztlich zwingend angesichts dessen, was da am Freitag ablief.

Nein, das war noch kein Crash, obwohl ich die ganze Zeit darauf wartete, ob die US-Indizes es schaffen, in die erste Circuit Breaker-Phase zu rutschen, bei der bei einem Minus von sieben Prozent in einem der großen Indizes für zehn Minuten der Handel ausgesetzt wird. Ein Crash, das ist das, was Sie im folgenden Chart sehen:

Börse aktuell: Dow Jones - Börsencrash Oktober 1987 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Dow Jones – Börsencrash Oktober 1987 | Quelle: marketmaker pp4

Das nenne ich einen Crash. 22,6 Prozent Verlust im Dow Jones an einem Tag, damals, im Oktober 1987. Ich zeige Ihnen diesen Chart nicht, weil ich hier herum orakeln wollte, dass ein solcher Tag bevorsteht. Ich habe keine Ahnung, ob das der Fall sein wird. Ich weiß aber, dass es fatal unklug wäre, das einfach auszuschließen – mit den -5,5 Prozent vom Freitag dürfte ja auch kaum jemand gerechnet haben. In diesem Umfeld die eingangs formulierten Gedanken zu hegen, sollte man, so meine Meinung, lieber lassen. Nein, es ist nie zu spät, um zu verkaufen, weil man eben nicht weiß, wie es weitergeht. Das weiß man sowieso nie sicher. Aber jetzt haben wir eine Chaos-Phase, in der immer mehr Akteure völlig kopflos agieren. Da schließt man als Anleger besser absolut nichts aus … dazu unten gleich mehr. Und nein, in einer Situation wie dieser ist es nicht leicht, als Trader einen Haufen Gewinn zu machen.

Was Trader jetzt schaffen müssen

Ich bin offen gesagt eher nicht derjenige, der imstande ist, sich von der Logik der Rahmenbedingungen effektiv zu lösen und diszipliniert wie ein Computer zu traden. Dennoch war diese letzte Woche für mich als Trader erfolgreich. Aber es war Knochenarbeit. Absolut diszipliniert und konzentriert zu bleiben … und das vor allem ab Mittwochabend nonstop … das ist kein leicht verdientes Geld. Und wenn man nicht wirklich imstande ist, sich wie ein computergesteuertes Handelssystem zu verhalten, sprich dauernd aufmerksam zu bleiben und schnell und entschieden in der Reaktion zu sein, geht das schief! Schauen Sie sich hier mal den Chart des DAX für Freitag auf Fünf-Minuten-Basis an, dann wird deutlich, was ich meine:

Börse aktuell: DAX Entwicklung am 04. April 2025 - extreme Volatilität | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX Entwicklung am 04. April 2025 – extreme Volatilität | Quelle: marketmaker pp4

Es gab eine einzige kurze Phase, die aber nur 20 Minuten dauerte, in der es stetig abwärts ging. Das war ab 12 Uhr, also in dem Moment, in dem China die Gegenzölle verkündete. Ich glaube nicht, dass es vielen da anders ging (wobei ich nicht diesen Index trade, aber das ist nicht der Punkt):

Der Markt rauscht plötzlich viel extremer nach unten als vorher, aber man hat keine Ahnung, was los ist. Bis ich mitbekam, was da passiert, war der Markt schon drastisch gefallen. Noch mitziehen bzw. Position ausbauen oder die Chance nutzen, um Kasse zu machen? Wie will man das entscheiden, wenn man gar nicht weiß, was los ist? Andererseits:

Sobald man es weiß, kommt gleich die nächste Frage: Wie weit drückt das die Kurse? Immerhin krachte der DAX mit den US-Futures mit ein, obwohl es ihn nur in zweiter Linie betrifft, da hätte jederzeit eine Gegenbewegung kommen können. Die dann ja auch kam, gegen 15 Uhr war fast der gesamte, vorherige „China-Selloff“ wieder aufgeholt, nur, um dann sofort einer erneuten Abwärtsbewegung zu weichen. Willkommen in der Achterbahn der Bekloppten!

Sehen Sie sich dazu die Skalierung an: Selbst in diesem Tagesverlauf klein wirkende Kerzen machten 100 und mehr Punkte aus. Da kann man nicht einfach mal so vor sich hin traden. Nicht mit nennenswerten Positionen. Denn es kann jederzeit, egal ob mit Rückenwind vom Nachrichtenticker oder ohne, zu extrem starken Gegenbewegungen kommen. Alleine, wenn Bären nur ein paar Gewinne mitnehmen wollen, kann das einen rasant fallenden Markt auf dem Absatz in die Gegenrichtung schicken.

Wer in diesem Markt agiert, muss daher vier Dinge schaffen, um am Ende erschöpft, aber mit mehr Geld als zuvor aus dem Getümmel zu kriechen:

1. Obwohl es so wirkt, als würde man gerade jetzt mit vollen Segeln fahren müssen, weil die Kurse so weite Strecken zurücklegen: Agieren Sie mit einem gezielt kleineren Kapitaleinsatz als sonst, denn die Kurse schwanken in beide Richtungen extrem und das dauernd und ohne Vorwarnung. Da wird man zwangsläufig immer mal wieder auf dem falschen Fuß erwischt, das muss man sich leisten können. Und das kann man nur, wenn man wenig Verlust macht, weil man auch wenig Geld einsetzt.

2. Sie müssen damit klarkommen, ggf. drei, vier oder fünfmal „blöd“ ausgestoppt zu werden. Ein guter Trader bleibt dran, weil er weiß: Bleibt man diszipliniert am Ball, kommen auch irgendwann die Impulse, die viele kleine Verluste mehr als kompensieren.

3. Diese Disziplin ist jetzt nicht wünschenswert, sondern unabdingbar. Bleiben Sie gelassen (was leichter ist, wenn man nicht um Haus und Hof zockt!) und folgen Sie Ihrem Trading-Ansatz. Wenn Sie ein Handelssystem haben, das sich bewährt hat, nutzen Sie es auch. Die Kurse bewegen sich ja wie immer, nur viel schneller und über größere Distanzen, was es aber nur nötig macht, Ihren Trading-Ansatz auf kürzere Zeitraster herunter zu schrauben. Beispiel: Mein Handelsansatz agiert normalerweise in Zeitrastern zwischen minimal 15 Minuten und maximal vier Stunden. Am Freitag bin ich zeitweise auf ein Zehn-Sekunden-Raster heruntergegangen, um mithalten zu können.

4. Verkneifen Sie sich jegliche Meinung darüber, wie es in einer Stunde oder morgen weitergeht. Sie können es nicht wissen. Aber wenn Sie ein Bild vor sich haben und zulassen, dass Ihnen dieses Bild und nicht das, was gerade wirklich passiert, die Hand führt, sind Sie auf einmal in einer Rallye Short und in einem Selloff Long, wenn es dumm läuft. Und da kann einmal reichen, um den Gewinn aus zehn disziplinierten Trades zu eliminieren!

Was Sie als Anleger schaffen müssen

Wer nicht tradet, sondern investiert, hat dafür immer zwei grundlegende Möglichkeiten: Kaufen und liegenlassen oder aber kaufen und jederzeit den Markt im Blick behalten, um aktiv auf Situationen zu reagieren. Ich bin absolut kein Freund der ersten Möglichkeit, alleine, weil man sich dann darauf verlässt, dass Aktien langfristig immer steigen. Was zwar stimmt, der Haken ist aber, dass „langfristig“ auch mal länger sein kann als man denkt. Und will man wirklich in einer Situation sein, in der man 13 Jahre warten will, um nur seinen Einstandskurs wiederzusehen, weil man sich von einer Hausse hat in den Markt ziehen lassen und deswegen nahe am Hoch gekauft hat? So, wie man als Käufer Anfang 2000 bis 2013 warten musste, um wieder dazu stehen, wo man herkam?

Börse aktuell: DAX Entwicklung - 13 Jahre bis zu einem neuen Hoch | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX Entwicklung – 13 Jahre bis zu einem neuen Hoch | Quelle: marketmaker pp4

Ich rate dringend dazu, das Ersparte nicht einfach sinnbildlich unter den Teppich zu schieben und zu hoffen, dass es mehr geworden ist, wenn man ab und an mal nachschaut. Jeder Anleger, der sein Erspartes ernst nimmt, muss damit auch entsprechend umgehen. Und das heißt: Grundkenntnisse in Sachen Börse, überlegter Einsatz des Geldes und nichts ohne Stoppkurs. Schauen Sie nochmal ganz nach oben auf die Grafik des 1987er-Chrashs:

Wer aufmerksam war, wäre vor dem Crash ausgestiegen. Vorher hatte der Dow Jones zunächst ein Topp vollendet und dann, einen Tag vor dem Crash, auch die 200-Tage-Linie durchbrochen. Hätte man auf Ersteres nicht reagiert, so hätte man es spätestens beim Bruch der 200-Tage-Linie sofort tun müssen. Nicht „bei Gelegenheit kümmere ich mich drum“, sondern sofort!

Ja, was wir damals sahen und heute sehen, passiert nicht oft. Aber wenn es passiert, ist schnell mal der Gewinn eines Jahres weg … mit dem Risiko, dass es noch schlimmer wird. Sehen Sie dazu nur den Dow Jones an der Börse aktuell an:

Börse aktuell: Dow Jones - Alarmsignale vor dem 04. April 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Dow Jones – Alarmsignale vor dem 04. April 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Wir haben die gleichen Signale wie damals 1987 … und jeder, der das nötige Grundwissen hat und weiß, dass man auf sein Geld aufpassen muss, wäre am vorher, also am Abend des Donnerstags oder gleich am Freitagmorgen, aufgrund der bärischen Signale im Chart ausgestiegen!

Als Anleger muss es Ihnen gelingen, die Grundregeln des Investierens konsequent umzusetzen. Vorsichtig agieren, das Kapital auf verschiedene Bereiche verteilen, nie ohne Stoppkurse agieren und, das gilt für jetzt besonders: Nie ins fallende Messer greifen, sprich nie gegen den Trend agieren!

Was wir jetzt alle schaffen müssen

Dieses „nie gegen den Trend“ ist dabei viel, viel leichter in die Tasten gehauen als umgesetzt, das ist mir schon klar. Denn natürlich kann es durch Eindeckungen von Short-Positionen jederzeit zu immensen Gegenbewegungen kommen. Von denen man nicht über den Haufen gerannt wird, wenn man zwar trendkonform Short ist, aber diszipliniert mit kleinem Kapitaleinsatz agiert und eine Stop Loss-Verkaufsorder platziert, die knapp über vermutlich entscheidenden Chartmarken liegt. Aber wenn man weiß, dass es auch zu Kaufwellen kommen kann wie z.B. damals im März 2020, will man denen nicht entgehen, nein, man will sie mitmachen!

Wogegen grundsätzlich auch nichts spricht, aber wenn, dann eben mit der nötigen, absoluten Disziplin, will heißen: Nicht auf die Idee kommen, das Tief erwischen zu wollen. Wir bewegen uns in einer Phase, in der nichts absehbar ist. Washington ist derzeit komplett unberechenbar. Dass wir jetzt also so etwas sehen wie im März 2020, als aus einer Gegenbewegung eine Trendwende wurde, die von Hoffnung getragen wurde und im November, als die Sache gerade zu kippen drohte, mit der US-Wahl und den ersten Impfstoffen gerade rechtzeitig die nötige Unterfütterung bekam, ist nicht komplett unmöglich. Aber es ist unwahrscheinlich genug, um …

Börse aktuell: DAX Entwicklung nach dem Corona-Crash im Jahr 2000 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX Entwicklung nach dem Corona-Crash im Jahr 2000 | Quelle: marketmaker pp4

… als Anleger zu sagen: Ich mache einfach nichts, das wird schon wieder … oder als Trader gegen den Trend zu agieren. Was wir, wenn wir in einer Marktphase, die nur für Unbedarfte simpel wirkt (einfach auf fallende Kurse setzen und reich werden, haha) und in Wahrheit kaum schwieriger zu bewältigen sein könnte, zwingend schaffen müssen ist, die absolute, emotionslose Konsequenz aufzubringen, die das Gros der Akteure gerade vermissen lässt. Und, noch einmal:

Je kleiner der Kapitaleinsatz ist, desto besser. Auch, wenn die Kurse sich in normalen Phasen weniger schnell und weit bewegen, so sind es diese „normalen“ Zeiten, in denen man mit weniger Unsicherheit und dadurch mit der Möglichkeit, größere Positionen zu fahren, mehr verdient. Wobei ich jetzt mal abschließend eine kühne Behauptung wage:

Wer es schafft, heil durch ein derartiges, im Nebel liegendes Minenfeld zu kommen, weil er/sie es hinbekommen hat, sich nicht verleiten zu lassen (zumindest in der Mehrzahl der Fälle, wir sind ja keine Maschinen) und diszipliniert zu bleiben, den haut danach nichts mehr um. Sobald man diesen Punkt erreicht hat, bleiben Phasen wie diese „Trump-Börse“ zwar anstrengend. Aber sie schrecken einen nicht mehr. Das zu erreichen, ist ein lohnendes Ziel.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

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Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.
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Börse aktuell: DAX, Dow Jones und Co.

Die heutigen Top-News und Börsenmeldungen zum DAX und der Börse USA mit dem Dow Jones, dem Nasdaq und dem S&P 500 als weltweit einflussreiche Indizes bilden einen Schwerpunkt unserer aktuellen Berichterstattung von der Börse. Auch gute Aktien, die momentan sehr stark im Fokus der Anleger stehen und steigende Börsenkurse prophezeien, werden wir Ihnen hier vorstellen. So bekommen Sie einen umfassenden Börsenausblick und können Ihre eigenen Börsenprognosen verifizieren oder falsifizieren.

Börse: Aktuelle Entwicklung und Trends

Die aktuelle Entwicklung und der aktuelle Trend an der Börse werden maßgeblich von Wirtschaftsnachrichten, Konjunkturdaten und Neuigkeiten von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Diese wirken sich nicht nur auf Aktienkurse aus, sondern auch auf andere Assetklassen wie börsengehandelte Fonds, Optionen und Futures. Des Weiteren werden durch Börsennachrichten auch die Anleihemärkte und Rohstoffmärkte in Bewegung versetzt. Daher haben wir auch die Zinsen, den Ölpreis und Goldpreis immer im Blick.

Börse: Aktuelle Tipps zum Marktgeschehen

Neben Börsennews bekommen Sie auch hilfreiche Tipps, um das gegenwärtige Marktgeschehen besser zu interpretieren. Der Börsenmarkt setzt sich aus vielen verschiedenen Märkten zusammen. Jedes Land, jede Branche und jedes Finanzprodukt wird von individuellen Faktoren beeinflusst, sodass es schwierig ist, alle Märkte mit ihren jetzigen Chancen und Risiken zu verfolgen und zu analysieren. Mit Börse aktuell liefert Ihnen unser Börsenprofi die Börseninformationen, die wirklich wichtig sind, und zugleich eine kompakte Börsenvorschau der Woche.

Börse aktuell: Die letzten Nachrichten

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren, aber wir könnten Analysen für dieselbe Aktie veröffentlichen.

Die meisten Menschen unterteilen das, was sie tun oder beurteilen, oft unbewusst in Abschnitte. Uhr und Kalender spielen für uns eine große Rolle. Und das gilt genauso für die Börse. Einzelne Quartale werden von den Unternehmen als Berichtsabschnitte genutzt, von institutionellen Investoren als strategische Meilensteine … und sie können daher uns Anlegern als Chance dienen. Sehen wir uns das mal an.

Wenn ich das hier fertig habe, mache ich mir erst einmal einen Kaffee … denken wir nicht fast alle so? Sagen wir uns nicht: Wenn ich diese Woche hinter mir habe, gönne ich mir erst einmal ein gemütliches Wochenende? Hört man sich nicht bisweilen sagen: Dieser Monat war heftig, aber nächsten Monat werde ich endlich sparen / abnehmen / mehr Sport treiben / gesünder essen / die Steuererklärung machen? Ich kann nicht für jeden sprechen, aber ich kenne kaum Ausnahmen:

Wenn man mal genau hinschaut, unterteilen wir unser Leben in kleine und große Abschnitte, und sei es, indem man sich sagt: Dazu komme ich nie, aber wenn ich erst einmal Urlaub habe / in Rente bin / wieder gesund bin, dann geht’s aber los! Und dieses „Abschnitts-Denken“ spiegelt sich, wen wollte es wundern, auch an der Börse wider.

Die Börse läuft in Abschnitten … und Quartalsübergänge sind da dominant

Eine „Taktung“ nach dem Kalender findet sich auch, aber deutlich weniger oft und weniger zuverlässig als bei Branchen und Einzelwerten, bei großen Indizes. Sie basiert darauf, dass zwei wichtige Termine nahe am bzw. direkt am Quartalsende liegen.

Da ist zunächst die große Abrechnung an der Terminbörse an jedem dritten Freitag des dritten Monats eines Quartals. Nur da, an diesem sogenannten „dreifachen Hexensabbat“, werden über die Optionen hinaus auch noch die Futures abgerechnet, zugleich orientieren sich die Laufzeiten vieler Optionsscheine und Zertifikate an diesen Terminen. Dadurch entsteht für die großen Adressen am Markt nach diesen nahe am Quartalsende liegenden Terminen eine Zäsur – die sich aber oft erst etwas später auswirkt, weil dann auch noch der Quartalsultimo nahe ist. Und auch der ist für die großen Akteure, vor allem für die Fonds, wichtig, denn:

Börse aktuell: Entwicklung deutscher Branchenindex Automobile von 2022 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Onliner Broker LYNX
Entwicklung deutscher Branchenindex Automobile von 2022 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Große Adressen nutzen Quartalswenden gerne zur Adjustierung ihres Portfolios

Weil wir in Abschnitten denken und Quartale dabei eine hohe Relevanz besitzen, nicht zuletzt, weil ja auch die Unternehmen quartalsweise Zwischenmeldungen abliefern, sind die Performances einzelner Quartale von besonderer Bedeutung. Die werden genau beachtet, oft dienen sie als Entscheidungsgrundlage dafür, wie Anleger ihre Positionen einordnen. Daher versuchen Fonds und Hedgefonds (ETFs haben diesen Spielraum ja aufgrund der Notwendigkeit nicht, Benchmarks genau nachzubilden), ihre Performance zu solchen Quartalsenden hin zu optimieren. Das nennt sich „Window Dressing“ – ein gutes Bild, weil man da ja in der Tat nichts anderes tut, als durch gezielte Käufe und Verkäufe das Schaufenster des eigenen „Ladens“ werbewirksam aufzuhübschen.

Sind die große Abrechnung am Terminmarkt und der Quartalsultimo aber vorüber, haben diese großen Akteure die ideale Gelegenheit, ihre strategische Ausrichtung zu überprüfen und ggf. anzupassen. Und das bietet die Basis für neue Trendimpulse, indem bestimmte Branchen, die entweder schon gut bzw. zu gut gelaufen sind oder deren Perspektiven sich eingetrübt haben, Verkaufsdruck sehen … und indem andere, die als günstig oder perspektivisch spannender eingeordnet werden, durchstarten. Und das bietet demjenigen eine Chance, der zu solchen Quartalswenden, wie wir sie jetzt gerade sehen, genau hinschaut.

Börse aktuell: Entwicklung Standard & Poor's US-Halbleiter-Index von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Onliner Broker LYNX
Entwicklung Standard & Poor’s US-Halbleiter-Index von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Neues Quartal, neuer Trade … aber es gibt ein paar Dinge zu beachten

Die den Beitrag begleitenden Charts zeigen Beispiele für solche Fälle. Hier die Augen offen zu halten und frühzeitig zu erkennen, was offenbar nicht nur von ein oder zwei, sondern einer größeren Zahl an großen Adressen als im neuen Quartal kaufenswert angesehen wird, kann sich durchaus lohnen. Wenn man zwei Aspekte im Hinterkopf behält:

Erstens gibt es natürlich nicht nur zu Quartalswenden Richtungswechsel. Ob es im Mai 2023 der Beginn des KI-Hypes war oder die Rallye der Rüstungsaktien ab Februar: Natürlich richten sich externe Einflüsse nicht nach dem Kalender. Nur alle drei Monate einmal genauer hinzusehen, reicht also nicht aus, wenn man sein Portfolio sinnvoll an den Gesamtmarkt-Trend angepasst halten will.

Zweitens müssen solche zu Quartalswenden auftauchende Impulse nicht ein Vierteljahr lang vorhalten. Die Dynamik kann versanden, die Sache kann sogar als Bumerang enden. Und zwar dann, wenn einige der „Großen“ zwar zu Beginn eines neuen Quartals stärker auf eine bestimmte Branche oder einige der aus ihrer Sicht stärksten Aktien der Branche setzen, andere institutionelle Investoren das aber nicht mittragen und die Käufe der anderen nutzen, um eigene Positionen in diesem Bereich abzubauen oder sogar, wenn es um Hedgefonds geht, aktiv gegen den Trendimpuls zu spekulieren.

Börse aktuell: Entwicklung führender Aktien der Luxusgüterbranche von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Onliner Broker LYNX
Entwicklung führender Aktien der Luxusgüterbranche von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Genau hinsehen lohnt: Es kann um die ganze Branche gehen oder um Einzelwerte

Wichtig ist auch, sich zugleich Branchenindizes anzusehen und dann die wichtigsten Einzelwerte innerhalb der Branche. Denn es kann durchaus sein, dass ein Branchenindex nicht gezogen oder gedrückt wird, weil große Investoren die gesamte Branche neu bewerten und entsprechend umstrukturieren, sondern es ihnen um einzelne Aktien innerhalb der Branche geht, bei denen sie ihre Ausrichtung verändern. Ein gutes Beispiel dafür ist die Luxusgüterbranche, in der es seit einigen Jahren zu einer auffälligen Übergewichtung von Hermès kommt, während die Kering-Aktie massiv unter Druck stand und aktuell auch noch weiter steht, wie unser vorstehender Chart zeigt.

Auch bei den Halbleiter-Unternehmen haben wir eine solche interne Schere. Oben hatten wir Ihnen ja den S&P 500 Halbleiterindex als Beispiel für öfter auftretende Wendepunkte an oder nahe an Quartalswenden gezeigt. Hier einmal ein zusätzlicher Blick auf einige der wichtigeren Aktien innerhalb dieses Index. Sie sehen:

Börse aktuell: Entwicklung Standard & Poor's US-Halbleiter-Index und Einzeltitel der Branche im Vergleich von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Onliner Broker LYNX
Entwicklung Standard & Poor’s US-Halbleiter-Index und Einzeltitel der Branche im Vergleich von 2021 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Auch da gibt es interessante Einzeltrends, die eine Beobachtung lohnen. Achten Sie da aber immer auch auf die Quartalszahlen. Liegen die, wie bei vielen Halbleitern, nahe nach einer Quartalswende, kann sich ein größerer Trendwechsel von der eigentlichen Quartalswende in den ersten Monat des neuen Quartals verlagern, weil man abwartet, bis diese Bilanzdaten vorliegen. 

Die „Großen“ geben die Richtung vor

Diese Quartalswechsel sind also grundsätzlich eine Zeitspanne mit höheren Chancen auf neue, frische Trendimpulse. Ebenso wie die großen Adressen da ihre Portfoliostruktur prüfen und ggf. ändern, kann man das als Privatanleger also auch tun. Wobei man natürlich auch eigene Ideen entwickeln und umsetzen könnte, was im neuen Quartal besser laufen und was man im Gegenteil besser aus dem Depot werfen könnte, aber:

Diese institutionellen Investoren sind von der Kapitalstärke her eben diejenigen, die Trends „machen“ und aufrechterhalten können. Eine eigene Idee ist zwar individueller und spannender als mit dem Strom zu schwimmen. Aber nur, wenn man mit seiner Erwartung eines neuen Trendimpulses nicht alleine steht, wird auch etwas daraus. Da bietet die „Herde“ also schon ein wenig mehr Schutz vor unliebsamen Entwicklungen, wobei:

Wie gesagt können solche Impulse zu Beginn oder nahe am Beginn eines Quartals auch „abgeschossen“ werden. Wenn man solchen auffälligen Bewegungen folgen möchte, die auf Neuausrichtungen bei großen Adressen hindeuten, darf man das nie ohne eine konsequente Absicherung über Stoppkurse tun!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren, aber wir könnten Analysen für dieselbe Aktie veröffentlichen.

Das am vergangenen Mittwoch veröffentlichte Statement sowie die neuen Projektionen der US-Notenbank wirkten insgesamt eher widersprüchlich. Die aktuelle Lage macht den Währungshütern Probleme, keine Frage. Aber wenn die größer werden, was könnte die „Fed“ dagegen tun?

Es ist kompliziert … ein banaler Spruch, der aber für die US-Notenbank vollumfänglich gilt. Es ist wirklich kompliziert, jetzt das Richtige zu tun. Und es dürfte im weiteren Verlauf des Jahres eher noch komplizierter werden.

Wie diffizil sich die Sache darstellt, lässt sich unmittelbar daran erkennen, dass sich die aktuellen, vierteljährlich aktualisierten Prognosen der US-Notenbank (kurz „Fed“ als Abkürzung für „Federal Reserve Bank“) für Wachstum, Inflation und Arbeitslosenrate zwar durchweg in Richtung „schlecht“ veränderten, die Eigenprognose in Sachen Leitzinssenkungen aber unverändert bleib. Konkret sah das so aus:

Der Himmel zieht sich zu, aber die „Fed“ senkt die Zinsen … wirklich?

Das Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts sieht man bei den Statistikern der US-Notenbank jetzt nur noch bei 1,7 Prozent im laufenden Jahr. Die vorherige, im Dezember präsentierte Prognose hatte da noch 2,1 Prozent vorausgesehen. Auch die Ausblicke auf die Jahre 2026 und 2027 wurden leicht nach unten korrigiert.

In Sachen Verbraucherpreise fürchtet man jetzt einen stärkeren Anstieg: Man erwartet eine Inflationsrate von 2,7 Prozent statt zuvor 2,5 Prozent im laufenden Jahr, 2026 dann 2,2, 2027 endlich 2,0 Prozent.

Nur beim Arbeitsmarkt ist man weiterhin optimistisch, die „Fed“ erwartet 2025 am Ende eine Arbeitslosenrate von 4,4 Prozent (bislang 4,3) und 2026/2027 eine bei 4,3 Prozent. Was nach dem Lehrbuch Vollbeschäftigung bedeuten würde (<4,5 Prozent).

Wenn man aber eine Inflationsrate erwartet, die sich auch in diesem Jahr konsequent und mehr als marginal über der Zielzone von 2,0 Prozent hält, wie kann man dann weitere Leitzinssenkungen prognostizieren? Diese Frage stellten sich einige Mitglieder des Federal Market Committee (FOMC), des Entscheidungsgremiums der „Fed“, das über den Zins entscheidet, allerdings auch, denn:

Diese zwei Senkungen um je 0,25 Prozent sind ein Mittelwert und keineswegs allgemeiner Konsens im Gremium. Einige wenige Ratsmitglieder sehen gar keine Senkung, andere, allerdings auch wenige, sogar drei und mehr. Da gibt es einen Dissens, der einen guten Hinweis darauf bietet, dass man eigentlich nicht wirklich weiß, was kommt. Und erst recht nicht, was dann zu tun wäre.

Börse aktuell: Entwicklung Inflationsrate und BIP-Wachstum der USA im Vergleich von 1971 bis 1986 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Inflationsrate und BIP-Wachstum der USA im Vergleich von 1971 bis 1986 | Quelle: marketmaker pp4

Die Quadratur des Kreises: Die „Fed“ könnte vor eine unmögliche Aufgabe gestellt werden

Im Gegensatz zur EZB, die alleine Preisstabilität sicherzustellen hat und sich nicht aktiv in Wachstumsfragen einmischen darf, kann und soll das die US-Notenbank im Grundsatz tun, denn neben Preisstabilität ist die Sicherstellung günstiger Rahmenbedingungen für Vollbeschäftigung eine ihrer unmittelbaren Aufgaben. Sie kann und muss also einerseits zusehen, dass die Inflation nicht zu hoch ist, aber auch keine Deflation entsteht, andererseits aber auch ein Umfeld ermöglichen, in dem Wachstum einen gesunden Arbeitsmarkt sicherstellt. Das ist normalerweise auch machbar. In Phasen, in denen vieles nicht normal ist, kann das aber die Quadratur des Kreises erfordern. Und genau das zeichnet sich ab.

Umfassende Entlassungen im Bereich der öffentlichen Hand werden Probleme am Arbeitsmarkt und bei der Effizienz der Behörden nach sich ziehen. Zugleich werden die vom Weißen Haus verhängten Einfuhrzölle Probleme machen: Die Importeure bekommen Preisdruck, Lieferketten können reißen, Importwaren werden teurer, die heimischen Unternehmen werden das ausnutzen und so weit wie möglich ebenfalls mit ihren Preisen nach oben gehen. Auch für den Arbeitsmarkt sind Folgen der Zölle denkbar. Hinzu kommt die Verunsicherung der Verbraucher, die sich bereits in markant sinkenden Verbrauchervertrauens-Daten niederschlagen.

Börse aktuell: Entwicklung US-Konsumentenvertrauen von 2014 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung US-Konsumentenvertrauen von 2014 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Das Problem für die Notenbank ist aber: Noch ist das alles nicht oder nur im Ansatz in den Daten sichtbar. Wie stark die Effekte sein werden, ist daher bislang offen. Aber grundsätzlich müsste die „Fed“ im Fall eines wegbrechenden Arbeitsmarkts, einer anziehenden Teuerung oder, wenn es dumm kommt, bei beidem zugleich, rasant handeln, denn bis Notenbank-Maßnahmen greifen, dauert es seine Zeit. Nur wäre ein präventives Handeln riskant, weil eben nicht sicher ist, was genau auf die US-Wirtschaft zukommt.

Zumal man das Problem hat, dass man eine Rezession bei zugleich anziehender Inflation nicht zeitgleich effektiv bekämpfen könnte, denn:

Entweder man versucht, die Teuerung herunterzubekommen, indem man Konsum und Investitionen und damit den Preisanstieg über Druck auf die Nachfrage durch teurere Finanzierungen bekämpft. Das aber würde die Konjunktur noch mehr unter Druck setzen.

Oder man versucht, das Wachstum wieder in Fahrt zu bekommen, indem man die Zinsen schnell und deutlich senkt und so die Nachfrage über billige Kredite befeuert. Was dann aber das Risiko beinhaltet, dass die Inflation nur noch mehr anzieht, weil ein Konsum- und Investitionsboom nun einmal preistreibend wirkt.

Beides zugleich wird man also kaum schaffen, nur könnte es sein, dass genau diese Quadratur des Kreises in Kürze gefragt wäre. Und das Problem für die „Fed“ ist eben nicht nur diese Zwickmühle an sich, sondern dass nicht abzuschätzen ist, ob sie sich überhaupt aufbaut und wenn ja, wann und wie heftig es dann laufen würde.

Die Trump’sche Zollpolitik stellt die „Fed“ vor Probleme

Donald Trump ist jetzt gut zwei Monate im Amt und hat in dieser Zeit zwar so allerhand an Stellenstreichungen zugelassen und an Zöllen verfügt, die Volkswirte warten aber vergebens auf eine Art Plan dahinter, auf Berechnungen, was das genau wann und warum bringen wird, was es für Risiken gibt und so weiter und so fort. Wohl, weil es diese Planungen und Berechnungen, z.B. seitens Finanz- oder Handelsministerium, nicht gibt. Andererseits: Wie auch, wenn Mr. Trump vieles offenbar eher spontan entscheidet. Das verstört aber nicht nur die Verbraucher, sondern auch die US-Notenbank.

Denn damit hat man keine Vorlaufzeit, kann immer nur reagieren statt proaktiv zu handeln. Wüsste man, was alles mit Einfuhrzöllen belegt wird, wie lange das andauern wird und, auch mit entscheidend, welche Nationen dann welche Gegenmaßnahmen treffen würden, könnte man zumindest grob schätzen, welche Konsequenzen das für Wachstum und Teuerung haben dürfte. So wie es die EZB am Donnerstag tat. Dort nahm man einfach mal an, die von Donald Trump für den 2.4. avisierten „25 Prozent auf alles“ treten in Kraft, dann würde, so die EZB-Statistiker, das Eurozone-Wachstum um 0,3 Prozent im laufenden Jahr gedrückt und die Inflation um 0,5 Prozent höher ausfallen als ohne Zölle. Da kann die US-Notenbank nur neidisch über den Atlantik blicken, denn die EZB hat nur einen „Gegner“ in Sachen Handel zu berechnen. Die „Fed“ kann nicht einmal ahnen, wie viele es ab wann und wie lange sein werden.

Börse aktuell: Entwicklung der Inflation in der Eurozone von 2015 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Inflation in der Eurozone von 2015 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Das bedeutet, dass man vermutlich andauernd „behind the curve“ unterwegs sein, sprich der Entwicklung hinterherlaufen wird. Und wenn dann zeitgleich die Inflation steigt und das Wachstum wegbricht, hat man ohnehin ein Problem, denn:

Donald Trump und die „Fed“: Hand in Hand zu arbeiten wäre wichtig, aber …

Beides zugleich mit den Mitteln der „Fed“ zu bekämpfen ist eben nicht drin … und dass man überhaupt auch nur ein Problem löst, ist nie sicher, denn die Notenbank kann ja weder Politik noch Verbraucher zu etwas zwingen. Man kann die Steuern nicht beeinflussen, die Kreditaufnahme nur bedingt über den Zins steuern, man kann nicht in die Rechtsprechung eingreifen. Und vor allem hat man, das zeigte schon Trumps erste Amtszeit, keinen guten Draht zur Regierung. Der aber wichtig wäre, wenn es ernst wird.

Das Problem ist, dass Donald Trump nicht wirklich wie ein Ökonom handelt und seine Minister ihm offenbar selten bis nie widersprechen, egal, was er tut. Für ihn sind hohe Zinsen immer schlecht, weil sie die Wirtschaft behindern. Inflation kümmert ihn wenig, womöglich, weil diejenigen, die ohnehin genug Geld haben, damit kein Problem haben, es ist ja genug Geld da. Zumal seine Philosophie ist, dass Inflation deswegen ein nicht wirklich wichtiger Aspekt ist, weil starkes Wachstum, das Inflation erzeugt, auch für steigende Löhne sorgt, also kostet zwar alles mehr, aber es verdienen auch alle mehr, da bleibt doch alles beim alten.  

Die US-Notenbank weiß, dass es nicht so ist, zumal man jetzt noch dem Risiko ausgesetzt ist, dass die Zollpolitik zum Bumerang wird und statt starkem Wachstum Stagnation entsteht, im schlimmsten Fall Rezession mit Inflation einhergeht. Und zugleich weiß man bei der „Fed“, dass Donald Trump eigentlich der Ansicht ist, dass er und nicht irgendwelche Notenbanker zu bestimmen haben, wie das mit den Zinsen zu laufen hat. Wenn es zu einer problematischen Situation kommt, wird die „Fed“ also vermutlich auch noch permanente Attacken und Forderungen aus dem Weißen Haus auszuhalten haben, womöglich wird man dort sogar versuchen, gegen das geltende Recht Notenbankmitglieder zu feuern und gegen Personen auszutauschen, die bereit sind, den Vorstellungen und Forderungen des Präsidenten nachzukommen.

Börse aktuell: Entwicklung der wichtigsten US-Indizes nach der US-Wahl | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der wichtigsten US-Indizes nach der US-Wahl | Quelle: marketmaker pp4

Fazit: Es könnte ruppig werden, seien Sie auf Überraschungen gefasst

Dass der US-Aktienmarkt derzeit nach unten läuft, kommt also nicht von Irgendwoher. Einige mochten sich davon blenden lassen, dass die „Fed“ letzte Woche versuchte, diesem „vielleicht“ auf allen Ebenen irgendwie eine ruhige Hand entgegenzusetzen und weiterhin kommuniziert, dass die Leitzinsen in diesem Jahr zweimal sinken könnten, weil der Arbeitsmarkt noch stabil ist und das Wachstum gedrückt, aber doch erhalten bleiben könnte. Aber die Notenbank kann nicht einmal ansatzweise wissen, ob diese Projektionen eintreffen, egal welche von ihnen. Vermutlich wird man alles, und das mehrfach, korrigieren müssen.

Das ist eine Gemengelage, die Investoren fürchten wie der Teufel das Weihwasser, vor allem das internationale Kapital, daher: Es kann nicht schaden, sich in Sachen US-Aktienmarkt, US-Anleihen, Gold, Euro/US-Dollar und sicherlich auch in Bezug auf die Energiepreise darauf einzustellen, dass in nächster Zeit der ewige Begleiter der Trader, das Unerwartete, immer mal wieder hereinschaut!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Quellen:
Statement der US-Notenbank vom 19.03.2025; https://www.federalreserve.gov/newsevents/pressreleases/monetary20250319a1.htm
Konjunktur-Projektionen der US-Notenbank vom 19.03.2025; https://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/files/fomcprojtabl20250319.pdf

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren, aber wir könnten Analysen für dieselbe Aktie veröffentlichen.

Wenn man in einer globalisierten und komplexen Welt an einem wichtigen Faden zieht, kann man nie sicher sein, was sich dann am anderen Ende der Welt, aber auch direkt vor der eigenen Nase, alles in Bewegung setzt. Donald Trumps „Zoll-Strategie“ tut genau das. Die Folgen sind unabsehbar: Sie könnten sich im Rahmen halten und womöglich Trumps Ziele erreichen. Oder die Sache kann völlig aus dem Ruder laufen. Wo liegen die Risiken?

So, wie sich US-Präsident Trump die Sache vorstellt, ist sie ebenso einfach wie effektiv. Er hebt die Einfuhrzölle für ausländische Waren an, um a) dadurch ein Druckmittel zu haben, um die betroffenen Länder dazu zu bringen, mehr US-Waren zu importieren und/oder ihre Einfuhrzölle für US-Güter zu senken oder zu eliminieren. Zugleich füllt das b) die US-Staatskasse und ermöglicht es, aufgrund der daraus erzielten Einnahmen andere Dinge zu finanzieren, medial propagiert werden da natürlich vor allem Steuersenkungen. Und c) drängt er dadurch unerwünschte ausländische Produkte vom US-Markt und protegiert die heimische Wirtschaft, was den Unternehmen mehr Gewinn, den Bürgern mehr Jobs und zugleich höhere Löhne bringen soll.

Das Dumme ist nur, dass es so einfach eben nicht ist. Denn Mr. Trump sieht oder proklamiert nur die Vorteile, nicht die Fallsticke mit drastisch negativen Konsequenzen. Ob er die nicht sehen kann oder nicht sehen will, sei mal dahingestellt. Aber wer sollte ihn davon abbringen, obige Vorteile als alleine relevant zu sehen? Seine Berater? Davon mal abgesehen, dass Donald Trump erfahrungsgemäß keiner ist, der Widerspruch oder auch nur ein „aber“ hören mag, zeichnen sich seine Berater bislang nur dadurch aus, dass sie mit ihm völlig einer Meinung sind und Kompetenz und Weitblick ihres Chefs preisen.

Man täte also gut daran, nicht damit zu rechnen, dass der Kurs korrigiert wird, wenn er in den Graben führt. Um mal einen Anhalt zu bekommen, wie leicht ein solches Gezupfe am Netz der Weltwirtschaft schiefgehen kann, muss man nicht weit in der Geschichte zurückgehen:

Materialengpässe, Inflation, Lieferketten-Chaos … nur wegen der Lockdowns.

Im Nachhinein könnte man behaupten, das, was als Folge der Corona-Lockdowns passierte, sei absehbar gewesen, weil es eine Kette in sich schlüssiger Ereignisse und Folgen war. Doch wieso hatte das dann niemand genau so vorhergesagt? Weil jede dieser Entwicklungen kommen konnte, aber nie musste und aus Entwicklungen heraus entstand, die ebenfalls so kommen konnten, aber nicht mussten. Blicken wir zurück:

Als man das öffentliche Leben und mit ihm die Produktion einfror, hatte man weltweit vor allem den Schutz der Menschen im Blick. Was die Wirtschaft anging, dachte man sich, im ersten Moment ja auch scheinbar logisch: Wenn da für ein paar Wochen die Bänder stillstehen, holt man das halt später einfach mit ein paar Zusatzschichten wieder auf. Erst mit der Zeit wurde klar, dass man mit Zitronen gehandelt hatte, weil diese Lockdowns einen Nachfrageüberhang auslösten und, vor allem, weil sie nicht überall zugleich stattfanden.

Börse aktuell: Entwicklung Industrieproduktion Europa 2017 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Industrieproduktion Europa 2017 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Das führte dazu, dass in einigen Regionen zwar die Produktion lief, aber die nötigen Zulieferteile ausblieben, weil die in Zonen hergestellt wurden, in denen gerade Lockdown war und daher nichts herauskam. Oder es gab zwar Teile, die kamen aber nicht an, weil am Versandort, Zielort oder unterwegs Flughäfen oder Häfen dicht waren. Oder die Teile wurden zwar hergestellt und verschickt, konnten aber nicht verbaut werden, weil die Fabrik in einer Lockdown-Zone lag. Was dann zu Stornierungen führte, die später einen Nachfrageüberhang auslösten, die die Fabrik, die am einen Ende der Welt stillstand, weil ein Kunde am anderen Ende der Welt gerade nicht produzieren konnte, dann nicht so schnell aufholen konnte. Und dass die Lockdowns in China viel radikaler waren und länger dauerten als in Europa und den USA, machte die Sache noch komplizierter.

Und selbst wenn ein Unternehmen einigermaßen in der Spur blieb, fehlte es an Frachtraum, denn natürlich ist der in etwa so dimensioniert, dass er dem normalen Bedarf entspricht. Passiert zuerst eine Zeit lang gar nichts und soll dann auf einmal ruckzuck das Doppelte quer um den Globus transportiert werden, geht das halt schief. Und das war ja nur der erste Schritt der Probleme.

Weil die Verbraucher nach den Lockdown-Phasen wieder vor Ort kaufen konnten und wollten, war die Nachfrage, vorher weggebrochen, auf einmal immens. Aber es war eben wegen vorgenannter Entwicklungen nicht alles verfügbar, erst recht nicht in den größeren Mengen. Und so schlitterten die USA und Europa in die Inflation. Das chaotische Gewurstel bei Produktion und Transport hatte ohnehin schon die Produktions- und Frachtkosten nach oben katapultiert, jetzt gingen die Verkaufspreise über die gestiegenen Kosten hinaus noch höher, weil die Verkäufer natürlich wussten: Ist die Nachfrage groß, das Angebot aber klein, kann man fein die Preise anheben, denn wenn etwas knapp ist, zahlen manche eben problemlos viel mehr dafür.

Börse aktuell: Entwicklung der Erzeugerpreise und Inflationsrate in Europa von 2017 bis 2025 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Erzeugerpreise und Inflationsrate in Europa von 2017 bis 2025 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Das wiederum führte zu steigenden Zinsen als Versuch, die Inflation herunterzubekommen. Da man aber wusste, dass Geld auf Pump dadurch erst einmal immer teurer wird, kauften viele zu den gestiegenen Preisen vor, um nicht zu teureren Kreditzinsen und noch höheren Preisen kaufen zu müssen … was aber die Preise erst recht höher trieb. Und wodurch jetzt, während die Zinsen sinken, die Nachfrage dennoch nicht großartig durchstartet, weil so viele bereits Anschaffungen auf Jahre hinaus vorgezogen hatten. Und bei dieser Gemengelage sind externe Faktoren wie der Ukraine-Konflikt noch nicht einmal mit drin. Sie sehen:

Welche negativen Effekte sind bereits jetzt klar absehbar?

Etwas, das im ersten Moment kontrollierbar wirkt, kann, wenn eins zum anderen kommt, völlig aus dem Ruder laufen, ohne dass irgendwer im Vorfeld die Risiken wirklich genau benennen und bewerten könnte. Einfach, weil alles passieren könnte, aber nichts wirklich zwingend passieren muss. Und dieses Verhängen von US-Einfuhrzöllen gehört in genau diese Kategorie: Die Sache wirkt logisch und überschaubar, ist aber letzten Endes wie eine Wundertüte: Man weiß nicht, was dabei wirklich herauskommt. Wobei das im Fall von diesen Zöllen nur für die Nebenwirkungen derjenigen Nebenwirkungen gilt, die unmittelbar auf der Hand liegen. Denn die gibt es ja, nur werden sie im Weißen Haus einfach nicht kommuniziert. Die da wären?

1. Ein ganz unmittelbares Problem ist, dass die höheren Zölle ja primär von den US-Unternehmen gezahlt werden müssen, die die mit Strafzöllen belegten Waren einführen und anbieten. Was sie ja nicht tun, weil sie sonst nichts zu tun haben, sondern weil die Verbraucher diese Waren haben wollen. Damit stecken sie in der Zwickmühle. Führen sie sie trotzdem weiter ein und schlagen die höheren Zollkosten auf die Verkaufspreise drauf, kann es sein, dass diese Güter niemand mehr kauft. Importieren sie sie nicht mehr, kann es sein, dass die Kunden woanders hingehen, statt vom Importeur alternativ angebotene, heimische Produkte zu kaufen. Was übrigens auch für große Unternehmen im Einzelhandel zum Problem wird, weshalb Walmart offenbar chinesische Hersteller nötigen wollte, ihre Preise in der Größenordnung der höheren Einfuhrzölle zu senken, damit die US-Handelskette selbst Verkaufspreise und Gewinnspannen halten kann. Was in China natürlich für Ärger sorgte.

2. Da dieses Hickhack absehbar war, weil Mr. Trump diese Zölle ja groß angekündigt hatte, kam es zu vergleichbaren Vorkaufswellen wie damals im Vorfeld des Hochs der Inflation nebst Zinserhöhungen ab Mitte 2022. Chinas Exporte sind im Januar und Februar drastisch gestiegen, die US-Importe ebenfalls. Die Importeure sahen zu, dass sie so viel wie möglich an Gütern, die man im Weißen Haus ins Visier genommen hatte, vor Verhängung der Einfuhrzölle ins Land schafft. Damit bestehen jetzt große Vorräte, zugleich dürften sich auch viele Verbraucher frühzeitig mit Waren aus China, Kanada oder Mexiko, ggf. auch aus Europa eingedeckt haben, die man als Anschaffung vorziehen oder auf Vorrat kaufen kann. Was bedeutet: Kurzfristig stützt das den US-Konsum und kann dazu führen, dass viele glauben, die Trump-Zölle hätten ja gar keine negative Wirkung. Aber was heute vorgezogen gekauft wird, wird morgen und übermorgen eben nicht mehr gekauft … das Loch, in das die US-Wirtschaft fallen könnte, kommt mit Zeitverzögerung!

Börse aktuell: Entwicklung der Importe der USA von 2011 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Importe der USA von 2011 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

3. Die Preise werden steigen. Denn die US-Unternehmen, die auf einmal von der unliebsamen Konkurrenz befreit werden, weil deren Waren durch die Zölle teurer werden als die eigenen Produkte, dürften die Preise so weit wie möglich an das Konkurrenzlevel angleichen, will heißen: Was da dann weit unter dem Preis der Konkurrenz liegen würde, wird so weit teurer gemacht, dass man erwarten kann, dass die US-Verbraucher trotzdem dieses und nicht das künstlich durch Zölle verteuerte europäische oder chinesische Produkt nehmen. Dass Unternehmen das nicht tun, dass sie das Wohl der Verbraucher über das eigene Profitstreben stellen und die Preise auch da, wo man noch etwas herauskitzeln könnte, stabil halten … das zu erwarten ist naiv, weil es jeder Erfahrung widerspricht. Damit werden die Einfuhren teurer, die heimischen Produkte auch. Und dass die Unternehmen die Löhne proportional zu den Preisen anheben, auch das ist nicht zu erwarten.

4. Natürlich reagieren die betroffenen Länder und verhängen Gegenzölle oder verlangen, wie z.B. die kanadische Provinz Ontario bei der Lieferung von Strom in die USA, zusätzliche Gebühren. Letzteres trägt ebenso zu Inflationsdruck in den USA bei. Ersteres drückt auf die Verkaufszahlen der US-Unternehmen im Ausland. Was den Vorteil des Mehrabsatzes eigener Waren in den USA deutlich mindern wird, ggf. sogar komplett aufzehrt und ins Gegenteil verkehrt. Denn auch, wenn die USA weit mehr einführen als exportieren: Die „Angegriffenen“ und die Verbraucher dort reagieren oft sehr heftig auf derartige Aktivitäten, schließlich weiß man ja, dass diese Zölle die eigenen Unternehmen aus den USA herausdrängen sollen, ohne Rücksicht auf die Arbeitsplätze in China, Europa, Kanada, Mexiko und anderswo. Das bringt leicht genug Verbraucher auf die Barrikaden, dass so manches US-Produkt zum Ladenhüter werden kann.

Das Wundertüten-Problem bei den Nebenwirkungen der Nebenwirkungen

Aber das sind nur die absehbaren Nebenwirkungen. Damit muss es keineswegs getan sein, weil eben eine Veränderung eine oder mehrere andere erst auslöst und damit erst erkennbar macht, wenn sie stattgefunden hat. Was mir dahingehend so einfallen würde:

Gerade werden in rauen Mengen Staatsbedienstete entlassen. Die man auch dann, wenn Trumps Idee, dass die Zölle in der US-Industrie neue Jobs kreieren würden, nicht einfach von eben auf gleich in qualifizierte Techniker verwandeln kann. Die Arbeitslosigkeit wird also zunehmen, auf der anderen Seite weiterhin spezialisierte Fachkräfte fehlen – was den inflationstreibenden Lohnanstieg hoch halten wird. Damit steigt die Zahl derer, die sich höhere Preise nicht leisten können. Und von denen gibt es in den USA ohnehin schon genug. Ein solcher Wandel kann funktionieren, wenn man ihn über Jahre vorantreibt. Donald Trump will aber alles sofort. Und das ist hochgefährlich.

Dass vor allem chinesische Produkte so beliebt sind, liegt daran, dass sie billiger und, anders als vor 20 oder 30 Jahren, deswegen nicht schlechter sind. Die vielen US-Bürger, die nicht zu den Wohlhabenden gehören, haben diese Güter nicht gekauft, weil sie keine Patrioten sind, sondern, weil ihr Budget heimische, teure Produkte nicht hergibt. Wenn die Importwaren jetzt durch Zölle künstlich verteuert werden und die heimischen Hersteller die Gelegenheit beim Schopf packen, um die eigenen ein wenig teurer zu machen, wird die Kostenbelastung für viele dramatisch sein … mit unabsehbaren Konsequenzen für die US-Wirtschaft.

Börse aktuell: Entwicklung der Walmart Aktie von 2024 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Walmart Aktie von 2024 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Davon mal abgesehen werden ja auch die US-Hersteller durch die Zölle unter Druck gesetzt, denn die Welt ist nun einmal globalisiert. Die meisten Industriezweige brauchen Zulieferteile aus dem Ausland. Die jetzt durch Trumps Zölle teurer werden, nehmen wir da nur die flotten 25 Prozent obendrauf für Stahl und Aluminium. Nicht umsonst weist der Verband „Autos Drive America“ die US-Regierung jetzt darauf hin, dass diese Zölle auch die Produktion ausländischer und heimischer Autobauer im Land in die Bredouille bringen. So heißt es da: „Die Autohersteller können ihre Lieferketten nicht über Nacht umstellen, und Kostensteigerungen werden unweigerlich zu einer Kombination aus höheren Verbraucherpreisen, weniger angebotenen Modellen und der Schließung von US-Produktionslinien führen, was zu einem möglichen Verlust von Arbeitsplätzen in der gesamten Lieferkette führen wird.”

Zwar hat Donald Trump als Lösung parat, dass er dann einfach die Steuern senkt, finanziert aus den Zolleinnahmen. Aber bislang findet sich keine taugliche Schätzung, die aussagen würde, dass das, was die Zölle einbringen (vor allem, wenn entsprechende Güter dann weniger eingeführt werden) ausreichen, um nennenswerte Steuersenkungen für alle zu bezahlen, kurz: Die Staatsverschuldung müsste steigen, die Zinsen bleiben oben, die Kredite bleiben teuer.

Dann erneut gegenzusteuern, indem man noch mehr Geld für Bildung, Soziales und Healthcare zusammenstreicht, hat wiederum Folgen für das Sozialgefüge in den USA, die völlig unvorhersehbar sind, aber zumindest eines ließe sich sicher sagen: Dass dann weniger mehr, zugleich aber mehr weniger haben, ist nicht gut.

Fazit: Die Büchse der Pandora ist offen

Hier wurde im Weißen Haus nur bis zu dem Punkt gedacht, der in der allerersten Ebene Vorteile ausweist. Was aus diesen Zöllen im weiteren Verlauf an Problemen und ggf. auch lange andauernden Spätfolgen entstehen kann, wird ignoriert. Wenn man an die Folgen der Lockdowns denkt, sollte klar sein, dass man im Weißen Haus gerade agiert wie Goethes Zauberlehrling mit seinem Besen:

Man glaubt, die Sache locker im Griff zu haben, dürfte sich dabei aber irren. Doch während Goethe zur Rettung den alten Zauberer auftreten und ihn die Sache ruckzuck korrigieren lässt, ist der in unserer Realität nicht in Sicht. Daher sollte man, nicht nur, aber auch in Sachen Zölle einkalkulieren, dass uns in nächster Zeit so manche unerwartete Entwicklung ins Haus steht, die die Börsen erheblich in Wallung bringt.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Quellen:
Statement Autos Drive America; https://www.n-tv.de/wirtschaft/Angst-vor-Vergeltung-Tesla-meldet-Zweifel-an-US-Zoellen-an-article25628796.html?utm_source=firefox-newtab-de-de

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren, aber wir könnten Analysen für dieselbe Aktie veröffentlichen.

In Europa werden die Aktienmärkte von Hoffnung und Gier getrieben, in den USA zeitgleich von Enttäuschungen und Angst gedrückt. Die Volatilität läuft dabei umso heftiger aus dem Ruder, je mehr die Emotionen den Handel bestimmen. Das macht die Kursbewegungen kurzfristig kaum noch berechenbar … aber es existieren charttechnische Schlüsselmarken, deren Überwinden oder Bruch die Sache sogar noch extremer werden ließe.

Die Kurse schaukeln sich an der Börse aktuell immer weiter auf. Was ich in der Vorwochen-Kolumne noch als hohe Volatilität bezeichnete, wirkt nach der vergangenen Börsenwoche wie ein laues Lüftchen. Dass der DAX mal mit einer größeren Kurslücke startet, ist nicht unüblich. Dass diese Lücken aber andauernd über ein Prozent ausmachen und zuletzt täglich auftraten, das ist sehr wohl ein Ausnahezustand. Und an den US-Börsen nimmt die Volatilität ebenso zu, nur bewegen sich die Kurse dort im übergeordneten Bild seit Wochen nach unten.

Diese Divergenz zwischen den beiden Wirtschaftsräumen ist ohnehin eher ungewöhnlich. Aber dass es dabei auch noch derart hektisch zugeht, macht die Sache für Anleger noch kniffliger.

Börse aktuell: DAX Entwicklung von Februar zu März 2025 - Häufige Kurslücken | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
DAX Entwicklung von Februar zu März 2025 – Häufige Kurslücken | Quelle: marketmaker pp4

Das Richtige zu tun ist in Phasen wie diesen manchmal Glückssache, aber …

Man hat nicht nur das Gefühl, am Abend nicht ansatzweise absehen zu können, wie die Märkte am nächsten Morgen aufmachen. Man muss auch damit zurande kommen, dass sehr starke Kursbewegungen in jedem Moment auftreten und einen, wenn man zufällig auf der falschen Seite steht, überrollen können. Und das, ohne zu wissen, ob es nicht wenige Stunden oder sogar nur Minuten später in die andere Richtung geht. Man steht also unter dem Dauerstress nie zu wissen, ob und wann es klug wäre, die Positionierung von Long auf Short oder von Short auf Long zu drehen und ebenso nicht absehen zu können, ob ein Impuls andauert und man daher reagieren muss oder nichts zu tun die bessere Wahl wäre.

Natürlich wirkt ein solcher Markt, als würden Chancen hinter jeder Ecke warten. Aber wenn man die Sache mit Abstand betrachtet, versteht man schnell: Weniger Bewegung, dafür aber konstantere Impulse, das bringt zwar kleinere Gewinnchancen, dafür aber eine deutlich bessere Chance/Risiko-Relation.

Börse aktuell: Entwicklung DAX und VDAX im Vergleich von 2023 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX und VDAX im Vergleich von 2023 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

… es gibt Schlüsselmarken, an denen man sich orientieren könnte

Diese ruhigeren Phasen, die den weitaus größeren Teil der Handelszeit ausmachen, werden wiederkommen, keine Frage. Aber bis dahin muss man sich eben auf „Sturm“ einstellen, indem man, wie letzte Woche schon vorgeschlagen, entschlossen die Segel refft und mit weniger Kapitaleinsatz, weniger Hebel und nie ohne Stoppkurse agiert. Denn wer jetzt zu viel wagt, könnte dann, wenn das Trading wieder einfacher wird, mit weit weniger Geld dastehen als zuvor.

Damit es anders herum läuft, muss man einige entscheidende Schlüsselmarken im Blick haben die, wenn gekreuzt, den Sturm zum Hurrikan machen könnten. Einige dieser Marken lassen sich recht gut ausmachen. Die nicht aus den Augen zu lassen, ist meiner Ansicht nach zwingend, denn wenn sie gekreuzt werden, kann das umgehend immense Reaktionen auslösen und die hektische Börse noch viel hektischer machen.

Vier Schlüssel-Indizes bieten aktuell gut definierbare Entscheidungsmarken

Keineswegs alle Indizes bieten momentan solche charttechnisch fixierbaren Ankerpunkte. Aber letzten Endes kommt es auch nur auf wenige, entscheidende Indizes an. Kippen die oder brechen nach oben aus, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die mit ihnen verbundenen Indizes mitziehen, recht hoch.

Der als erstes gezeigte Euro Stoxx 50 Index besteht beispielsweise zu etwa einem Drittel aus DAX-Aktien, der S&P 500 umfasst alle wichtigen US-Blue Chips aus Dow Jones und Nasdaq 100 … und der Nasdaq 100 wird von den Mega-Caps des Technologiesektors dominiert. Dazu als vierter im Bunde ein chinesischer Index, denn China wird bei der heimischen Hektik momentan zu wenig beachtet. Eine kleine Chartgalerie aktuell neuralgischer Punkte:

Europas Leitindex könnte den DAX kurzfristig noch mehr befeuern … oder ausbremsen

Vergleicht man die Performance des Euro Stoxx 50 mit der des DAX seit dem letzten markanten Zwischentief von Anfang August, so fällt auf, dass der europäische Leitindex zuletzt nicht ansatzweise mithalten konnte. Daraus ergeben sich zwei Optionen. Sollte der Euro Stoxx 50 nach oben ausbrechen, könnte das dem DAX die zweite Luft geben, immerhin stammen etwa ein Drittel der Euro Stoxx 50-Aktien aus dem DAX. Bricht der Eurozone-Index aber nach unten weg, kann das für die DAX-Hausse durchaus das Ende bedeuten. Und dass sich beim Euro Stoxx 50 kurzfristig etwas entscheiden kann, legt das Chartbild nahe:

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 von 2023 bis 2024 mit aktueller Trompetenformation | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Euro Stoxx 50 von 2023 bis 2024 mit aktueller Trompetenformation | Quelle: marketmaker pp4

Wir sehen, dass der Euro Stoxx 50 über der oberen Begrenzungszone des im Februar nach oben durchbrochenen August-Aufwärtstrendkanals hoch volatil seitwärts läuft. Dabei lassen sich Ansätze einer Trompeten-Formation erkennen, die deutlich macht, dass sich die Kurse immer weiter aufschaukeln. Ein Ausbruch aus einer solchen „Trompete“ ist in der Regel extrem stark, siehe dazu auch die heutige Analyse zu Nordex im LYNX Börsenblick. Behalten Sie den Bereich 5.350/5.380 Punkte im Auge, das ist aktuell, wenngleich noch innerhalb der „Trompete“, ein für die Bullen entscheidender Support.

Nasdaq 100: Vorerst gerettet … aber die Bären wissen, wo sie ansetzen müssten

In den letzten zwei Wochen hat der Nasdaq 100 dramatisch Boden verloren. Während man hierzulande im Haussetaumel unterwegs war, dominierten im US-Tech-Sektor die langen Gesichter. Das hat dazu geführt, dass der Index ein Doppeltopp vollendet und am Donnerstag sogar die wichtige 200-Tage-Linie unterboten hat, die er am Freitag nicht zurückerobern konnte bzw. möglicherweise nur „noch nicht“, denn:

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von 2022 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Nasdaq 100 von 2022 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4

Es gelang, die Anfang 2023 etablierte Aufwärtstrendlinie punktgenau zu verteidigen. Genau dort setzten Käufe ein, das unterstreicht, dass sich das bullische Lager noch keineswegs aufgegeben hat. Jetzt müssten aber umgehend überzeugende Anschlusskäufe kommen, die ausreichen, um die 200-Tage-Linie und die Nackenlinien-Zone des Doppeltopps umgehend zurück zu erobern. Gelingt das, ist die Kuh für die Bullen zunächst vom Eis. Aber die Bären sind eben auch noch da und wissen: Diese Aufwärtstrendlinie ist eine Schlüsselmarke … und der Weg, um sie zu brechen, bislang noch kurz!

S&P 500: Steht besser da als der Nasdaq 100, ist aber auch noch nicht gerettet

Eine Chance für den Nasdaq 100 dürften die Bullen beim Blick auf den marktbreiten S&P 500 sehen, immerhin listet der alle wichtigen Hightech-Aktien ebenso. Kriegt der S&P 500 die Kurve, kann das den Nasdaq 100 mit aus dem Morast ziehen. Der Vorteil hier ist, dass es am Freitag gelang, die zeitweise schon klar unterschrittene 200-Tage-Linie zum Handelsende zu retten, nachdem die Supportzone 5.651/5.670 Punkte gehalten und dies Käufer mobilisiert hatte.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von 2024 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von 2024 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4

Aber auch hier gilt: In dieser Woche müssten sofort Anschlusskäufe kommen, die stark genug sind, um den Index wieder über das im Chart violett hervorgehobene „Trump Gap“, diese Aufwärts-Kurslücke, die am Tag nach der US-Wahl entstand, zu tragen. Dass der Index derzeit tiefer steht als vor Trumps Wahlsieg, ist für das Bullen-Lager ein psychologisch negativer Aspekt. Den müsste man also erst einmal erfolgreich und vor allem schnell „wegkaufen“, um die Kuh vom Eis zu bekommen.

Hang Seng China Enterprises Index: Hoffnung und Trotz, die nicht bis zu uns reichen

Die hochkochenden Märkte in Europa und den USA führen leicht dazu, einen anderen aus den Augen zu verlieren. Um, wenn man doch mal hinschaut, verblüfft festzustellen, dass die Rallye des Hang Seng China Enterprises Index (kurz HSCEI) gerechnet ab Jahresbeginn sogar noch massiver nach oben führt als die des DAX. Die Überzeugung, gegen den Druck der USA bestehen zu können ebenso wie die Erwartung, dass man in Peking aufgrund dieser Entwicklung noch mehr Stimuli für die Wirtschaft liefern wird, haben die Notierungen dieses Index, der die größten 50 in Hongkong frei gehandelten Aktien aus China listet, wie eine Rakete nach oben getrieben.

Börse aktuell: Entwicklung Hang Seng China Enterprises Index von 2024 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Hang Seng China Enterprises Index von 2024 bis 2025 mit wichtigen Chartmarken | Quelle: marketmaker pp4

Aber die in der Spitze knapp 25 Prozent, die der HSCEI seit Ende 2024 gestiegen ist, basieren eben nicht weniger auf Hoffnung und Gier wie beim DAX und gehen entsprechend mit immensen Risiken auf der Unterseite einher. Die charttechnische Schlüsselmarke wäre hier das Tief des vergangenen Dienstags und das Hoch vom Oktober 2024 im Bereich 8.209 bis 8.373 Punkte. Diese Zone darf nicht brechen, sonst kann eine Korrektur den HSCEI schnell ziemlich weit nach unten führen, denn solche Super-Rallyes haben die Nebenwirkung, dass die Kurse auf ihrem Weg nach oben keine tauglichen Supportzonen ausbilden.

Jetzt müssen die Augen offenbleiben, zumal der März ein besonderer Monat ist

Rational unterfüttert ist an der Börse so gut wie nichts, wenn es um Auffälligkeiten in der Saisonalität geht. Aber für starke Trendimpulse und markante Richtungswechsel sind ja auch höchst selten Fakten, sondern vor allem die Emotionen verantwortlich. Wenn die Richtung erst einmal gedreht hat, werden das Ganze scheinbar begründende Fakten nachgereicht und nötigenfalls halt entsprechend zurechtgebogen. Also sollte man, Logik hin oder her, im März besonders aufpassen, denn er ist für Wendepunkte nun einmal berüchtigt.

Die große Abwärtswende nach der Internetblase im Jahr 2000? Im März. Die Aufwärtsschwenks nach der Baisse 2000-2003 und 2008/2009? Im März, ebenso wie der Upturn nach dem Corona-Crash im Jahr 2020. Dass DAX & Co. in diesem Monat scharf abdrehen und die Korrektur der US-Börsen einer neuen Hoffnungswelle weicht, sprich sich die derzeit konträren Trendrichtungen ins Gegenteil verkehren, wäre also alleine aus der Erinnerung der Investoren heraus denkbar, dass der März irgendwie für so etwas prädestiniert ist. Denkbar heißt nicht, dass es wirklich so kommen muss. Aber es heißt, dass man jetzt auf jeden Fall extrem aufmerksam agieren muss!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Die Intensität der Kursbewegungen nimmt deutlich zu. Und das beschränkt sich, wenn wir uns mal z.B. den Bitcoin ansehen, nicht nur auf den Aktienmarkt, sondern erfasst mehr und mehr Bereiche der Börsen. Damit wird es schwierig zu erkennen, ob ein Kursimpuls Basis einer größeren Bewegung wird oder nur eine kurzfristige Irritation ist, der man nicht folgen muss bzw. sollte. Wie kann man damit umgehen?

Es ist manchmal gar nicht so leicht, sich strikt auf die Börse zu beschränken, diesmal besonders, nach dieser Übertragung des „Gesprächs“ zwischen US-Präsident Trump und seinem Vize mit dem ukrainischen Präsidenten. Aber meine Aufgabe ist es, mich um die Börsen zu kümmern, meine persönliche Meinung zu dieser politischen Entwicklung hat da nichts verloren. Festhalten darf und muss man indes: Der Anteil derer, die erkennen, dass die USA ernste Probleme schaffen, dürfte am Freitagabend weiter gestiegen sein. Und das wird alle Bereiche erreichen, die Märkte werden dadurch noch volatiler, emotionaler, unberechenbarer. Was bedeutet:

Für uns Marktteilnehmer wird es an der Börse aktuell schwieriger bis tendenziell unmöglich, zeitnah abschätzen zu können, ob ein aus dem Nichts heraus startender, immenser Impuls in zehn Minuten ins Gegenteil umschlägt oder der Beginn einer Tage oder sogar Wochen andauernden Bewegung ist. Grund:

Die Suche nach den Auslösern kostet Zeit, die zu spekulativ agierende Trader nicht haben

Reagieren die Kurse auf überraschende Nachrichten, gilt: Wer die Nachricht als erster sieht, ist im Vorteil. Für die Trader geht dann eine hektische Suche nach einer möglichen Quelle los. Ein Auslöser für starke Impulse kann letztlich ja von überall herkommen. Hat Trump irgendetwas auf seinen Media-Accounts gepostet? Kam da etwas von Notenbankern? Hat eine Unternehmensmeldung den Markt in Bewegung gesetzt? Oder hat ein plötzlicher Schub womöglich rein charttechnische Gründe? Ist es vielleicht durch strategische Aktionen großer Adressen, z.B. vor Abrechnungen am Terminmarkt, Monats- und Quartalsultimos motiviert?

Börse aktuell: Entwicklung DAX und Volatilität von 2023 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX und Volatilität von 2023 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Das herauszufinden kostet Zeit. Zeit, die man nicht hat, wenn man sich nicht auf ein solches Kursverhalten eingestellt hat, denn dann wird es, wenn es in die falsche Richtung geht, teuer. Das Problem dabei ist:

Bis man einigermaßen klar sieht, warum ein Kurs auf einmal schnell und weit in eine Richtung läuft, ist die Bewegung großenteils vorbei, egal, wie schnell man bei seiner Suche ist. Immer vorausgesetzt, man bekommt den Schub überhaupt mit und liegt nicht gerade im Bett, während die Futures mitten in der Nacht nach oben schießen oder einbrechen, sitzt nicht gerade beim Essen, ist im Auto unterwegs etc. Die Märkte laufen heutzutage rund um die Uhr, sogar am Wochenende gibt es indikative Index-Notierungen und die Kryptowährungen werden weiter gehandelt. Niemand kann durchgehend aufmerksam hinter dem Monitor sitzen … und das kann und sollte auch niemand wollen.

Ein Freitag mit vielen Überraschungen

Um darzulegen, wie knifflig die Sache ist, wenn sich die Volatilität hochschaukelt, weil die Risiken immer größer werden, weil zudem immer mehr Hochrisikokapital im Markt herumgeistert, während die Rahmenbedingungen immer kritischer werden, bietet sich der Freitagabend perfekt an … er ist auch der Grund, warum ich heute dieses Thema gewählt habe. Sehen wir uns das mal anhand des Intraday-Kursverlaufs des Nasdaq 100 an:

Börse aktuell: Der Einfluss von Nachrichten auf die Intraday-Entwicklung des Nasdaq 100 am 28.02.2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Der Einfluss von Nachrichten auf die Intraday-Entwicklung des Nasdaq 100 am 28.02.2025 | Quelle: marketmaker pp4

Wir sehen hier, dass der Index auf negative Nachrichten jeweils reagierte. Um 14:30 Uhr unserer Zeit und damit eine Stunde vor US-Handelsbeginn kamen die persönlichen Einnahmen und Ausgaben der US-Bürger für den Januar heraus. Einnahmen unerwartet hoch (+0,9 Prozent), Ausgaben unerwartet zurückgegangen (-0,2 Prozent). Die US-Verbraucher sparen also. Ein Warnsignal. Um 17:05 Uhr kam der GDP Now-Tracker der US-Notenbank von Atlanta, der das aktuelle Wirtschaftswachstum anhand einlaufender Konjunkturdaten zu messen versucht, erstmals seit Jahren und völlig unerwartet mit einem negativen Wert heraus, indizierte also, dass die US-Konjunktur rückläufig ist. Auch da ging es abwärts. Und dann kam der Eklat beim Treffen Selenskyj/Trump, gegen 18:30 wurde schon sichtbar, dass da etwas äußerst Ungutes passiert. Auch da reagierte der Nasdaq 100 entsprechend mit fallenden Kursen.

Aber was passierte dann ab 19:20 Uhr? Auf einmal kamen drei Kaufwellen, die den Index bis zum Handelsende um 2,2 Prozent über das Tief nach der Eskalation im Weißen Haus und damit gegenüber dem Vortag weit in die Gewinnzone katapultierten. Ich weiß nicht, ob es Ihnen genauso ging, aber mein erster Gedanke war, dass irgendwer auf die schräge Idee gekommen wäre, dieses Scheitern der Gespräche in Washington in eine bullische Entwicklung umzudichten. Einfach, weil da gerade etwas extrem Drastisches passiert war und man eine extreme Bewegung am Markt dann mit eben diesem Ereignis verknüpft. Andere „News“ kamen zu dieser Zeit ja nicht. Ich hatte zwar zu dieser Zeit alle Hände voll zu tun, trotzdem war es nicht gut, dass ich erst beim allerletzten der drei Schübe verstand, was da eigentlich passiert. Die Lösung zeigte sich, wenn man von diesem Mikrokosmos des Intraday-Charts auf die Tagesbasis wechselt:

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von 2024 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von 2024 bis 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Dann wird auf einmal klar, was da los war: Diese Kaufwellen hatten mit der extrem brisanten Entwicklung im Weißen Haus gar nichts zu tun, es wirkte nur so, weil sie zeitlich so nahe dran lagen. Hier ging es darum, durch ein gezieltes Dagegenhalten zu verhindern, dass dieser Eklat in Washington dazu führt, dass ausgerechnet an einem Monatsultimo, wo so etwas besonders beachtet wird, ein Selloff eine wichtige Schlüssel-Unterstützung im Nasdaq 100 durchschlägt und damit für den März eine massiv bärische Vorlage liefert.

Es war also letztlich ein Gegenangriff der bedrängten Bullen, der Dow Jones und S&P 500 (die noch nicht so extrem kritisch im Chartbild daherkamen) mitzog, weil die Schwergewichte der Nasdaq in allen drei Indizes vertreten sind. Und der dann automatisch den DAX nachbörslich mit nach oben zog. Letzteres zum einen, weil die Handelsprogramme, die da dann dominieren, nicht denken können, sondern stur nachmachen, was die US-Indizes vormachen. Und zum anderen, weil Trader am Freitagabend hierzulande vermutlich genauso wie ich dachten, da sei irgendwas bullisches passiert, das sie nur noch nicht haben finden können und sicherheitshalber einfach mitzogen. Aber was jetzt?

Eine Antwort, die nur zu neuen Fragen führt … typisch für eine volatilitätsgetriebene Börse

Wird diese Rallye am Montag vorhalten? Wird sie womöglich alleine wegen dieses Intraday-Turnarounds zu Anschlusskäufen führen? Wie weit könnten die reichen? Wird der US-Präsident am Wochenende oder am Montag (ich schreibe diesen Text am Samstagmittag) die Zölle, die am Dienstag in Kraft treten sollen, erneut „stunden“ oder nicht? Könnten Investoren, die sich über das Wochenende Gedanken machen konnten, wie sich die Rahmenbedingungen jetzt darstellen, in diese höheren Kurse hinein aussteigen oder Short gehen, so dass die Kaufwelle des Freitagabends am Montagabend Geschichte ist? Man weiß es definitiv nicht, bevor es passiert ist.

Das zeigt, wie unberechenbar der Markt momentan ist. Und angesichts solcher nicht gerade kleinen Impulse, bei denen man nie weiß, ob sie auf den nächsten Tag wirken oder alles umgehend in die Gegenrichtung läuft, birgt das für Trader ein höheres Risiko. Man kommt aus den offenen Fragen gar nicht mehr heraus, im Gegenteil, eine Antwort ist die Basis für immer wieder neue Fragezeichen, mit denen man sich konfrontiert sieht. Was kann, was muss man tun, um dem zu begegnen?

Eine simple Antwort, die aber manchmal nicht so simpel umzusetzen ist

Im Prinzip ist die Antwort recht einfach: Sorgen Sie dafür, dass Sie dieser zunehmenden Hektik nicht unter die Räder kommen. Beherzigen Sie die einfache Regel: Wer mit vollen Segeln fährt, riskiert schon bei leicht zunehmendem Sturm einen Mastbruch, also: Reffen Sie die Segel.

Runter mit dem Kapitaleinsatz. Runter mit dem Risikolevel, sprich fahren Sie die Hebel bei Derivaten herunter. Je weniger Sie bei plötzlichen Impulsen exponiert sind, desto geringer ist das Risiko, dass Sie sich von der zunehmenden Hektik der Märkte anstecken lassen und übereilt handeln.

Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Wäre das eine ganz natürliche Reaktion, bräuchte es diese Kolumne ja nicht. Höhere Risiken bergen eben auch höhere Chancen. Man denkt sich immer:

Ja, aber wenn ich mit vollen Segeln heil durch den Sturm komme, ist mein Gewinn auch größer. Stimmt. Wenn Sie heil durchkommen.

Außerdem entstehen bei einer sich hochschaukelnden Volatilität auch schnell Verluste, bei denen man dann aber denken könnte: Blöd gelaufen, aber da es immer auf und ab geht, hole ich die ja schnell beim nächsten Schub in die Gegenrichtung wieder auf. Stimmt auch. Wenn der nächste Schub wirklich in die für Sie richtige Richtung gehen sollte. Aber wenn nicht, machen Sie sich Ihr Problem noch größer.

Je hektischer der Markt wird, desto mehr wird man davon in den Bann gezogen und kommt gar nicht dazu, den nötigen Schritt zurück zu machen, sich das „Große Ganze“ zu betrachten. Man ist im Mikrokosmos der hektisch blinkenden Kursmonitore gefangen und glaubt, mit dem zunehmenden Tempo mithalten zu müssen, um nicht abgehängt zu werden.

Mit geht es nicht anders. Aber ich versuche dann, gezielt etwas anderes zu tun … mir am Abend, wenn die wilde Hatz Pause macht, Gedanken zu machen … über die Wochenenden Bilanz zu ziehen und mein Handeln zu hinterfragen. Und ja, die Segel zu reffen. Fehlerfrei werde ich dadurch trotzdem nicht. Aber es kann helfen, den einen oder anderen teuren Fehler nicht zu machen. Und was könnte man mehr wollen, in einem Umfeld, in dem Fehler nun einmal unvermeidlich sind, weil man in einem unberechenbaren Umfeld erst erkennt, dass etwas ein Fehler war, wenn man ihn schon begangen hat?

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt